Ladies & Gentlemen:Kopfsachen

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(Foto: Balenciaga)

Eigentlich dauert es eine Weile, bis eine Kopfbedeckung charmant eingetragen ist. Man kann die Sache jetzt aber abkürzen - mit kunstvoll vorvergammelter Baseballkappe oder einem schicken Nostalgie-Mützchen.

Von Julia Werner und Max Scharnigg

Für sie: Der alte Hut

Das Baseball-Cap feierte in diesem Sommer modisch sein Comeback - nicht nur, weil Hedi Slimane es in seiner Sommerkollektion den Models zu Blümchenkleidern und Blazern auf den Kopf setzte. Die Schirmkappe in Kombination mit Alltagskleidern ist, das wissen wir seit Lady Diana, die wirksamste Möglichkeit, wenn man unbedingt inkognito gesehen werden möchte. Zugleich ist das Baseball-Cap natürlich immer eine gute Idee, Blicken aus dem Weg zu gehen - einfach nach unten gucken. Die Frage ist gerade nur: Welches Käppi? Balenciaga schlägt dieses im Used-Look vor (über matchesfashion.com). Das ist lustig, weil es uns alten 90er-Jahre-Kindern bekannt vorkommt: Was taten wir nicht alles, um das Cap gebraucht aussehen zu lassen! Man sprang darauf herum, weichte es ein, formte den Schirm rund und bearbeitete die Kanten mit einer Nagelfeile, um bloß nicht mit einem nagelneuen Accessoire erwischt zu werden. Die Generation Z liebt interessanterweise genau das Gegenteil: Sneakers und Caps müssen fabrikfrisch aussehen, sogar die Etiketten werden manchmal dran gelassen. Das könnte jetzt anders werden, erstens weil Demna Gvasalia es sagt. Und zweitens: Klima retten und dabei mit nagelneuen Produkten wie ein Konsumopfer aussehen, das geht natürlich nicht. Könnte also sein, dass die Gen-Z-Kinder jetzt bald auch lieber abgerockt aussehen wollen. Allerdings sollten ihre Mütter ihnen dafür die Nagelfeile in die Hand drücken und sich den alten Hut selber kaufen. Teure Used-Look-Accessoires sind nur erlaubt, wenn man ihn sich schon mal erarbeitet hat.

(Foto: Café du Cycliste)

Für ihn: Das Mützchen

Das umgangssprachliche "Käppi" des urbanen Mannes war in den vergangenen Jahren ja eher nicht mehr das Baseballmodell, sondern dessen industrielle Variante: das Trucker-Cap. Mit seinem breiten Schild und der wuchtigen Frontpartie ließ es junge Männer etwas gefestigter wirken, sie wurden damit aber auch leicht mal optisch etwas kopflastig. Das kann mit einer Radlmütze nicht passieren. Diese klassische "Casquette", die schon vor mehr als 100 Jahren bei den Straßenradrennen zum Einsatz kam, ist ja vielleicht sogar die filigranste Form der sportlichen Kopfbedeckung. Mit ihrem schmalen Schild und der leichten Baumwollhaube trägt sie nicht auf und ist dabei trotzdem funktionell, zum Beispiel weil man sie auch unter einem Helm aufbehalten kann. Seit sich vor den Bars die Vintage-Rennräder stapeln und am Wochenende auch ganz normale Menschen mit ihren Gravel-Bikes mal eben 100 Kilometer vor dem Mittagessen abziehen, kann Radsport-Chic heute allgemein auf breite Zustimmung setzen - und hat es auch in die Sortimente der Luxuskaufhäuser geschafft. Dazu kommt wohl, dass man sich von den USA seit einiger Zeit gefühls- und einreisetechnisch etwas entfernt hat, auch deshalb liegt die europäisch-nostalgische Kappenvariante voll im Zeitgeist. Zwar kommt dieses Modell tatsächlich von einem Sportausstatter, dem hippen Radlabel "Café du Cycliste" (über matchesfashion.com), aber vermutlich werden die wenigsten Besitzer dann auch wissen, wer dieses Jahr den Giro gewonnen hat. Macht ja nichts, in diesem Fall ist kulturelle Aneignung sicher erlaubt.

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