Designer Michalsky über die Fashion Week:"Mehr Mut zur Inszenierung"

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Michael Michalsky (48) ist wieder da - und will sich mit einer Couture-Linie gegen den Ausverkauf der Mode durch schnelle und billige Ketten positionieren. (Foto: Jens Kalaene/dpa)

Mit seiner "StyleNite" wird traditionell die Fashion Week Berlin abgeschlossen - doch im Januar sagte der Berliner Designer Michael Michalsky seine Promi- und Glamour-Party ab. Jetzt ist er wieder da - allerdings in kleinerem Rahmen. Prompt war in Berlin von einer "Pleite" die Rede.
Doch davon will der gebürtige Göttinger, der seine Karriere bei Levi's startete, Adidas den Retro-Look verpasste und nach MCM auch für Tschibo designte, nichts wissen. Er arbeite erfolgreich an seinem "kleinen Imperium", verrät er im Interview - und will sich am Freitag mit einem neuen Label gegen den Ausverkauf von Mode durch Billig-Ketten positionieren.
"Die Mode ist tot", hat er kürzlich verkündet. Und meinte damit die sich stark verändernde Modebranche: Schon wenige Woche nach den Fashion-Weeks hängen Lookalikes der Designer-Entwürfe bei den Ketten im Laden - kaum noch davon zu unterscheiden, aber zu einem Bruchteil des Preises. Als Designer müsse man sich deshalb neu aufstellen.

Von Ruth Schneeberger, Berlin

SZ: Herr Michalsky, Sie haben kürzlich gesagt, die Mode sei tot. Suchen Sie sich jetzt einen neuen Job?

Michael Michalsky: Ach nö. Ich arbeite lieber an der Wiederauferstehung. Mode ist immer noch mein Leben ...

Was gibt es am Freitag auf der Fashion Week von Ihnen zu sehen?

Meine erste "Atelier Michalsky"- Kollektion. Eine Couture-Linie, mit der ich auf die massiven Marktveränderungen in der Modebranche antworte. Ich möchte, dass Mode langlebiger und hochwertiger wird, ich möchte Lieblingsstücke kreieren und nicht Wegwerfprodukte.

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Sie haben im Januar auf Ihre StyleNite verzichtet, mit der die Fashion Week Berlin seit Jahren quasi endete. Was war los?

Durch mein Engagement für ein Waisenkinder-Dorf in Tansania war ich nah an der Ebola-Epidemie. Da habe ich spontan entschieden, das Geld an "Ärzte ohne Grenzen" zu spenden. Die Fashion Week ist für einen Designer wichtig, aber nicht immer sollten wir uns in den Mittelpunkt stellen.

Soll es denn jetzt wieder glamourös werden?

Entsprechend der Positionierung der Couture-Linie wird auch die Show exklusiver und intimer. Nicht mehr 1500 Gäste, nicht mehr in einem großen Konzertsaal, wo Weltstars singen. Sondern passend zur Mode im Berliner Grandhotel Ritz-Carlton. Livemusik gibt es trotzdem - und eine Kunst-Installation.

Man hört von einem 3-D-Drucker für die Gäste? Ist das noch ein Grund, warum Sie als Designer nachdenklich werden? Weil sich in Zukunft sowieso jeder seine Wunschkleider selbst ausdrucken können wird?

Diese Technologie ist sensationell. Als die Erfinder mir das gezeigt haben, war ich sofort begeistert und habe den 3-D-Drucker für die Fashion-Week gemietet. Ich möchte den Gästen diese neuen Möglichkeiten live zeigen. Angst vor der Technik habe ich nicht. Im Gegenteil. Vielleicht kann sich in Zukunft jeder sein Kleid selbst ausdrucken - aber designen kann er es trotzdem nicht selbst.

Was ist dran an den Gerüchten um Ihre angebliche Pleite?

Nichts. Neider? Solche Stories amüsieren mich.

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Von Ruth Schneeberger, Berlin

Ihnen wurde immer wieder mal vorgeworfen, Sie seien nicht abgehoben genug für die Modewelt. Ist Ihr neues Label "Atelier Michalsky" Ihre Antwort darauf?

Ehrlich? Ich habe das auch schon anders herum gehört. Es kommt wohl immer auf den Blickwinkel an. Prinzipiell mache ich, was ich für meine Mode und meine Firma für richtig halte. Andere Meinungen halten da nur auf.

Was macht die Fashion Week Berlin im Vergleich zu anderen Modewochen in anderen Städten aus - und wie wichtig ist sie, und für wen?

Für den deutschen Markt, der einer der größten Modemärkte der Welt ist, spielt die Fashion Week in Berlin eine entscheidende Rolle. Hier zeigen die lokalen Designer ihre neuen Entwürfe. Die Modewoche ist eine Erfolgsgeschichte. Darüber bin ich sehr froh. Dass von außen so viel darüber gejammert wird, Berlin könne sich nicht mit den anderen Fashion Weeks messen, halte ich für falsch.

Sie haben mal in einem Interview mit der SZ gesagt, Sie seien sich bewusst darüber, dass Sie in der unwichtigsten Industrie der Welt arbeiten. Viele Leute auf der Fashion Week scheinen das anders zu sehen. Wie erklären Sie sich diesen Widerspruch?

Ich meinte das in Bezug zu anderen, viel lebenswichtigeren Themen. Wenn jemand nicht weiß, wie er seine Miete bezahlen soll, dann wird Mode ganz unwichtig. Für Menschen, die in der Modeindustrie ihr Geld verdienen, ist sie natürlich wichtig. Aber was auf der Fashion-Week erzählt wird, ist kein Maßstab. Modewochen sind Marketingveranstaltungen. Es geht ums Präsentieren von neuen Produkten. Ganz normal, dass alle Ihre eigene Arbeit loben und für die beste halten.

Was empfehlen Sie modebewussten Männern und Frauen für die kommende Saison?

Helle Farben, Leichtigkeit und ein bisschen mehr Mut zur Inszenierung.

Gibt es - bei aller Toleranz - für einen Ästheten ein absolutes No-Go in Sachen Kleidung bei großer Hitze?

Hautfarbene Strumpfhosen. Ganz furchtbar.

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