Airbus A380:Jenseits der Stille

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Bei der A380 von Airbus fällt im Betrieb vor allem eines auf: In der Kabine ist es extrem leise. Doch glücklich ist Airbus mit dem Großflugzeug noch nicht geworden. Eine erste Bilanz.

Jens Flottau

Die Aufregung rund um den Airbus A380 ist nicht Jedermanns Sache. Jüngst, als mit Air France die erste europäische Fluggesellschaft den neuen Airbus-Jumbo bekam, ließ sich das gut beobachten: Die Moderatorin der Übergabezeremonie wurde angesagt, torkelte im Hamburger Auslieferungszentrum auf die Bühne und schafft es gerade noch, ein paar Wörter zu sagen. Dann fiel sie in Ohnmacht - Airbus-Chef Thomas Enders direkt vor die Füße.

Fluggesellschaften und Passagiere sind von derA380überwiegend angetan - Airbus kämpft allerdings noch mit vielen Problemen. (Foto: Foto: dpa)

Ist das womöglich symptomatisch für die Situation von Airbus und dem neuen Flugzeug? Zwar loben Fluggesellschaften und Passagiere das Flugzeug nach den ersten Erfahrungen im Liniendienst meist in den höchsten Tönen. Doch in der Produktion hakt es weiterhin. Die meisten Kunden verschieben wegen der wirtschaftlichen Lage Auslieferungen und wann Airbus mit dem Flugzeug wirklich Geld verdient, ist völlig unklar.

Bitte flüstern!

20 Maschinen hat Airbus mittlerweile an vier Airlines ausgeliefert - zehn an Singapore Airlines, fünf an Emirates, vier an Qantas und eine an Air France. Das Air-France-Flugzeug wird Mitte November als erstes A380-Modell auf der Strecke Paris-New York fliegen.

Die übrigen Maschinen sind vor allem von und nach Asien sowie auf innerasiatischen Strecken unterwegs. Rund 8000 Flüge und 80.000 Flugstunden hat die kleine A380-Flotte mittlerweile absolviert und dabei etwa drei Millionen Passagiere transportiert.

Auch wenn von den einst in der Airbus-Werbung angekündigten Gags wie Duty-Free-Läden oder Fitness-Studios bis auf eine Dusche für die First Class sowie eine Bar (bei Emirates) nicht viel übrig geblieben ist - das Flugzeug ist für die Passagiere ein Fortschritt: In der Kabine ist es extrem leise.

So leise, dass die Airlines ihre Flugbegleiter anweisen mussten, auch in der Küche nur zu flüstern. Die Passagiere würden sonst alle Lästereien mitbekommen.

Zugleich haben die Flugbegleiter aber auch selbst ihre Nöte mit der neuen Stille: In ihrem Ruheraum direkt über der Economy-Kabine hören sie jetzt jedes lautere Gespräch von unten mit - und können den Kurzschlaf vergessen.

Airbus A380 von innen
:Platz für 550 Menschen

Der Superjumbo ist knapp 73 Meter lang, seine Spannweite beträgt rund 80 Meter. Ein Blick ins Innere ist spannend.

Daneben haben die Airlines ihr neues Flaggschiff oft dafür genutzt, neue und bequemere Sitze und ein besseres Bord-Unterhaltungsprogramm einzubauen.

Superjumbo A380
:Debüt in Hamburg

Erstmals überstellt Airbus den A380 an einen europäischen Abnehmer. Die Air France setzt das Riesenflugzeug im November erstmals auf der Strecke Paris - New York ein. Die Premiere in Bildern.

Qantas bietet den Passagieren in der Business Class nun etwa den Sitz mit dem größten Abstand zum Vordermann, bei Singapore Airlines könnten auf dem Sessel zwei Passagiere nebeneinander Platz finden.

Wohl kaum eine Einführung eines neuen Flugzeuges ist so reibungslos verlaufen wie die der A380. Ausfälle und Pannen sind normalerweise eher die Regel als die Ausnahme. Nicht so in diesem Fall.

Vorabmeldung per Satellit

Das liegt auch daran, dass Airbus unter allen Umständen sicherstellen wollte, dass zumindest die Einführung in den Liniendienst kein PR-Desaster mehr wird.

Airbus schickte Dutzende Mitarbeiter nach Dubai, Sydney und Singapur, die jedes Flugzeug nach der Landung durchcheckten. Fehlermeldungen hatten die Maschinen per Satellit schon während des Fluges vorausgeschickt.

Bislang mussten Singapore Airlines und Qantas gerade eine Handvoll Flüge absagen, nur Emirates hatte zwischenzeitlich ernste Probleme mit der Zuverlässigkeit des Flugzeuges, da sich über Tage die Ursache einer Fehlermeldung nicht finden ließ.

Die Frage ist, ob nicht nur die Fluggesellschaften, sondern auch Airbus Freude haben wird an dem Flaggschiff.

Mit zwei Jahren Verspätung startete Ende 2007 der erste Linienflug. Und weil der Einbau der Passagierkabine so kompliziert ist, unterschreitet Airbus die geplante Stückzahl von 45 Flugzeugen jährlich dramatisch: 2009 werden es zwischen zehn und 13, 2010 vielleicht 20 sein.

Berücksichtigt man, dass Airbus mehrere hundert Jets bauen muss, um mit der A380 Geld zu verdienen, ist eine Prognose, ob und wann das Programm jemals die Gewinnschwelle erreicht, derzeit unmöglich.

Zumal nun nicht nur die Produktionsschwierigkeiten zu Verzögerungen führen, sondern die Kunden selbst die Maschinen wegen der Wirtschaftskrise später abnehmen wollen als vereinbart.

Alle vier Airlines, die bereits die A380 einsetzen, haben spätere Liefertermine angesetzt. Auch die Lufthansa wird 2010 voraussichtlich weniger als die zuletzt geplanten zehn Flugzeuge bekommen.

Als die Airbus-Moderatorin umgekippt war, reagierte Konzernchef Enders übrigens geistesgegenwärtig, sprang auf die Bühne und begann seine Rede einfach ohne Einführung: "Wir haben eine kleine Programmänderung, aber wir sind ja flexibel", witzelte er. Diese Eigenschaft wird er weiterhin gut gebrauchen können.

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