Ladies & Gentlemen:Boing, boing!

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(Foto: Marni, Mschf x Crocs)

Sie sehen aus wie ein Witz aus einem Cartoon, werden aber von echten Menschen getragen: Der groteske Comic-Schuhtrend geht in die nächste Runde.

Von Max Scharnigg und Julia Werner

Für sie: Clown to go!

Dürfen wir vorstellen: Dies ist der Schuh der Saison. Ein 450 Dollar teurer Cartoon-Stiefel von Crocs, dessen Trägerin nicht nur einen Clown gefrühstückt hat. Die rote Version ohne Belüftungslöcher war schon Anfang des Sommers ein Hit unter einflussreichen Stilikonen wie zum Beispiel Lil Nas X, am 9. August kommt der tweetygelbe Nachfolger auf den Markt. Was ist da los? Springen die Fashion People wirklich über jedes Stöckchen? Ja, tun sie. Zum Glück, denn nur so kriegt man auch ohne tiefere Analyse sofort einen Eindruck von der Lage der Menschheit.

(Foto: Mschf x Crocs)

Im Fall des absolut wahnsinnigen Stiefels würde der französische Philosoph und Soziologe Jean Baudrillard sich 16 Jahre nach seinem Tod jetzt auf die eigene Schulter klopfen: Nach seiner Theorie lebt der Mensch zunehmend im Zeitalter der Simulation, kann immer weniger zwischen Zeichen und Wirklichkeit unterscheiden. Und dieser Klotz von Schuh, ja im Grunde die Mode der letzten Zeit, ist der beste Beweis dafür. Das Spiel mit der Simulation beherrscht schon seit Längerem die Laufstege, von Pullis, die gepixelt aussehen wie in einem Videospiel (Loewe), bis zu ballonartig aufgeblasenen Handtaschen. Was echt ist und was nicht, und wie man das Echte eigentlich definiert, das ist ja nun die Frage aller Fragen in Zeiten von KI-Angst und digitalen Identitäten, und alles, vom Ego bis zum Gesicht, lässt sich bekanntlich sehr gut aufblasen. "Wenn du jemanden in diesen Stiefeln kickst, macht es boing!" So schrieben es die Macher von MSCHF, der Kreativ-Community aus Brooklyn, die für diesen Comic-Coup verantwortlich zeichnet. Sieht ganz so aus, als hätten sie auch mal einen Tritt mit ihrem eigenen Stiefel verdient.

Für ihn: Ach du dickes Ende!

Mode ist etwas anderes als Stil, das sollte mit diesem Trend wieder einmal ziemlich deutlich werden. Als vor ein paar Monaten die ersten Grotesk-Schuhe über die sozialen Medien flackerten, Stiefel, die aussahen wie aus einem frühen Gameboy-Spiel genommen und auf Überlebensgröße aufgeblasen, war das ein absoluter Hingucker, scheinbar eine gelungene Persiflage. Aber wie so oft in den vergangenen Jahren blieb es nicht bei diesem einen Fashionmoment, sondern was gerade noch undenkbar zu sein schien, wurde tatsächlich zu einem handfesten Style, mit dem echte Menschen in der echten Welt herumliefen.

(Foto: Marni)

Diesen Herbst wandelt sich die dadaistische Fußmode endgültig vom einmaligen Statement zum dauerhaften Sortiment, wie diese Sneakers namens "Big Foot" belegen, die das italienische Label Marni jetzt stolz als "maximalistisches Design" beschreibt. Das kommt hin, es sieht jedenfalls aus, als habe man Hefeteig am Fuß, der noch ein bisschen aufgeht. Nun haben Männer ja mit klobigem Schuhwerk keine allzu großen Probleme: riesenhafte Filzpuschen, dicke Bergstiefel, ausgelatschte Skateschuhe - nur her damit, ein großer Mann braucht ein großes Fundament! Wahrscheinlich würde es also gar nicht so sehr auffallen, wenn ein Typ mit einer solchen künstlichen Verdickung am unteren Ende daherkommt, und zum Oversized-Outfit wäre so ein Abschluss ja irgendwie auch nur konsequent. Andererseits haben Männer tendenziell Probleme damit, sich selbst zur Witzfigur zu machen. Also, großer Auftritt gerne, aber vielleicht nicht um jeden Preis.

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