Strafzölle:Warum die WTO-Entscheidung zu Airbus heikel ist

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Der Streit bei der Welthandelsorganisation geht auf das Jahr 2004 zurück, als die USA ein WTO-Verfahren gegen die EU wegen der Airbus-Hilfen einleiten ließen. (Foto: REUTERS)
  • Die Welthandelsorganisation hat sowohl bei Airbus als auch beim US-Rivalen Boeing milliardenschwere unrechtmäßige staatliche Subventionen beanstandet.
  • In Kürze wird nun wird mit einer Entscheidung zu Airbus gerechnet: Womöglich darf die US-Regierung danach Importe aus der EU mit Zöllen belegen.

Von Jens Flottau, Frankfurt

Folgendes Szenario: Die USA verlangen Einfuhrzölle für Airbus-Flugzeuge in Höhe von 200 Prozent ihres Wertes. Ein Airbus A321 kostet nun statt 50 Millionen 150 Millionen Dollar. Die amerikanischen Fluggesellschaften weigern sich fortan, die fest bestellten Maschinen abzunehmen. Der Airbus-Vorstand kommt zu einer Krisensitzung zusammen, die Aktie verliert drastisch an Wert. Airbus stoppt die Produktion, die Mitarbeiter werden nach Hause geschickt.

So aberwitzig das klingt, es liegt im Bereich des Möglichen. Vielleicht schon an diesem Montag wird die Welthandelsorganisation WTO verkünden, in welchem Ausmaß die USA Strafzölle gegen Importe aus der EU erheben dürfen, um den wirtschaftlichen Schaden auszugleichen, der der US-Wirtschaft durch frühere Subventionen beim Bau von Airbus-Jets entstanden sein soll.

Und vielleicht schon am Dienstag wird die US-Regierung verkünden, ob sie die Zölle erhebt und wenn ja, auf welche Güter: Käse, Whiskey und Handtaschen stehen auf der Long List sowie Flugzeugkomponenten und ganze Airbus-Jets. Es wäre der Beginn eines Handelskrieges. Die EU hat gemeinsam mit Frankreich und Deutschland angekündigt, dass sie sofort zurückschlagen könnte mit Hilfe von alten WTO-Entscheidungen gegen die USA, die sie bisher noch nicht ausgenutzt hat, die aber nach ihrer Lesart weiter gültig sind.

Boeing-Verfahren hinkt um einige Monate hinterher

Der Konflikt ist komplex und langwierig. Er geht auf das Jahr 2004 zurück, als die USA ein WTO-Verfahren gegen die EU wegen der Airbus-Hilfen einleiten ließen. Damals ging es unter anderem um Entwicklungsdarlehen für den Airbus A380. Europa schlug wenige Monate später zurück und beklagte Steuergeschenke des US-Bundesstaates Washington, in dem sich die meisten Boeing-Werke befinden. Auch 15 Jahre später hinkt das Boeing-Verfahren einige Monate hinter der Airbus-Untersuchung hinterher, weswegen noch nicht klar ist, in welchem Ausmaß auf dessen Basis die WTO der EU Strafzölle gegen die USA und Boeing zubilligen wird. Diese Entscheidung soll Anfang 2020 kommen.

Die WTO wird in einigen Wochen berichten, wie die von Airbus und den betroffenen Staaten bisher umgesetzten Änderungen bei den Staatshilfen zu bewerten sind und die Zölle womöglich relativieren. Doch die USA können gegen die Bewertung Einspruch erheben. Und weil sie die Ernennung neuer Richter des höchsten WTO-Schiedsgerichts blockieren, ist dieses ab Dezember handlungsunfähig. Analysten vermuten, dass der Streit in der Luftfahrt der Trump-Regierung dazu dient, ein Exempel zu statuieren und zu zeigen, dass sie durchgreift.

© SZ vom 30.09.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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