Airbus: A400M:Kompromiss gesucht

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Der Ausflug von Airbus ins Militärgeschäft könnte auf peinlichste Art und Weise scheitern, darum ist eine Einigung im Hickhack um den A400M nötig - ansonsten gibt es viele Verlierer.

Jens Flottau

Hat Thomas Enders es nun ernst gemeint oder handelt es sich um Verhandlungstaktik? Will der Airbus-Chef wirklich das A400M-Programm einstellen oder will er nur mehr Geld für den Militärtransporter herausschlagen?Spätestens seit Enders die nachrichtenarme Zeit erneut für die alte Drohung genutzt hat, das 30 Milliarden Euro-Projekt unter den gegebenen Bedingungen lieber fallen zu lassen, müssen sich Verteidigungspolitiker und Industrie mit diesen Fragen auseinandersetzen.

Der MilitärtransporterA400Mwird deutlich teurer als geplant - und nun erhöht auch noch Airbus-Chef Enders den Druck. (Foto: Foto: AP)

Denn es geht um weit mehr als nur um ein einzelnes Großprojekt. Mit dem A400M würde nicht nur ein Flugzeug scheitern, sondern auch der Aufbau einer gemeinsamen europäischen Verteidigungsindustrie, die immer noch zu zerstückelt ist und sich bislang oft selbst Konkurrenz gemacht hat.

Natürlich will der Airbus-Chef Druck machen auf die besonders störrische Bundesregierung, damit die Auftraggeber weitere fünf Milliarden Euro locker machen. Und dies möglichst bis Ende Januar, wenn das zweite Moratorium ausläuft. Damit würden sich Airbus und die Auftraggeber die Mehrkosten von bis zu elf Milliarden Euro teilen, der Hersteller würde zwar voraussichtlich an der Maschine immer noch kein Geld verdienen, zumindest aber keine riesigen Verluste mehr anhäufen.

Die Drohung des Airbus-Chefs ist aus zwei Gründen ernstzunehmen. Für Airbus ist es erstens unter den derzeitigen vertraglichen Bedingungen tatsächlich billiger, die Maschine trotz aller Vorleistungen nicht zu bauen, als das Programm fortzuführen. In dieser Ausgangslage würde das Management die eigene Firma mit dem Auftrag wissentlich schädigen, was ernsthaft niemand verlangen sollte. Zweitens ist Thomas Enders stur. Der Mann pflegt zu sagen und zu tun, was er für richtig hält und nimmt damit in der Regel keine Rücksicht auf Regierungen, Aktionäre und Mitarbeiter. Enders mag damit öfters Benimmregeln verletzen, aber niemand kann sagen, er habe nicht gewusst, woran er ist.

Auch für ihn persönlich geht es nun um alles oder nichts. Enders würde gerne EADS-Chef werden, wenn Louis Gallois in den Ruhestand geht, doch wäre er wohl selbst an der Spitze von Airbus nicht zu halten, würde das A400M-Projekt scheitern. Auch wenn es einen Kompromiss gibt, ist nicht sicher, ob Enders nicht doch noch das Bauernopfer wird, durch das ein Neustart bei dem Projekt symbolisiert wird.

Die Bundesregierung beharrt bislang auf dem ursprünglichen Vertrag. Das ist einerseits verständlich. Andererseits ist nicht Airbus alleine an den Mehrkosten schuld. Dazu beigetragen haben auch die Kunden mit immer ausgefeilteren Anforderungen und Änderungswünschen sowie die politisch motivierte Verteilung der Unteraufträge an Lieferanten. Zudem waren die Lieferanten zeitweise selbst mit dem Vorhaben überfordert.

Scheitert das Projekt wirklich, hätten alle Seiten verloren. Der Ausflug von Airbus ins Militärgeschäft wäre auf peinlichste Art und Weise beendet. Die Bundesregierung würde voraussichtlich an Einfluss bei der EADS verlieren, und das in einer Situation, in der sie sowieso befürchtet, dass Frankreich sich noch mehr Macht in dem Konzern sichern will. Rund 40.000 Arbeitsplätze würden verloren gehen. Und die Kunden - die Luftwaffen - würden ein Flugzeug nicht bekommen, auf das sie seit vielen Jahren warten. Sie müssten auf amerikanische Produkte wie die Boeing C-17 und die Hercules C-130 ausweichen - dies hätten sie auch schon vor zehn Jahren tun können. Ob eine solche Einkaufsstrategie unterm Strich billiger wäre, ist zu bezweifeln.

Wer sich all dies ersparen will, der muss einen Kompromiss anstreben. Bei Verteidigungsprojekten, die immer technologisch und damit finanziell äußerst riskant sind, ist es bislang normal gewesen, dass mögliche Mehrkosten nach einem zuvor vereinbarten Schlüssel aufgeteilt werden. EADS ist dumm genug gewesen, bei der A400M alle Risiken selbst zu schultern, der Konzern hätte den Festpreisvertrag niemals unterschreiben dürfen. Die Einsicht kommt nun womöglich zu spät.

© SZ vom 07.01.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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