Kolumne "Eigener Herd":Was tun mit grünen Tomaten?

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Auch aus halb- oder unreifen Tomaten lassen sich gute Gerichte kochen, die man am besten in Maßen genießt, weil grüne Früchte Solanin enthalten. (Foto: imago stock/imago stock&people)

Trotz des warmen Oktobers ist die Saison vorbei und am Ende bleiben immer ein paar Früchte am Strauch hängen. Bitte nicht wegwerfen! Aus grünen Tomaten wird köstliches Chutney. Oder man frittiert sie.

Von Titus Arnu

Ob bei einem guten Buch oder Film, auf dem Girokonto gegen Ende des Monats, im Leben insgesamt: Es kommt immer darauf an, was hängen bleibt. Nach dem Wiederanschauen des rührenden Films "Fried green Tomatoes" von 1991 bleibt jedenfalls einiges hängen. Es geht um Menschlichkeit, Toleranz und Liebe - und um den großartigen Geschmack frittierter grüner Tomaten. Diesen klassischen Snack der US-Südstaatenküche servieren die beiden Hauptfiguren des Films, Idgie und Ruth, in ihrem "Whistle Stop Café".

Wenn im Gemüsegarten etwas hängen bleibt, liegt das meistens daran, dass es nicht reif geworden ist. Je nach Wetterverlauf kann es sein, dass im August sehr viele Tomaten heranwachsen, die dann aber im Herbst nicht mehr rot werden, weil es zu kalt ist. In diesem Jahr war der Oktober besonders warm, und die Tomatensaison hat sich ein wenig nach hinten gedehnt, sogar im heimischen Garten gab es in dieser Woche noch letzte Früchte; bei Erich Stekovics, Österreichs bekanntestem Tomatenbauern, wird im Freiland sogar bis Dezember geerntet. Manches wird aber nun definitiv nicht mehr rot, und oft landen unreife Früchte am Ende der Saison auf dem Kompost. Das ist schade - denn auch mit grünen Tomaten lässt sich noch etwas Köstliches in der Küche produzieren.

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Die erste Variante: Grünen Tomaten in der warmen Stube ein Obdach gewähren. Man pflückt die harten, grünen Kugeln und trocknet sie gut ab. Dann bereitet man ihnen ein warmes Bettchen, am besten in einem Pappkarton, den man mit Zeitungen auspolstert (das geht leider nicht mit der digitalen Ausgabe der SZ, da sind die Grenzen des Transformationsprozesses erreicht). Apropos Transformation: Bei Zimmertemperatur reifen die Tomaten innerhalb von einigen Tagen nach. Ein Apfel in der Tomatenkiste beschleunigt den Vorgang. Geplatzte und angefaulte Tomaten sollte man entfernen, denn Fäulnis ist ansteckend.

Die zweite Variante: Grüne Tomaten verarbeiten und essen. Das mag zunächst abschreckend klingen, denn das unreife Fruchtgemüse schmeckt nicht annähernd so gut wie eine tiefrote Tomate, die man im Hochsommer sonnenwarm vom Strauch pflückt. Zudem enthalten Tomaten Solanin, ein giftiges Alkaloid. Der Stoff ist vor allem in den grünen Pflanzenteilen enthalten. Geringe Mengen sind nicht gefährlich für Erwachsene, Vergiftungserscheinungen würden sich erst einstellen, wenn man mehr als 600 Gramm grüne Tomaten roh isst. Allerdings schmecken sie roh nicht besonders gut, sie sind leicht bitter und säuerlich.

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Genießbarer sind grüne Tomaten, wenn man sie frittiert, einlegt oder einkocht. Für einen heißen Imbiss á la Whistle Stop Café braucht man vier große unreife Tomaten, die in fingerdicke Scheiben geschnitten werden. Ein Ei mit etwas Milch verrühren. Zwei Esslöffel Maismehl mit Salz, einer Prise Zucker und Pfeffer vermischen. Die Scheiben zunächst in der Eiermilch, dann im Maismehl wenden und in einer heißen Pfanne mit viel Öl auf beiden Seiten goldbraun braten. Dazu passen Sourcream und kross gebratener Speck.

Größere Mengen unreifer Tomaten lassen sich gut zu Chutney einkochen. Bei der Vorbereitung sollte man darauf achten, dass man den harten Strunk entfernt, da er besonders viel Solanin enthält. Je nach Vorliebe kann man das Chutney süß-sauer machen - mit Zwiebeln und Äpfeln. Oder scharf - mit Chili, Ingwer und Knoblauch. Gewürzt mit Kreuzkümmel, Koriandersamen, Curry und Senfkörnern geht es dagegen eher in die indische Richtung. Tomaten-Chutney mit Trockenpflaumen oder Datteln gilt in der ayurvedischen Küche als harmonisierend und verdauungsfördernd. Chutneys haben die faszinierende Eigenschaft, dass sie alle Geschmacksrichtungen vereinen: süß, sauer, salzig, bitter, außerdem scharf und herb.

(Foto: N/A)

Für fünf bis sechs große Einmachgläser Chutney braucht man zwei bis drei Kilo Tomaten. Für den Geschmack und die Konsistenz ist es gut, wenn auch ein paar rote und halbrote Tomaten dabei sind. Gut kombinieren lassen sich unreife Tomaten mit Fallobst, zum Beispiel mit überreifen Äpfeln und Zwetschgen, aber auch mit getrockneten Datteln. Obst und Gemüse gut putzen, angefaulte Stellen, Strünke, bei den Äpfeln Kerngehäuse und bei den Zwetschgen die Steine entfernen. Alles in kleine Würfel oder Scheiben schneiden. Vier Zwiebeln, fünf Knoblauchzehen und eine große Knolle frischen Ingwer schälen und fein hacken. Knoblauch und Ingwer in Sonnenblumenöl anschwitzen, anschließend Zwiebeln, Tomaten, Äpfel oder andere Früchte zugeben. Senfkörner, Koriandersamen, Chilischote und etwas Kurkuma einrühren. Mit einem halben Liter (mildem) Apfelessig aufgießen, 750 Gramm Zucker dazugeben und gut verrühren. Einmal aufkochen lassen, Temperatur reduzieren und zwei Stunden lang köcheln lassen.

Wenn das Chutney zähflüssig und rötlich braun wird, vom Herd nehmen und etwas abkühlen lassen. Eventuell mit Aceto Balsamico und Chiliflocken verfeinern. Am besten in frisch sterilisierte, noch heiße Weck-Gläser füllen, die Gläser stürzen und abkühlen lassen. Auf diese Weise hält sich das Chutney problemlos monatelang, bis zum nächsten Frühjahr, wenn die Grillsaison wieder beginnt. Tomaten-Chutney schmeckt zu gegrilltem Geflügel, zu Gemüse- und Currygerichten, perfekt passt es auch zu rotem Dal (veganes Linsencurry) mit Reis. Vorsicht: Das Chutney kann süchtig machen, aber man sollte nicht zu viel davon essen, denn es enthält immer noch genug Solanin.

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