Am Wochenende saßen da also die Mitglieder der Familien Piëch und Porsche in ihren Großhäusern in Salzburg, Stuttgart und München und telefonierten aufgeregt herum. Nur ein paar Millionen soll es dieses Jahr für uns geben, werden sie sich erbost gegenseitig zugerufen haben. Das geht so gar nicht! Es gilt doch Haus, Jacht und Pferd zu versorgen! Wir brauchen mehr Geld, noch mehr Geld!
Ob das vergangenes Wochenende so abgelaufen ist - wer weiß. Aber abwegig ist es nicht. Denn zwischen Freitag und Montag passierte etwas ungewöhnliches: Die Familien beantragten einfach mal einen Extra-Zugriff auf die eigene Firma. Also genauer gesagt einen fünfmal so hohen wie geplant. Die eigene Firma, das ist die Porsche SE Holding (PSE), die wiederum die Mehrheit an Volkswagen hält. Der Konzern ist, man weiß das, in einer existenzbedrohenden Krise, bei elf Millionen Autos schummelten die Ingenieure. Jetzt müssen alle sparen. Nur die Eigner wollen das offenbar nicht.
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Wann hat alles begonnen? Wer wusste Bescheid? Und wer hat versucht, den Betrug zu verhindern? Die Ermittlungsergebnisse bei VW offenbaren immer mehr Details der Affäre.
Die beiden Clans sichern sich mehr als 150 Millionen Euro
Der Porsche SE-Vorstand hatte am Freitag unter Leitung von Hans Dieter Pötsch vorgeschlagen in Anbetracht der hohen Millionenverluste bei VW nur eine Mini-Dividende von gut 20 Cent auszuschütten. Wolfsburg überweist in diesem Krisenjahr schließlich nur noch 17 Millionen Euro zu Porsche, nach 719 Millionen Euro im vergangenen Jahr. Menschen von zurückhaltendem Charakter könnten angesichts diese Umstände vielleicht sagen: Lass uns doch auch auf die Mini-Dividende verzichten! Gürtel enger schnallen, das klappt schon, wir werden schon nicht verhungern.
Aber offensichtlich ist das nicht die Mehrheitsmeinung im Aufsichtsrat, der von den Familien dominiert wird, mit Wolfgang Porsche an der Spitze. Die Runde hat nach dem Wochenende, an dem wohl die Telefone heiß liefen, bei der Aufsichtsratssitzung am Montag die Dividende mal fix raufgesetzt. Auf gut einen Euro pro Anteilsschein, auf Kosten der Rücklagen, auf Kosten - das kann man wohl schon auch sagen - der guten Manieren.
308 Millionen Euro soll die PSE nun ausschütten an ihre Aktionäre, das macht mehr als 150 Millionen Euro für die beiden Clans, die die Stammaktien besitzen und noch mal 150 Millionen Euro für die Besitzer der Vorzugsaktien, zumeist Privatleute, Banken und Versicherungen. Die Argumente sind etwas für Feinschmecker: Man wolle eine "nachhaltige Dividendenpolitik fahren". Und der Ausblick für den VW-Konzern sei ja "positiv".