Argentinien:Wenn die Pesos knapp werden

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Land in Turbulenzen: Zehn Jahre nach der Pleite geht in Argentinien schon wieder das Geld aus. Die Währung ist nur noch ein Viertel des Dollar wert.

Peter Burghardt

Argentiniens Peso hat eine turbulente Karriere hinter sich, dabei ist er in seiner aktuellen Form noch gar nicht so alt. 1992 löste die gegenwärtige Währung die Zwischenlösung Austral ab, mit der Reform sollte die Hyperinflation besiegt werden.

Sie muss ihren Landsleuten erklären, wie es mit dem Peso weitergeht: Cristina Fernández de Kirchner. (Foto: ag.dpa)

Der neue Peso wurde eins zu eins an den US-Dollar gebunden; Argentinier amüsierten sich in Miami oder Madrid, für Fremde wurde Buenos Aires so teuer wie New York. 2001/2002 stürzte das Luftschloss ein, das Land meldete Konkurs an. Der abstrus überschätzte Peso wurde auf ein Drittel zurechtgestutzt, Millionen Sparern schmolzen die Guthaben, zwischendurch wurden die Konten gesperrt.

Zehn Jahre nach der Pleite hat sich die Nation erholt, aber der Peso ist nur noch ein Viertel des Dollar wert und wird so schnell ausgegeben, dass die besten Scheine knapp geworden sind.

Deshalb landet seit einigen Wochen gelegentlich eine Transportmaschine auf einem Militärflughafen am Rande von Buenos Aires, im Laderaum ein Vermögen. Ausgepackt werden Kisten voller Bündel mit 100-Peso-Noten, der nach wie vor größten Version, Gegenwert knapp 20 Euro.

Die Lieferungen kommen aus Brasilien, wo Argentinien Ende vergangenen Jahres erst zehn Milliarden Pesos und dann im Januar noch mal drei Milliarden bestellt hat, insgesamt 130 Millionen Scheine à 100 Pesos.

Die eigene Bundesdruckerei kommt nicht mehr nach. Erstens sind die Maschinen veraltet und sollen nun ebenfalls mit brasilianischer Hilfe modernisiert werden. Zweitens ist die Kaufkraft des Papiers gesunken und die Nachfrage gestiegen. Die Republik erfreut sich hoher Wachstumsraten und leidet gleichzeitig unter einer Geldentwertung, die im Vergleich zu früher zwar harmlos, aber doch zunehmend unangenehm ist.

Lebensmittel und Benzin werden immer teurer

Seit Jahren streiten die Regierung von Präsidentin Cristina Fernández de Kirchner und ihre Gegner über die Zahlen. Das Kabinett Fernández-Kirchner ortete die Inflation für 2010 bei gut zehn Prozent, für Opposition, Unternehmer und Verbraucher waren es 25 bis 30 Prozent. In Südamerika verfällt das Geld nur in Venezuela noch schneller.

Den Wechselkurs zum Dollar stützt die Zentralbank, so weit es geht. Die stetig steigenden Preise spüren vor allem schlechter Verdienende, unter anderem Fleisch, Milch und Benzin werden immer teurer. Die Gehälter halten da nicht mit. Argentinische Firmen profitieren vom schwindsüchtigen Peso; der Verkauf von Soja nach China blüht, ebenso von Autos nach Brasilien.

Bei den Finanzen hat sich das Verhältnis der Nachbarn erheblich verändert. Einst war das Riesenreich ein bevorzugtes Ziel der Argentinier, an den schönen Stränden im Norden ließ sich billig Urlaub machen. Unterdessen sind auch die selbstbewussten Reisenden vom Rio de la Plata bescheidener geworden, die besten Ferienorte Brasiliens kann sich bloß noch eine argentinische Minderheit leisten.

Stattdessen fallen seit einiger Zeit die Brasilianer in Massen in Buenos Aires ein, weil es sich dort billiger Steak essen, Wein trinken und Einkaufen lässt als in Rio de Janeiro oder São Paulo. Der brasilianische Real ist so stark geworden, dass eine Abwertung für Argentiniens Geschäftsleute eine Katastrophe wäre, weil dann der wichtigste Markt wegbrechen würde. Und jetzt muss Brasilien auch noch dabei helfen, den Argentiniern Geld zu drucken.

Elektronischer Zahlungsverkehr als Lösung

Die Aktion Peso-Import begann im Dezember 2010, nachdem es Schlangen und Proteste an den argentinischen Geldautomaten gegeben hatte. Auch der Nachschub vom großen Bruder irritierte die Benutzer zunächst: Die Fremdproduktion sah aus wie Falschgeld, von dem in Argentinien jede Menge im Umlauf ist. Auf den 100-Peso-Scheinen aus Brasilien sind die Seriennummern horizontal, bei denen aus eigener Produktion vertikal. Unterdessen hat man sich daran gewöhnt.

Die Zentralverwaltung versucht außerdem, zum elektronischen Zahlungsverkehr anzuhalten, vielen Argentiniern sind Banken seit dem Staatsbankrott vor einem Jahrzehnt suspekt.

Und es wird noch eine weitere Möglichkeit ins Spiel gebracht: Argentinien könnte allmählich Scheine von 200, 300 oder 500 Pesos gebrauchen. 100 Pesos alias 25 Dollar sind als höchster Wert ein bisschen wenig.

© SZ vom 15.02.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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