Haben & Sein:Wilde Paarungen

Lesezeit: 3 Min.

Brühl goes Lagerfeld. (Foto: Disney+)

Neues Jahr und viele neue Ideen: Brühl als Lagerfeld, Timberland bei Louis Vuitton, große Garderobe aus kleinen Resten und ganz junge Kochmesser einer ganz alten Firma.

Von Anne Goebel, Tanja Rest, Max Scharnigg und Silke Wichert

Vorab ein Gedankenspiel: Gesetzt, das Leben von Karl Lagerfeld würde Serienstoff, wer fiele einem als Darsteller ein? Schwierig! Lars Eidinger hätte schon mal das erforderliche Ego, wäre außerdem Deutscher und tritt gerne in der schwarzen Kastenjacke von Chanel auf. Joaquin Phoenix wäre angemessen wahnsinnig, wandlungsfähig und Biopic-erprobt (Johnny Cash, Joker, Napoleon). Baptiste Giabiconi auf der anderen Seite wäre gut aussehend genug (doch, doch, der frühe Karl war durchaus ein Hingucker), Fashion-affin, und er kannte Lagerfeld als dessen langjährige Supermuse so gut wie kaum ein anderer. Sicher, an den schauspielerischen Qualitäten müsste man arbeiten - aber nichts, was eine wohlmeinende Kamera und charismatische Ausleuchtung nicht richten könnten. Natürlich alles ganz falsch.

Für die tatsächliche Serie "Kaiser Karl" auf Disney+, die nach Senderangaben "bald" im Streaming verfügbar sein soll, bindet nämlich Daniel Brühl den Mozartzopf. Das ist, äh ... Wirklich? Hätte man, um die hochtrabende, pittoreske, im Kern hanseatische Karl-Figur darzustellen, einen noch bodenständigeren, netteren und spanischeren Deutschen finden können als diesen? Gibt es irgendjemanden, der als Schattenriss mit Zopf weniger nach Karl aussieht als Brühl auf dem vorab veröffentlichten Film-Still? Auf gar keinen Fall. Und eben drum darf man auf diese Performance gespannt sein. Die Serie setzt 1972 ein, zu einer Zeit also, als für Lagerfeld in Paris alles erst begann. Daniel Brühl wiederum hat längst bewiesen, dass ihm das große Publikum sogar den Niki Lauda abkauft. Ist doch schon mal eine Basis!

Beste Reste

Großstadttauglich: Die Entwürfe von Zaaz werden nachhaltig aus Stoffresten gefertigt. (Foto: Iveta Rysava/ZAAZ)

Scarlett O'Hara und ihre Südstaaten-Roben als Vorbild, das sieht man den Entwürfen von Zaaz so gar nicht an. Die Sachen des jungen Labels aus Berlin wirken sehr zeitgenössisch und sehr großstädtisch, grafische Muster, Leuchtfarben, eine Spur Sixties - passt ziemlich gut zu Prenzlauer Berg und nicht unbedingt zum Pomp der Filmromanze mit der willensstarken Heldin. Trotzdem nennen die beiden Gründerinnen den Klassiker gerne als Inspiration, weil darin aus einer Gardine notgedrungen (Sezessionskrieg!) ein Kleid geschneidert wird. Auch Ada Zuiderhoek und Zeynep Yücel setzen auf Wiederverwertung, aber natürlich geht es um das Zauberwort Nachhaltigkeit: Das Duo kauft ausschließlich Stoffrestposten auf, in den eigenen Werkstätten werden daraus Kaftane, schlichte Wollmäntel oder Zweiteiler im Krawattenmuster, sozusagen für die urbane Scarlett 2024. Und um den stofflichen Überschuss zusätzlich gering zu halten, wird nur auf Bestellung gefertigt ( zaazdesign.com).

Williams goes West

Im Westen immer mal wieder was Neues: Timberland Boots by Louis Vuitton by Pharrell Williams. (Foto: Louis Vuitton)

War die zweite Kollektion von Pharrell Williams für Louis Vuitton, die er gerade in Paris präsentierte, nun also "Yee-Haw!" oder nur so "na ja"? Darüber streitet das Netz noch, das Thema war nämlich Western (all inclusive), was bedeutet, dass wirklich alle Insignien des Genres modisch verbraten wurden, insbesondere aber auch schwarze Cowboys und Musik von der Gruppe Native Voices of Resistance zum Einsatz kamen. Irre überraschend kommt der Trip natürlich nicht. Es gibt schon länger eine Bewegung, das durchweg weiße Hollywood-Narrativ zu korrigieren, zuletzt auch von der silbernen Cowboyhut tragenden Beyoncé. Das bietet sich für die selbsternannte "Cultural Brand" Louis Vuitton als Sujet natürlich an. Außerdem sind Cowboyhüte, Boots und Fransen immer ein beliebtes Motiv in der Mode - das allerdings Marken wie Ralph Lauren oder Raf Simons für Calvin Klein 2016 weitgehend abgegrast haben. Deshalb wirkt die Kollektion jetzt fast wie doppelte "cultural appropriation", wobei Williams lieber von "cultural appreciation" spricht.

Was sich in jedem Fall glänzend verkaufen dürfte, sind die Louis Vuitton x Timberland Boots. Der präriegelbe Klassiker feiert pünktlich zum 50-jährigen Bestehen sowieso gerade ein großes Comeback, die Williams-Version dürfte der Bestseller im kommenden Herbst werden. Das Louis-Vuitton-Monogramm ist nämlich, soweit man das bei einer Preview auf Instagram sehen konnte, nur äußerst diskret auf der Innenseite der Zunge und auf der Sohle angebracht. Wenn das mal nicht nach einem neuen Trend schreit: "Hidden Luxury" statt "Quiet Luxury" ( timberland.de).

Starkes Finnisch

Frisch: Messer und Makrelen (Foto: Fiskars)

Die finnische Marke Fiskars wird allen Menschen ein Begriff sein, die sich gelegentlich im Baumarkt aufhalten oder Wert auf schönes Küchenzubehör legen. Weniger bekannt dürfte sein, dass sie dieses Jahr ihren 375. Geburtstag feiert und damit zu den ältesten Unternehmen Europas gehört. 1649 als Eisenhütte am Fluss Fiskars gegründet, ist die Marke heute vor allem für ihre formschön-funktionalen Designs bei Gebrauchsgeräten in Haus und Garten bekannt. Das Jubiläumsjahr beginnt bei Fiskars dann auch wieder gleich mit einer Designoffensive: Die semiprofessionelle neue Küchenserie "Taiten" (finnisch für: gekonnt) beinhaltet hochwertige Pfannen und Töpfe aus recyceltem Aluminium und in angenehm geradliniger Profiküchenoptik. Die dazugehörige Messerserie fällt mit ihren aufwendigen Stahlgriffen auf, deren 3D-Struktur an Fischhaut erinnert. Außerdem wurden für die Messer Klingen aus Titan verwendet, was sie zu ultraleichten und langlebigen Arbeitsgeräten machen soll. Preise für die Messer ab 90 Euro.

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