Ladies & Gentlemen:Unten mit Gummi?

Lesezeit: 2 min

(Foto: Adidas, Matchesfashion)

Regenschuhe erleben diesen Herbst eine gewisse modische Aufmerksamkeit. Aber hat die wasserfeste Galosche wirklich eine Berechtigung in urbanen Outfits?

Von Max Scharnigg und Julia Werner

Für sie: Auf großen Sohlen

Spätsommer, das ist modisch gesehen der seltene Bliss Point: Die Sonne scheint, aber brennt nicht mehr, weswegen eitle Menschen obenrum Pulli oder leichten Mantel und untenrum Sandalen tragen können. Gibt nichts, was besser aussieht. In genau diesem Idealzustand fällt es natürlich schwer, sich über die Realität Gedanken zu machen, also die Tatsache, dass nasse Kühle vor der Tür steht. Gibt nichts, was sich schlimmer anfühlt als nasse Füße. Jede also sollte mindestens ein Paar Regenstiefel besitzen. Oder genauer gesagt: ein Paar wohlüberlegte Regenstiefeletten. Solche, die nicht alleine fürs Gartenumgraben gedacht sind (die braucht man ebenfalls), sondern auch bei den Hundespaziergängen gut aussehen, bei denen einem die eiskalte Plörre ins Gesicht peitscht. Denn in genau diesen Momenten des Lebens ist ein gewisser Selbstrespekt ja besonders wichtig, quasi als Selbstversicherung, dass eben nicht alles egal ist.

(Foto: Adidas)

Gut, dass Gummistiefeletten längst im Hipster-Mainstream angekommen sind! Selbst Adidas hat welche im Angebot: Das Design der Adifom Boots basiert lose auf einem Turnschuh-Klassiker, nämlich dem Adidas Superstar. Die gestreifte Gummikappe wurde hier einfach so stark aufgeblasen und mit dicker Sohle unterbaut, dass das wasserdichte Schuhwerk genau zwischen dem alltagspraktischen Normalo- und dem gerade in der Luft liegenden Comic-Figuren-Look liegt (wir berichteten). Ach so, die Hipster tragen so was auch, wenn es nicht regnet, zu T-Shirt und langem Rock - gleiche modische Bliss-Point-Einstellung wie oben, nur umgedreht.

Für ihn: Für kleine Pfützen

Superwichtige Frage zum Herbst: Können Männer wirklich Superkurzschaftgummistiefel tragen, wie sie hier etwa von Burberry aktuell vorgeschlagen werden? Die Antwort ist: Nein. Für Menschen, die nicht gerade auf den Färöer-Inseln oder inmitten von Salzwiesen leben, sind Gummistiefel schließlich Accessoires, die nur zu ausgewählten Anlässen und mit Kalkül angelegt werden. Etwa wenn es dezidiert aufs Land geht, zum Beispiel zur Wildfütterung oder um dem Kumpel mit seiner Jolle zu helfen. Oder wenn in der Stadt ein Fluss droht über die Ufer zu treten und deshalb das Outfit Spuren von Katastrophenschutz enthalten darf. Also, für derartige Zwecke besitzt der Mann von heute Gummistiefel, die dann aber bitte auch aussehen, als hätte man sie in Balmoral gekauft: groß, schaftig, mit Originaldreck.

(Foto: Matchesfashion)

Im Grunde ist es mit den Gummistiefeln also wie mit dem Land Rover Defender (altes Modell) in der Innenstadt: Der Besitzer möchte signalisieren, dass er neben dem urbanen eben auch noch ein zweites Leben hat, in dem es deutlich härter zugeht. Genau wie im Defender sehen Männer mit wadenengen Gummistiefeln übrigens auch immer unverhältnismäßig markig aus, eben weil dann dieser Anpackaspekt mitschwingt: Die gehen jetzt Sandsäcke füllen oder Störe besetzen! Solche knöchelhohen Gummischühchen hingegen wirken nur, als hätte man Angst vor den zwei kleinen Pfützen auf dem Weg zur Arbeit. Bei Frauen sind diese Schuhe irgendwie nordisch-keck, bei Männern nur keck. Und das ist ein Adjektiv, das, Genderdiskussion hin oder her, nicht zu Männern passt.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Ladies & Gentlemen
:Die Bier-Barbie und der Ibiza-Kutscher

Was trägt man im Käferzelt? Völlig egal, denn eine echte Tracht ist auf dem Oktoberfest sowieso nicht vorgesehen.

Von Max Scharnigg und Julia Werner

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: