Militärtransporter:Airbus-Chef pokert mit A400M

Milliardengrab A400M: Zieht Airbus-Chef Enders im letzten Moment die Notbremse, um sein Unternehmen, vor allem aber seine eigene Karriere zu retten?

Jens Flottau

Wenn man es genau nimmt, hat Airbus-Chef Thomas Enders gar nichts Neues gesagt, dennoch ist die Aufregung groß. "Stillstand hatten wir lange genug. Jetzt ist Zeit für Bewegung, so oder so", erklärte er in einem Zeitungsinterview. Und bei einer Veranstaltung für die Airbus-Führungskräfte hat er nach Informationen aus Unternehmenskreisen gesagt, dass er nicht mehr daran glaubt, den Militärtransporter A400M zu bauen. Die Information fand auch ihren Weg in die Zeitung.

A400M, AP

Der

A400M

wird deutlich teurer als geplant - verabschiedet sich Airbus-Chef Thomas Enders von dem kostspieligen Projekt?

(Foto: Foto: AP)

Mit seinen Äußerungen erhöht Airbus den Druck auf die Regierungen, endlich einem Kompromiss und den geplanten Preiserhöhungen zuzustimmen. Ende Januar läuft ein bereits zweimal verlängertes Ultimatum aus, bis zu dem sich die beiden Seiten einigen wollen. Enders ist es mit seiner Ansage, das Projekt selbst nach dem Erstflug Mitte Dezember noch abzublasen, aber offenbar tatsächlich ernst.

Ein riskantes Spiel

Denn nach dem derzeitigen Stand der Dinge käme es Airbus teurer, das Flugzeug zu bauen, als die Arbeiten abzubrechen. Und: "Ich kann es als Airbus-Chef deshalb nicht verantworten, mit so einem Rüstungsprogramm das ganze Unternehmen und somit auch die zivilen Programme zu gefährden."

Alles auf eine Karte zu setzen, ist auch für Enders persönlich riskant. Denn scheitern die Gespräche tatsächlich, würde er wohl als Airbus-Chef stark infrage gestellt und könnte sich seine Ambitionen auf die Nachfolge von Louis Gallois an der Spitze der EADS abschminken.

Intern gibt es bereits Alternativpläne, wo die A400M-Ingenieure künftig eingesetzt werden könnten. Vor allem sollen sie beim neuen Langstreckenflugzeug A350 mitarbeiten. Die Maschine soll bereits 2013 auf den Markt kommen. Für das Projekt werden dringend zusätzliche Mitarbeiter gesucht, die aber bislang beim verspäteten A400M gebunden sind.

Deutlich teurer als geplant

Die Airbus-Muttergesellschaft EADS hatte sich mit den Besteller-Ländern (unter anderem Deutschland, Frankreich und Großbritannien) auf einen festen Preis von 20 Milliarden Euro für 180 Flugzeuge geeinigt. Doch der Militärtransporter wurde viel teurer als geplant und ist um bis zu vier Jahre verspätet. Insgesamt bis zu 11,3 Milliarden Euro zusätzlich könnte die Maschine kosten, haben die Wirtschaftsprüfer von Pricewaterhouse Coopers (PwC) ausgerechnet.

Die Summe setzt sich zusammen aus der geplanten Preiserhöhung von 5,3 Milliarden Euro, die Airbus zufolge die Kunden tragen sollen, 2,4 Milliarden an Rückstellungen bei Airbus und bis zu 3,6 Milliarden an Risiken, die im Laufe von Flugtests, Zulassung und Hochlauf der Serienproduktion noch zu weiteren Ausgaben werden könnten.

Angst vor einer "Mission Impossible"

Bislang weigern sich die Auftraggeber, von dem ursprünglichen Vertrag abzurücken, demzufolge EADS und Airbus alleine alle Risiken tragen - ein für das Militärgeschäft unübliches Arrangement. Vor allem die Bundesregierung ist offenbar besonders hartnäckig. Ein Sprecher des Verteidigungsministeriums wies allerdings an diesem Dienstag auf das Moratorium bis Ende Januar hin. Dieses räume allen Beteiligten "mehr Bedenkzeit" ein. Mitte der kommenden Woche wollen sich die Staatssekretäre der Besteller-Länder treffen, um ihre Position zu klären.

"Mission Impossible" - dann weg damit

Airbus-Chef Enders hatte bereits Anfang 2009 gesagt, so wie geplant sei der A400M eine "Mission Impossible" und verdeutliche, dass der Konzern das Projekt unter diesen Bedingungen lieber fallen lasse als fortführe. Mitte 2009 hatten sich die Länder und Airbus darauf geeinigt, bis Ende des Jahres weiterzuverhandeln. Schon danach wollte Enders eigentlich aussteigen, doch EADS-Chef Gallois räumte noch einen weiteren Monat für die Gespräche frei.

Wenn sich die beiden Seiten nicht auf einen neuen Vertrag einigen, könnte auch wieder das Thema einer EADS-Kapitalerhöhung aufkommen. Somit würde das Unternehmen finanziell gestützt, auf deren Basis könnte dann das A400M-Programm trotzdem fortgesetzt werden.

Die französische Regierung, die derzeit mit 15 Prozent an dem Konzern beteiligt ist, hatte diese Möglichkeit bereits vor Jahren ins Spiel gebracht, als der Airbus A380 mehrere Milliarden an zusätzlichen Kosten verursacht hatte. Doch dagegen wehren sich weiterhin die Bundesregierung und die privaten Hauptaktionäre Daimler und Lagardère, die sich nicht an einer Kapitalerhöhung beteiligen wollen. Sie versuchen hingegen bislang vergeblich, den Einfluss des französischen Staates zu reduzieren.

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