Kolumne: Gewusst wie:Pflanzen bewässern im Urlaub

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Viele Pflanzen auf dem Balkon brauchen eine spezielle Bewässerung. (Foto: Gaby Wojciech/imago images/Westend61)

Einmal den Gartencomputer programmieren und dann fließt es automatisch? So einfach geht es nicht. Welche Tricks helfen, damit die Balkontomaten nicht welken.

Von Joachim Becker

Auf dem Balkon in der Sonne sitzen, den Kaffeesatz aus dem Espresso-Kännchen im Blumenkasten verteilen und gemütlich auf die Blüte oder Ernte warten. So stellen sich manche zeitgemäßes Gärtnern vor. Ein wenig Gutes tun und viel darüber reden: "Mit Urban Gardening (ein bisschen) die Welt retten", lautet etwa das Motto von Anna Meinckes Ratgeber "Stadtgemüse" für die Generation Z. Man müsse nicht auf ein unterhaltsames Nachtleben und ein vielfältiges Jobangebot in der Stadt verzichten, um Spaß im Grünen zu haben.

Das gab es so ähnlich schon vor 100 Jahren: Die große Parzelle neben dem Garten der Großmutter gehörte einem Uhrmacher. Als Ausgleich zu seiner Arbeit mit Pinzette und Lupe jätete er abends Unkraut zwischen seinen selbstgezogenen Karotten und Kartoffeln. Frisches Gemüse fußläufig aus dem Garten am Rande der Altstadt - diese Form der Selbstversorgung war damals nichts Ungewöhnliches. Der Juwelier als Nutzgärtner wäre allerdings nie im Leben auf die Idee gekommen, mitten in der Gartensaison zu verreisen.

Heute ist so manches anders. Die "essbare Stadt" findet vielerorts aufgrund der horrenden Grundstückspreise im Balkonkasten und auf scheinbar unbrauchbaren (Dach-)Flächen statt. Solche abgehobenen Orte ohne natürlichen Bodenkontakt müssen jedoch präzise be- und entwässert werden, sonst verwandelt sich der Kleingarten in eine Steppe oder Sumpflandschaft.

Schön sieht das Geschlängel von Schläuchen auf dem Balkon nicht aus

Wer ganz schlau ist, überlässt das Blumengießen einem batteriebetriebenen Gartencomputer. Einmal programmieren, dann wird der Wasserfluss automatisch getaktet, auch wenn man dem Jetset-Leben frönt. Doch mal abgesehen davon, dass die wenigsten Menschen einen Außenwasserhahn am Balkon haben: Wer mit dem schwierig ablesbaren Computer, mit Klick-Anschlüssen, Druckminderer, Sprüh-Auslässen sowie Zu- und Tropfleitungen ein stabiles Netzwerk über mehrere Etagen von Töpfen und Balkonkästen installieren kann, wäre mit seinen feinmechanischen Fähigkeiten auch als Uhrmacher bestimmt nicht schlecht.

Wirklich schön sieht dieses Geschlängel von Schläuchen auf dem Balkon nicht aus, aber es hilft nichts: Das Bewässerungssystem muss sich im Probebetrieb mehrere Tage vor dem Urlaub sicher bewähren. Am besten lädt man trotzdem einen lieben Nachbarn zu regelmäßigen Kontrollgängen ein, denn irgendwo in diesem bunten Baukasten mit seinen vielen Kontaktstellen geht erfahrungsgemäß immer etwas schief oder ab. Darüber steht in Anna Meinckes Buch recht wenig.

Man kann die Komplexität nach Belieben steigern, indem man eine Regentonne mit Wasserpumpe sowie Feuchte-Sensoren in das System einbindet. Denn der Wasserbedarf kann je nach Regenlage, Balkonausrichtung und Bepflanzung extrem stark schwanken. Aber mal ehrlich, wer Nutzpflanzen mit hohem Wasserbedarf über mehrere Tage oder sogar Wochen ihrem automatisierten Schicksal überlässt, muss entweder Gartenprofi oder Berufsoptimist sein.

Für ein paar Tage lässt sich ein Balkon auch ganz simpel bewässern: Mit Tropfaufsätzen für Wasserflaschen, die kopfüber ins Beet gerammt werden; oder mit einem einfachen Tonkegel am Tropfschlauch, der sich über die Kapillarkräfte aus einem Wassereimer bedient. Dafür sollten die Pflanzen allerdings im Schatten auf gleicher Ebene neben den Eimern auf einem wasserfesten Untergrund stehen. Denn Wasserflecken auf dem Holzregal- oder -boden sind noch schlimmer als verwelkte Balkontomaten.

Der Autor hatte eigentlich gar keine Zeit, diese Kolumne zu schreiben: Er wurde (wie alle anderen) vom Frühling überrascht. (Foto: Bernd Schifferdecker (Illustration))
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