Air Berlin:Air Berlin fliegt künftig alleine über dem Atlantik

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Die Wirtschaftlichkeit des Langstreckennetzes könnte in Gefahr sein: Flugzeuge von Air Berlin auf dem Flughafen Tegel. (Foto: Kay Nietfeld/dpa)
  • American Airlines hat ein Abkommen über Gemeinschaftsflüge mit Air Berlin aufgekündigt.
  • Damit steht die Wirtschaftlichkeit des Langstreckennetzes noch mehr in Frage.
  • Die Mitarbeiter müssen nun entscheiden, ob sie bei der verkleinerten Firma bleiben oder in den Eurowings-Mietflugbetrieb wechseln.
  • Air Berlin wird künftig statt 261 nur noch weniger als 100 Strecken anbieten.

Von Jens Flottau, Frankfurt

Wieder eine Hiobsbotschaft für die angeschlagene Air Berlin: Sie verliert im kommenden Jahr nach SZ-Informationen ihren wichtigsten Allianzpartner auf den Transatlantikstrecken. Dem Vernehmen nach hat American Airlines ein Abkommen über Gemeinschaftsflüge gekündigt. Die sogenannten Code-Sharing-Verbindungen können damit ab dem kommenden Sommerflugplan, der Ende März in Kraft tritt, voraussichtlich nicht mehr angeboten werden.

Die Entscheidung von American Airlines dürfte dramatische Folgen für die Wirtschaftlichkeit des Langstreckennetzes von Air Berlin haben. Als Teil des von ihrem Großaktionär Etihad vorangetriebenen Umbaus sollte sich die dann voraussichtlich stark verkleinerte Air Berlin ab dem kommenden Frühjahr auf europäische Geschäftsreiseziele konzentrieren - und zugleich die Langstrecken über den Nordatlantik ausbauen.

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Bei dem Konzern müssen 1200 Mitarbeiter gehen. Lufthansa mietet Flugzeuge für die Tochter Eurowings an, die damit zum drittgrößten europäischen Billigflieger wird.

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Das Touristikgeschäft soll abgespalten werden, 40 Flugzeuge gehen in einem Mietgeschäft an Lufthansa/Eurowings, weitere 24 sollen mit Tuifly verschmolzen werden. American war zunächst für eine Stellungnahme nicht zu erreichen, Air Berlin wollte den Vorgang nicht kommentieren. Über die Entscheidung der US-Fluggesellschaft hatte als erstes das Nachrichtenmagazin Spiegel berichtet.

Schuld an der Entscheidung soll der Streit um Subventionen für Etihad sein

Der Schritt von American Airlines steht offenbar im Zusammenhang mit dem Streit über die angeblichen staatlichen Subventionen für den Air-Berlin-Anteilseigner Etihad. American und die anderen großen amerikanischen Fluggesellschaften werfen Etihad, Emirates und Qatar Airways vor, von den jeweiligen Regierungen mit zweistelligen Milliardenhilfen finanziert zu werden. Damit werde der Wettbewerb verzerrt. American und Air Berlin sind beide Mitglieder der Oneworld-Allianz, doch schon bislang hat sich American innerhalb des Bündnisses angesichts des 29,2-Prozent-Anteils, den Etihad an Air Berlin hält, nur auf eine minimale Kooperation mit den Deutschen eingelassen.

In Branchenkreisen heißt es, American habe Air Berlin trotzdem nun eine tiefere Zusammenarbeit auf den Langstrecken in die USA angeboten, wenn der deutsche Partner dieses Geschäft klar von Etihad abgrenze. Dazu sei Air Berlin aber nicht bereit gewesen.

Air Berlin betreibt derzeit 14 Langstreckenflugzeuge vom Typ A330. Die Fluggesellschaft hat angekündigt, die Flotte um weitere drei Jets zu vergrößern, obwohl viele Konkurrenten schon jetzt Überkapazitäten und sinkende Erlöse beklagen. Doch SZ-Informationen zufolge sollen bis 2018 noch einmal fünf Flugzeuge hinzukommen und vor allem in Richtung USA und Karibik eingesetzt werden.

Die Transatlantikstrecken werden von drei großen Joint Ventures dominiert - das sind Lufthansa/United Airlines/Air Canada, sowie Delta/Air France-KLM/Alitalia und American Airlines/British Airways/Iberia/Finnair. Daneben versuchen sich aber immer mehr Billiganbieter wie Norwegian.

Die Air Berlin-Langstrecken werden mit Besatzungen der ehemaligen LTU durchgeführt, die meist noch alte Tarifverträge haben und deswegen nicht weit von den hohen Lufthansa-Kosten entfernt sind. Allein gegen die mächtigen Gemeinschaftsunternehmen anzufliegen, gilt vielen Experten als aussichtslos.

Unterdessen konkretisieren sich die Rettungspläne für Air Berlin im Europageschäft. Die Mitarbeiter müssen sich bald entscheiden, ob sie bei der verkleinerten Air Berlin bleiben wollen oder in den Eurowings-Mietflugbetrieb wechseln. Demnach soll für diesen eine eigene Firma gegründet werden.

Branchenkreisen zufolge hat Lufthansa ein Vorkaufsrecht auf das neue Unternehmen, das sie ziehen kann, wenn in sechs Jahren der Mietvertrag für die Air Berlin-Jets ausläuft. Dann würden auch die Mitarbeiter wechseln. Der Vorgang ist vor allem für das wettbewerbsrechtliche Genehmigungsverfahren relevant. Lufthansa hofft auf eine schnelle Freigabe des Deals.

Die verkleinerte Air Berlin wird statt 261 nur noch weniger als 100 Strecken in Eigenregie anbieten und sich auf die Standorte Berlin und Düsseldorf konzentrieren. Air Berlins Marktanteile im innerdeutschen Verkehr bröckeln angeblich jetzt schon. Im September sei der Anteil auf einzelnen Strecken um 35 Prozent eingebrochen, weil verunsicherte Passagiere auf Lufthansa oder die Bahn umstiegen. Die Umbaupläne gab Air Berlin erst am 28. September bekannt.

© SZ vom 22.10.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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