Der Österreicher Robert Kalina gewann im Jahr 1996 den Wettbewerb zur Gestaltung der Euro-Noten. Vom Fünfer bis zum 500-Euro-Schein: Jede Banknote der ersten Serie ist ein echter Kalina. Der gelernte Grafiker, der inzwischen im Ruhestand ist, war damals bei der Österreichischen Nationalbank angestellt. Als einziger "Banknotenentwerfer" Österreichs schlug sein Arbeitgeber ihn für den Wettbewerb vor.
Und sein Vorschlag überzeugte die Jury. Vor allem, weil Kalina auf Personen verzichtete. Mit seinen Darstellungen von Brücken und offenen Fenstern wollte Kalina die Verbundenheit der europäischen Staaten betonen. Die abgebildeten Architekturbeispiele - die übrigens fiktive Bauten darstellen mussten - kommen aus verschiedenen Designepochen. Je größer die Banknote, desto moderner das Bauwerk. Der modernste Teil der Serie wird nun verschwinden. Was hält sein Schöpfer davon?
Herr Kalina, die EZB schafft den von Ihnen entworfenen 500er ab, weil er die Kriminalität begünstigen soll. Sie sind also ein Terrorhelfer...
Nein, das ist natürlich Unsinn (lacht). Aber schauen Sie: Die Schweiz hat, seit 1907 glaube ich, 1000-Franken-Scheine und es würde ja auch niemandem einfallen, die Schweizer Nationalbank als Terrorhelfer zu bezeichnen.
Sie halten also nicht viel von der Abschaffung des 500-Euro-Scheins?
Nein. Ich glaube nicht, dass die Abschaffung des 500ers irgendetwas ändert. Und ich halte die Abschaffung wirklich für problematisch. Meiner Meinung nach ist das eine persönliche Einschränkung der Freiheit. Bargeld ist immer ein Symbol für Freiheit gewesen.
Und aus künstlerischer Sicht? Ihre schöne Serie ist ja nicht mehr komplett...
Es ist schade, dass die Serie jetzt beschnitten ist. Die war ja als Gesamtkonzept gedacht. Es fehlt jetzt der obere Teil, der eigentlich für den modernsten Teil der Serie steht. Die 500er-Note symbolisiert ja die moderne Architektur. Und durch den Wegfall bleiben wir praktisch - in Bezug auf die Banknoten - bei der Jahrhundertwende stehen. Jetzt bleiben nur noch die historischen Motive über, aus Zeiten, die schon lange vorbei sind.
Vor ihrem Ruhestand waren Sie "Banknotenentwerfer". Wie wird man das eigentlich?
Ich habe ursprünglich Grafiker gelernt. In der Österreichischen Nationalbank habe ich mich dann auf Banknoten spezialisiert.
Und als Sie dort waren, wurde das Design der Euronoten ausgeschrieben...
Genau. Alle Mitgliedsländer konnten einen Grafiker entsenden. Und für Österreich wurde ich vorgeschlagen.
Wie kam die Bank auf Sie?
Ich war der einzige Banknotendesigner in Österreich damals. Ich hatte vorher schon seit 1982 die Schilling-Banknoten gestaltet. Das war auch die Voraussetzung, um an dem Wettbewerb teilzunehmen. Für mich war es dann schon überraschend, dass ich gewonnen habe.
Warum?
Weil ich in meinem Konzept ja keine Porträts vorgesehen hatte. Und bis auf Holland war es eigentlich in ganz Europa üblich, dass auf den Banknoten Porträts zu sehen sind. Ich habe ein Konzept verfolgt, das mehr auf der Symbolik aufgebaut ist, das Brückenschlagen und die Verbindung zwischen den Ländern. Die offenen Tore und Fenster sollten die Gemeinsamkeiten darstellen.
Warum keine Köpfe? Manche bemängeln ja, dass die Banknoten dadurch etwas emotionslos sind...
Das war eine ganz strikte Vorgabe. Mit Porträts wäre man immer in gewisse nationale Gebiete eingedrungen, die eigentlich nicht erwünscht waren. Wenn Sie Porträts verwendet hätten, dann hätten Sie anonyme Porträts zeichnen müssen. Das schien mir völlig ungeeignet. Mit anonymen Porträts kann man keine Identifikation herstellen. Wenn, dann müssten es schon bekannte Persönlichkeiten sein. Aber die sind am Ende immer einem gewissen Land zuzuordnen und da wäre es sicher zu Schwierigkeiten gekommen.
Wie gestaltet man eine Banknote?
Ich hatte mich zunächst auf das Thema Architektur festgelegt und wollte eine gewisse Symbolik transportieren. Und dann ist mir die Idee mit den Fenstern und Toren aus den verschiedenen Epochen gekommen.
Viele hatten den 500er ja noch nie in der Hand. Sie - zwangsläufig - schon. Aber haben Sie auch mal damit bezahlt?
Ich hab ihn schon einmal beim Autokauf verwendet. Da wird ja sehr gerne bar bezahlt. Mir ist aber natürlich auch aufgefallen, dass es in vielen Geschäften bisher gar nicht möglich ist, mit dem 500er zu bezahlen.
Praktisch ist er nicht gerade, der 500er...
Doch, er ist schon praktikabel. Wenn man größere Summen bezahlt, kriegt man sie auch mal in die Brieftasche rein. Ich rede jetzt nicht von Millionen. Da braucht man natürlich einen Koffer. Aber das kommt ja auch nicht so oft vor.
Glauben Sie, dass die anderen Euro-Scheine nun auch noch verbannt werden?
Konsequenterweise müsste man den 200er jetzt auch noch abschaffen. Das kann durchaus kommen.