Für deutsche Arbeitnehmer zeichnet sich vorsichtig eine Trendwende ab. Im August gab es den zweiten Monat in Folge keinen coronabedingten Anstieg der Arbeitslosigkeit. Zwar suchten erneut mehr Menschen eine Stelle, die Zahl stieg um 45 000 auf 2,96 Millionen. Aber das ist im Sommer üblich, weil zum Beispiel Lehrstellen auslaufen und Firmen in der Urlaubszeit weniger Mitarbeiter anheuern. Saisonbereinigt verringerte sich die Zahl der Arbeitslosen um 9000.
Auch Fachleute sehen eine Verbesserung. Für das Münchner Ifo-Institut steht eine Trendwende am deutschen Arbeitsmarkt bevor: "Nachdem in den vergangenen Monaten Entlassungen liefen, sind nun erste Signale für Neueinstellungen aufgetreten." Enzo Weber vom Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) sagte: "Die Arbeitslosigkeit hat sich gefangen." Von September an stellen die Unternehmen saisonal normalerweise wieder mehr Mitarbeiter ein.
"Dennoch sind die Auswirkungen der Pandemie auf den Arbeitsmarkt weiterhin sehr deutlich sichtbar", sagte der Vorstandsvorsitzende der Bundesagentur für Arbeit (BA), Detlef Scheele. Gegenüber dem Vorjahr gibt es schließlich 630 000 Arbeitslose mehr. Kurzarbeit bleibt wichtig, um Arbeitslosigkeit zu verhindern, allerdings wurde im Juni nach vorläufigen Daten nur noch für 5,4 Millionen Beschäftigte Kurzarbeitergeld gezahlt, was ein positives Signal ist. Im April waren es noch sechs Millionen.
In der Industrie nutzt immer noch die Hälfte der Firmen, die an der Konjunkturumfrage des Ifo-Instituts teilnehmen, dieses Instrument. Bei Hotels oder Reisebüros sind es deutlich mehr. Die Bundesregierung hat nach mehreren großen Hilfsprogrammen gerade beschlossen, das Kurzarbeitergeld bis Ende Dezember 2021 zu verlängern.
Wirtschaftsforscher rechnen mit Wachstum
Wie es am Arbeitsmarkt weitergeht, hängt nun stark von der Entwicklung der Konjunktur ab. Von April bis Juni war die deutsche Wirtschaft gegenüber den ersten drei Monaten um fast zehn Prozent eingebrochen. Inzwischen erholt sich die Wirtschaft aber wieder. Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) rechnet im dritten Quartal von Juli bis September mit einem Wachstum von 3,5 Prozent. Die Forscher haben ihre Prognose zuletzt sogar etwas nach oben korrigiert. Zugleich dämpft DIW-Ökonom Claus Michelsen aber die Erwartungen: "Auch ein wohl kräftiges Plus im dritten Quartal reicht bei Weitem noch nicht, um die Krise zu überwinden. Diese wird uns noch eine ganze Weile begleiten." Stellenweise sei noch ein Anfahren aus dem Stillstand heraus zu beobachten und kein normales wirtschaftliches Wachstum. "So schwungvoll dürfte es im weiteren Verlauf nicht weitergehen." Als größtes Risiko gilt derzeit, dass eine zweite größere Infektionswelle es nötig macht, die wirtschaftliche Tätigkeit erneut stark einzuschränken.
Bei den Lehrstellen gibt es durch die Corona-Pandemie eine deutliche Verzögerung. Im August waren noch etwa 100 000 Bewerber unversorgt, gleichzeitig aber auch noch mehr Stellen unbesetzt. Bis Ende September werde sich am Lehrstellenmarkt noch einiges tun, so die Bundesagentur.