Sanierungen:Bau-Gewerkschaft schlägt Asbest-Alarm

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Abrisssarbeiten an einem Altbau: Asbest kann so ziemlich überall drinstecken - im Fliesenkleber, im Dach, in den Rohren. (Foto: Patrick Pleul/dpa)

Millionen Tonnen der gesundheitsschädlichen Mineralfaser sind noch immer in Wohnhäusern verbaut. Viele davon müssen demnächst saniert werden. Für Heimwerker wie Profis bedeutet das eine enorme Gefahr für die Gesundheit.

Von Stephan Radomsky

In der Werbung ist die Sache klar: Wenn es nicht staubt, dann ist es keine ordentliche Baustelle. Nur wer so richtig dreckig ist, hat auch was getan. Da gibt es nur ein Problem: Genau das sei brandgefährlich, sagt Carsten Burckhardt, Vorstand der Gewerkschaft IG Bau. Denn wo es staubt, da lauere womöglich eine tödliche Gefahr: Asbest.

Das Thema ist längst nicht erledigt. Die Mineralfaser ist zwar schon seit 1993 am Bau verboten, noch immer aber seien Millionen Tonnen des hochgefährlichen Stoffes in alten Häusern verbaut. Insgesamt, so schätzt das Umweltbundesamt, wurden in der Nachkriegszeit etwa 4,4 Millionen Tonnen der Fasern in Deutschland verarbeitet - und zwar nicht nur zu den bekannten Eternit-Platten, sondern auch in Fensterkitt, Fliesen- und Teppichklebern, Rohren, Putz oder Estrich. Eine Studie des Pestel-Instituts im Auftrag der IG Bau schätzt, dass über die Jahrzehnte insgesamt etwa 32 Millionen Tonnen asbesthaltiger Materialien produziert wurden, das Meiste für den Bau. Bisher seien aber erst etwa elf Millionen Tonnen davon entsorgt worden.

Die restlichen Altlasten drohten nun in den kommenden Jahren massenhaft ans Licht und vor allem in die Luft zu kommen, warnen die Gewerkschaft und die Berufsgenossenschaft Bau. Die Gefahren für Heimwerker wie Profis seien enorm: Die winzigen Fasern schweben bis zu 24 Stunden lang in der Luft. Wer sie einatmet, riskiert Schäden der Lunge oder Krebserkrankungen. Allein im vergangenen Jahr seien am Bau von 431 Todesfällen im Zusammenhang mit Berufskrankheiten 320 auf die Folgen von Asbest zurückzuführen. Insgesamt geht Burckhardt von etwa 1500 Todesfällen jährlich in der Gesamtbevölkerung aus.

"Keine unmittelbare Gefahr" für Bewohner

Vor allem von den Fünfzigerjahren bis in die Achtzigerjahre hinein wurde Asbest in vielen Baustoffen verwendet, weil es überaus elastisch ist und nicht brennt. In dieser Zeit wurden etwa 9,4 Millionen Wohngebäude gebaut. Nun sei davon auszugehen, dass es in jedem Haus, das in dieser Zeit "gebaut, modernisiert oder umgebaut wurde, Asbest gibt. Mal mehr, mal weniger", sagte Burckhardt.

Für die Bewohner bestehe zunächst "keine unmittelbare Gefahr", so Burckhardt weiter. Die Risiken entstünden vor allem bei Umbau- und Sanierungsarbeiten. Und die stünden nun massenhaft an: Viele Häuser müssten in den kommenden Jahren von Grund auf saniert werden, um die schärferen Klima-Vorgaben zu erfüllen.

Gewerkschaft und Berufsgenossenschaft fordern deshalb einen verpflichtenden Schadstoffpass für Gebäude, wie er etwa in Frankreich vorgeschrieben sei. Damit wäre für Käufer wie Handwerker klar, welche Risiken in einem Haus lauern. Bis dahin lohne sich eine Analyse, bevor Teppichböden herausgerissen oder Fliesen abgeschlagen werden. Eine einfache Probe koste etwa 80 Euro. Zudem müssten die Kosten für eine sachgerechte Sanierung und Entsorgung vom Staat ausgeglichen werden, etwa in Form von Förderkrediten, forderte Burckhardt. "Wir erwarten, dass diejenigen, die Wohnraum schaffen, dafür nichts extra zahlen müssen." Daneben müssten die Informationen für Heim- wie Handwerker verbessert und dringend mehr staatliche Arbeitsschutz-Kontrollen auf den Weg gebracht werden.

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