Aktionsplan der OECD:Konzerne wehren sich gegen neue Steuergesetze

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Amazon macht in Deutschland einen Milliardenumsatz - zahlt aber nur drei Millionen Euro Steuern. Damit sich das ändert, feilen die Industriestaaten an einem Plan gegen die Steuertricks großer Konzerne. Doch die Wirtschaftslobby regt sich.

Von Silke Bigalke

Anhaltspunkte dafür gab es bereits, jetzt ist es offiziell: Mit Amazon zahlt ein weiterer Konzern in Deutschland kaum Steuern, obwohl er hier einen großen Teil seines Geldes verdient. 8,7 Milliarden Dollar Umsatz durch deutsche Kunden hat Amazon abgewickelt - allerdings in Luxemburg, steuerfrei. In Deutschland selbst hat das Unternehmen 2012 einen Gewinn von lediglich 10,2 Millionen Euro ausgewiesen und 3,2 Millionen Euro Steuern dafür gezahlt.

Multinationale Konzerne sparen Milliarden, indem sie Lücken in nationalen und internationalen Regelungen nutzen. Mit verschiedenen Tricks schieben sie Gewinne dorthin, wo die wenigstens Steuern anfallen. In anderen Ländern wie Deutschland, Großbritannien oder den USA rechnen sie sich dagegen arm. Alles ganz legal, zumindest noch. Denn die größten Industriestaaten der Welt (G20) wollen die Lücken stopfen. Die Organisation für Wirtschaftliche Zusammenarbeit (OECD) hat dafür einen Aktionsplan mit 15 Schritten gegen Steuervermeider erarbeitet, den sie am Freitag den Finanzministern der G20 in Moskau vorstellen wird.

Beschließen die Staaten den Plan und setzen ihn tatsächlich in die Praxis um, hätte er einschneidende Wirkung. Mit ihm sollen multinationale Konzerne dort Steuern zahlen, wo sie tätig sind - wo sie Werte schöpfen, wie es in einem Entwurf des Aktionsplan heißt. Die Möglichkeit, Gewinne zu verschieben, etwa über Zins- und Lizenzzahlungen an andere Unternehmensteile, wird eingeschränkt. Geldflüsse werden offen gelegt.

Das ist die Idealvorstellung. Doch dass Konzerne wie Amazon, Starbucks, Apple und Google stillhalten, wenn man ihnen ihre Steuer-Gestaltungsmöglichkeiten nehmen und sie zu Transparenz zwingen will, ist fraglich. In England, das sich als Vorreiter im Kampf gegen Steuertrickser hervortun möchte, gibt die Wirtschaft bereits Warnschüsse Richtung Regierung ab. Die Financial Times zitiert aus einem bisher unveröffentlichten Bericht des Unternehmensverband CBI, der die Steuerinitiative grundsätzlich untersützt. Nun warnt er vor "radikal neuen Lösungen" zur Gewinnverlagerung, die der Wettbewerbsfähigkeit Großbritanniens schaden könnten. "Es sollte ein Kernziel Großbritanniens sein, die britische Steuer-Wettbewerbsfähigkeit zu erhalten und zu verbessern, wenn es darum geht, internationale Regeln zu gestalten", heißt es demnach in dem Bericht.

Auch in den USA versuchen Konzerne Einfluss zu nehmen auf das nationale Steuersystem, das überarbeitet werden soll. Bisher ist die Unternehmenssteuer in den USA relativ hoch, weswegen viele Firmen ihre Gewinne aus dem Ausland nicht nach Hause holen, sondern in Steueroasen parken.

Und die deutsche Industrie? Die hält sich bislang zurück, zumindest öffentlich. "Es scheint, dass die OECD sich jetzt stärker auf den Wettbewerb unter den Ländern konzentriert und damit auf den Kern des Problems", sagt Roland Franke, beim BDI zuständig für internationale Besteuerung. "Bisher hieß es meist zu Unrecht, das Problem gehe von den Unternehmen aus - die halten sich aber an die jeweiligen nationalen Regeln."

Einige OECD-Vorschläge sieht der BDI jedoch kritisch, etwa den zur neuen Definition der Betriebsstätte. Von ihm hängt ab, ob ein Unternehmen in einem Land, indem es tätig ist, Steuern zahlen muss. Hat es dort etwa nur ein Lager und produziert nichts, zahlt es keine Steuern. Deutsche Unternehmen versuchen daher zu vermeiden, Standort im Ausland als Betriebsstätten zu definieren. "Eine Veränderung des Begriffs wird für deutsche Unternehmen eher keine Erleichterung bringen, und ginge wohl zulasten des deutschen Fiskus", sagt Franke.

Er muss sich wohl keine Sorgen machen: Es sei deutlich geworden, dass Deutschland "niemals eine Besteuerung aufgrund von Verkäufen zulassen wird", sagt Markus Meinzer vom Interessenverband Tax Justice Network. Der Fiskus nimmt hin, dass Amazon hier Milliarden umsetzt und kaum Steuern zahlt. Und schützt dafür deutsche Unternehmen, die in alle Welt exportieren.

Amazon will die Zahlen nicht kommentieren - aus Wettbewerbsgründen. Wird der OECD-Plan konsequent umgesetzt, könnten Firmen in Zukunft gezwungen werden, ihre Geschäfte und Zahlungen für jedes Land offenzulegen. Auf EU-Ebene war so eine länderbezogene Berichtspflicht bereits geplant, konnte aber nicht für alle Branchen durchgesetzt werden. Hier soll auch Deutschland gebremst haben, hört man von Kritikern. Der BDI zumindest hatte im Vorfeld vor der Regelung gewarnt.

© SZ vom 16.07.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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