Ladies & Gentlemen:Neue Jeans

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Immer da, immer anders. Die Jeansmode ist ein kompliziertes Durcheinander aus Revival, Hype und Irrtum. Zwei aktuelle Beispiele in der Stilkritik.

Von Julia Werner und Max Scharnigg

Für sie: Das Fassbein

Der lässigen Frau sind Trends bekanntlich so was von egal. Aber dann verliebt sie sich in eine todschicke Culotte-Hose, kann ohne sie auf gar keinen Fall leben, kauft sie. Und dann springt sie morgens doch wieder in ihre Jeans. Beneidenswert sind all jene, die sich 1997 für die Levi's 501 entschieden haben und sie bis heute tragen. Wer etwas durchzieht, liegt bekanntlich irgendwann wieder voll im Trend. Die Wahrheit ist aber, dass Jeanserfinder ihre Hosen, auch wenn sie jetzt wieder stark nach den Neunzigerjahren aussehen, weiterentwickelt und in Sachen Sitz stark verfeinert haben. In den neuen Bootleg-Jeans sehen Frauen deshalb einfach besser aus. Es gibt aber eine noch lohnendere Trendhose, nämlich die Balloon Jeans. Sie ist ein Hybrid aus Neunzigern (hohe Taille) und Achtzigern (weites Bein). An den Oberschenkeln ist sie sehr weit, und auch in Richtung Fessel wird sie nur unbedeutend enger, weswegen viele Hersteller das Modell auch "Barrel Leg", übersetzt Fassbein, nennen. Das hört sich nicht vorteilhaft an, ist es aber, weil es die Beine-Po-Gegend zu einem Rätsel macht, aber die Taille schmal erscheinen lässt. Und das, obwohl wir Feministinnen uns ja schon lange nicht mehr vorteilhaft kleiden! So eine Jeans ist sehr gemütlich und funktioniert mit Sandalen genauso gut wie mit schweren Boots. Dieses Modell von Totême Paris ist außerdem nicht extrem aufgeblasen, sondern deutet das Fass nur an. Das ist gut, denn Trends sind uns bekanntlich so was von egal.

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Für ihn: Das Schlotterbein

In den Neunzigerjahren war es noch allgemein üblich, dass man in spezielle Jeansgeschäfte ging, in denen immer eine Rockclassic-Compilation lief, um sich dort dann von resoluten älteren Damen sog. Bluejeans aus dem Regal holen zu lassen. Bei diesem Vorgang wurde immer viel Passform-Theater gemacht, dabei war die Auswahl an Schnitten und Farbtönen damals ja noch vergleichsweise übersichtlich. Das hat sich in den letzten zwanzig Jahren geändert, in denen die Jeans zwar immer gleich angesagt war, aber alle zwei Jahre komplett anders aussehen musste, mal so eng wie mit der Sprühpistole aufgetragen, mal so zerrissen wie von der Panzerfaust gestreift. Mittlerweile erleben wir eine Art Gleichzeitigkeit von sämtlichen jemals erlittenen Jeanstrends - was vermutlich einfach nur daran liegt, dass es allen ein bisschen egal ist und niemand mehr die Übersicht hat. Wenn Levi's nun also unter seinen Neuheiten auch dieses kolossale Modell führt, erschüttert einen das nicht über Gebühr. Die Stilmittel Oversized und Uglyness sind ja schon lange Eckpfeiler junger Streetwear-Mode. Und auch wenn es nicht ganz leicht fällt zu glauben, so wird in manchen Soziotopen ein Auftritt in dieser "Stay Loose"-Jeans mit Kellerfalte zu überwältigendem Erfolg bei den Umstehenden führen. Vage erinnert man sich, dass es derlei schon gab, wenn auch ohne Kellerfalten. Wann und wie genau, das würde man gerne die resoluten Damen in den Bluejeans-Boutiquen fragen, aber die sind irgendwie abhandengekommen.

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