Airbus: WTO-Entscheidung:Subventionen? Wen kümmert's!

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Die Welthandelsorganisation WTO geißelt die öffentlichen Hilfen für Airbus - doch den Flugzeughersteller schert das nicht. Denn zwischen Boeing und Europäern tobt ein erbitterter Machtkampf - da ist jedes Mittel recht.

Ist Airbus mit unfairen Mitteln die Nummer eins im Passagierflugzeugbau geworden? Boeing unterstellt dies: Die Anschubfinanzierungen aus EU-Ländern für Projekte wie den A380 hätten den Aufstieg von Airbus überhaupt erst möglich gemacht.

Um Großprojekte wie den A380 anzustoßen, braucht Airbus viel Geld. Ein Großteil davon kommt vom Steuerzahler. (Foto: ap)

Jetzt hat die Welthandelsorganisation WTO die EU und mehrere Mitgliedsstaaten - darunter auch Deutschland - aufgefordert, illegale Exportsubventionen an die EADS-Tochter umgehend zu streichen. Auch andere Fördermittel, die den USA schadeten, müssten zurückgezogen werden, erklärte ein WTO-Gremium.

Boeing feiert die Entscheidung: Das Urteil sei Beleg dafür, dass Airbus den US-Konzern nur wegen der Beihilfen vom Spitzenplatz stoßen konnte. Ohne die Fördergelder hätte Airbus massive Schulden und keines der umstrittenen Flugzeugmodelle entwickeln können.

Vier Milliarden Dollar Anschubfinanzierung

Michael Luttig, Chefsyndikus von Boeing, sagte, Airbus müsse die vier Milliarden Dollar (etwa 3,2 Milliarden Euro) an unrechtmäßiger Anschubfinanzierung für den A380 zurückzahlen oder die Finanzierung des A380 zu marktüblichen Bedingungen restrukturieren.

Airbus sieht das anders: Das WTO-Urteil bedeute nicht, dass der Konzern Gelder zurückzahlen oder Verträge ändern müsse. Darum treibt das Unternehmen die Finanzierungspläne etwa für seinen neuen Langstreckenjet A350 mit staatlichen Hilfen unverdrossen voran.

Das stünde nicht im Widerspruch zu der Entscheidung der Welthandelsorganisation WTO. "Im Gegensatz zu Boeings Wunschdenken ist die A350 nicht Teil des WTO-Verfahrens", schrieb ein Airbus-Sprecher in einer E-Mail.

Aber auch wenn sich Airbus nach außen hin unbeeindruckt gibt: Hinter den Kulissen wird intensiv nach einer Lösung gesucht. Erst vor kurzem hatten die Airbus-Länder Deutschland, Frankreich, Großbritannien und Spanien erklärt, sie wollten ein Ergebnis, das mit den WTO-Regelungen konform sei. Dazu wollten sie aber auch die Entscheidung der WTO im Gegenverfahren EU gegen USA abwarten. Hier soll es Mitte Juli ein Ergebnis geben.

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Der A400M steht auf der Kippe - wieder mal. In London beraten die Käuferstaaten, ob sie Hersteller Airbus entgegenkommen. Endet das Projekt in einem Fiasko? In Bildern.

Branchenexperten erwarten, dass die verfeindeten Flugzeugbauer trotz aller Kriegsrhetorik am Ende eine gemeinsame Basis suchen werden. Denn beide müssen sich künftig dem Angriff neuer Konkurrenten aus mächtigen Staaten wie China stellen. Das schweißt ihre Interessen zusammen.

35-Milliarden-Dollar-Auftrag

Davor muss jedoch der Kampf um den 35-Milliarden-Dollar-Auftrag des Pentagons für Tankflugzeuge entschieden sein. Das soll Ende 2010 der Fall sein.

Boeing nutzt den WTO-Streit in der US-Debatte, um den Airbus-Konzern EADS aus dem Geschäft zu drängen. Das Argument ist einfach: Washington dürfe das Geld der US-Steuerzahler nicht für "stark subventionierte" ausländische Produkte ausgeben.

"Boeing verlangt, dass EADS für jede Unterstützung, die Airbus bekommen hat, im Tankerwettbewerb bestraft wird", klagt Airbus-America-Chairman Allen McArtor. Im Gegenzug argumentiert Airbus, dass Boeing erheblich stärker subventioniert werde als Airbus.

Boeings modernster Flieger 787 sei das "höchst subventionierte Flugzeug der Zivilluftfahrt", heißt es. Und es werde ganz unamerikanisch zu 70 Prozent im Ausland gefertigt.

Vom Airbus-Tanker soll dagegen - ganz US-patriotisch - mehr als der Hälfte aus den USA stammen. Der Tankerstreit zeigt das ganze Dilemma der beiden WTO-Klagen.

Namen ohne Aussage

Der Name des Herstellers sagt kaum etwas darüber aus, in welchem Land Arbeitsplätze und Werte tatsächlich geschaffen werden. Große Teile des - nach französischen Angaben - mit fünf Milliarden Dollar Zuschüssen geförderten Boeing-Verkaufschlagers 787 werden in Italien und Japan gebaut.

Umgekehrt stammt der Super-Airbus A380, dessen Förderung von der WTO bemängelt wird, zur Hälfte aus den USA.

Warum also dieser Streit? Boeing verfolgt Experten zufolge im WTO-Streit zwei Ziele: die Ausschaltung von Airbus im Tanker-Wettbewerb und die Verhinderung von Staatshilfen für den 787-Konkurrenten A350.

Allerdings steckt der Teufel im Detail, sprich: in den Kreditkonditionen. Im Tankerstreit könnte der Schuss für Boeing nach hinten losgehen. Das hängt vom WTO-Urteil über die US-Beihilfen ab. Boeing habe binnen 20 Jahren "annähernd 16,6 Milliarden Dollar staatlicher Forschungssubventionen erhalten", erklärt McArtor.

Genau solche Zuschüsse hat die WTO bei Airbus kritisiert, allerdings in weit geringerem Ausmaß. Das könnte ein harter Brocken für Boeing werden.

© sueddeutsche.de/dpa/Reuters/hgn - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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