Arcandor: Diskussion im Staatshilfe:Merkel - die eiserne Lady

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Bitten, flehen, fordern: Dringend, sagt Arcandor-Chef Eick, benötige der Konzern staatliche Bürgschaften, denn sonst drohe der Supergau. Doch Kanzlerin Merkel ziert sich.

Die Zeit drängt und Arcandor bettelt: Bis Mitte Juni benötigt der Handels- und Touristikkonzern staatliche Bürgschaften in Höhe von 650 Millionen Euro. Doch die Bundesregierung ziert sich. Voraussichtlich Anfang kommender Woche wird die Politik über mögliche Staatshilfen für den Warenhauskonzern entscheiden.

Karstadt-Angestellte demonstrieren für Staatshilfe: Der Mutterkonzern Arcandor fordert staatliche Bürgschaften. (Foto: Foto: ddp)

Kanzlerin Angela Merkel (CDU) dämpfte die Hoffnung des Konzerns. Sie lehnte eine Vorzugsbehandlung für das Kaufhaus- und Reiseunternehmen (Karstadt, Quelle, Thomas Cook) ab und stellte klar, dass der Autokonzern Opel ein besonderer Fall gewesen sei. Bundeswirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) hatte in der Bild-Zeitung eine vorbehaltlose Prüfung des Arcandor-Antrags auf staatliche Unterstützung zugesagt. Zugleich bekräftigte aber auch er seine Skepsis gegenüber Versprechungen staatlicher Unterstützung.

Vergleich mit Opel

Arcandor selbst wies noch einmal ausdrücklich auf die Notlage des Unternehmens hin - und forderte Gleichbehandlung. "Niemand wird behaupten, dass Opel vor dem Ausbruch der Krise 2008 kerngesund war", sagte ein Arcandor-Sprecher. Trotzdem bekomme das Unternehmen Geld. Dasselbe müsse auch für den Handelskonzern gelten, der bis zum Krisenbeginn nie staatliche Hilfe benötigt habe und dem zur Zeit wegen der Wirtschaftskrise keine Bank Geld zu vertretbaren Konditionen leihe. "Wir erwarten faire Gleichbehandlung." Der Staat habe mit Förderprogrammen wie der Abwrackprämie die produzierende Industrie erheblich gestützt, den Handel aber nicht.

Arcandor braucht bis zum Auslaufen eines Kredits am 12. Juni staatliche Bürgschaften in Höhe von 650 Millionen Euro und hofft zudem auf einen Kredit der KfW Bankengruppe über 200 Millionen Euro. Arcandor-Chef Karl-Gerhard Eick warnte in der Zeitung Die Welt vor den Kosten einer sonst drohenden Insolvenz: Ein Konkurs würde mindestens eine Milliarde Euro kosten, allein schon durch den Verlust von Steuereinnahmen, Sozialabgaben sowie die Zahlung der Gehälter durch die Bundesagentur für Arbeit. Hinzu kämen Folgekosten für die betroffenen Zulieferer. "Was für die Finanzbranche die Insolvenz von Lehman Brothers war, wäre für den Handel die Insolvenz von Arcandor. Nämlich ein Riesenfehler", sagte Eick der Zeitung.

Arcandor beschäftigt rund 50.000 Mitarbeiter; bei 650 Millionen Euro beantragter Bürgschaft seien das etwa 13.000 Euro pro Job, sagte der Konzernsprecher. "Das ist ein Bruchteil dessen, was bei Opel gezahlt wird, auch wenn wir die Unternehmen nicht gegeneinander ausspielen wollen." Er kam für Opel auf rechnerisch rund 200.000 Euro Staatshilfe pro gerettetem Job. Eick zeigte sich in dem Interview überzeugt davon, dass die Arcandor-Sanierung auch dank des erheblichen Beitrags von weiteren 350 Millionen Euro von Eigentümern, Vermietern, Zulieferern und anderen Partner gelingen werde. Die Bürgschaft werde den Steuerzahler keinen Cent kosten, weil sie nicht abgerufen werde, sagte Eick.

Deutsche Warenhaus AG: "Keine Alternative zur Bürgschaft"

Dass nach Meinung von Kritikern zunächst die Eigenerfamilien Schickedanz und Oppenheim Geld zuschießen sollten, bevor nach dem Staats gerufen werde, nannte der Arcandor-Sprecher "in Teilen populistisch". Schickedanz habe 2005 den Konzern durch massives Investment gerettet, die Sal. Oppenheim-Bank sei 2008 zur erneuten Rettung des Unternehmens eingestiegen. Beide Eigner hätten sich jetzt bereiterklärt, mit weiteren 100 Millionen Euro ins Risiko zu gehen. Außerdem verfügten die Eignerfamilien angesichts der Wirtschaftskrise sicher nicht mehr über die Milliardenvermögen, die in den Medien gern kolportiert würden. "Ich sehe ein ausreichendes Engagement der Gesellschafter", sagte der Sprecher.

Die Vorschläge des Konkurrenten Metro zu einer Deutschen Warenhaus AG durch eine Zusammenführung der Töchter Karstadt und Kaufhof lehnt Eick "nicht grundsätzlich" ab, "obwohl ich glaube, dass zwei Warenhauskonzerne in Deutschland bestehen können". Eine Alternative zur Staatsbürgschaft sei die Warenhaus AG aber nicht. Die Chefs beider Konzerne hätten ein erneutes Gespräch an geheimem Ort vereinbart, sagte der Arcandor-Sprecher.

Unterdessen hat Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) Vorbehalte gegen eine staatliche Hilfe für Arcandor signalisiert. "Bei Arcandor bin ich dafür, dass das Für und Wider abgewogen wird - schlicht und einfach", sagte der Minister dem Deutschlandfunk. Wenn man dabei zu dem Ergebnis komme, dass die Probleme von Arcandor nicht aus der gegenwärtigen Krise herrührten und hinter dem Konzern noch Aktionäre ständen, die zur Gesundung herangezogen werden könnten, "kommt eine Garantie nicht infrage", sagte er. Auf der anderen Seite müsse man die 50.000 Jobs bei Arcandor mitberücksichtigen. "Ich für meine Person setzte mich dafür ein, dass in den bestehenden Gremien das Für und Wider solide und ermessensfehlerfrei abgewogen wird und es keine Vorfestlegungen gibt."

© sueddeutsche.de/dpa/Reuters/tob/mel - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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