Zweite Liga:Genuss mit Verspätung

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Nürnberger Feiergesellschaft: Die Franken freuen sich mit Johannes Geis (Mitte) über dessen traumhaftes Freistoßtor zum vorentscheidenden 3:0. (Foto: Daniel Marr/imago)

Nach fader Anfangsphase schlägt der 1. FC Nürnberg Heidenheim klar mit 4:0. Erneut geht die Defensive so konzentriert und kompromisslos zu Werke, dass der Gegner kaum zu Abschlüssen kommt.

Von Stefan Galler, Nürnberg/München

Die Zweitliga-Anstoßzeiten sind nicht unbedingt kompatibel mit Samstagsaktivitäten. Der Großeinkauf im Supermarkt mag sich noch ausgehen vor 13.30 Uhr, doch Baumarkt, Stadtbummel oder Besuch bei den Großeltern - da wird es schon eng. All jene Fans des 1. FC Nürnberg, die am Samstag aus welchen Gründen auch immer zu spät ins Max-Morlock-Stadion kamen, haben trotzdem alles richtig gemacht: Sie verpassten wenig, weil die Anfangsphase der Partie gegen den 1. FC Heidenheim gähnend langweilig war und die feierwürdigen Vorgänge rund um den Club erst von 14.10 Uhr an stattfanden.

Dann allerdings war der Unterhaltungsfaktor hoch, denn die Franken versohlten die Gäste von der Schwäbischen Alb ganz ordentlich, gewannen mit 4:0 (1:0) und bleiben damit ungeschlagen. Trainer Robert Klauß konnte seine hervorragende Laune nach dem Spiel nicht verhehlen, er werde den ein oder anderen Blick auf die Tabelle wagen, sagte er, schließlich rückte der FCN durch den Erfolg vorübergehend auf den zweiten Platz vor (bereits am Samstagabend zog Schalke wieder vorbei). "Wir sind sehr glücklich über den Heimsieg, besonders darüber, dass wir die letzten zehn Minuten mal genießen konnten mit unseren Zuschauern im Rücken", sagte Klauß.

Das Spektakel begann kurz vor der Pause, bis dahin hatten die Defensivreihen das Geschehen fest im Griff. Nach zwei Torannäherungen durch Heidenheims Stefan Schimmer (40.) und Nürnbergs Erik Shuranov (41.) schlug der herausragende Lino Tempelmann eine Flanke von der rechten Seite in den Rückraum der FCH-Abwehr, wo sich der Däne Mats Möller Daehli herangeschlichen hatte und die Kugel direkt im Netz versenkte (45.). Um ein Haar hätten die Gäste im direkten Gegenzug ausgeglichen, doch Club-Keeper Christian Mathenia parierte den Versuch von Tim Kleindienst.

Mitentscheidend ist, dass Torwart Mathenia unmittelbar vor der Pause das 1:1 verhindert

Eine entscheidende Szene, das stellten nach dem Spiel viele der Beteiligten fest: "Mathenia hat uns kurz vor der Pause das 1:0 gehalten. Dann gewinnt man so ein Spiel 4:0", sagte etwa FCN-Mittelfeldspieler Johannes Geis. Und auch Coach Klauß erwähnte die Situation bei seiner Analyse: In der Endphase der ersten Hälfte habe sein Team "das Momentum auf unserer Seite" gehabt, "auf der anderer Seite hält Chris Mathenia hervorragend".

Mit der Euphorie der Pausenführung starteten die Gastgeber in den zweiten Durchgang, einen Ballverlust der Heidenheimer nutzte Tempelmann zum perfekten Konter, sein Zuspiel vollendete Shuranov zu einem künstlerisch besonders wertvollen Abschluss in den rechten oberen Torwinkel - 2:0 (52.). Der 19-jährige Shuranov sei in der Halbzeit "ein wenig verzweifelt" gewesen, verriet FCN-Kapitän Enrico Valentini hernach: "Wir haben ihm gesagt, dass er geduldig bleiben muss, dass er seine Chance noch bekommt. Und die kam dann auch."

Jetzt kommt der HSV zum Pokalspiel. "Die wissen, dass sie gegen ein Brett spielen müssen", sagt Valentini

Gerade Valentini hatte in der ersten Halbzeit mit einer Abwehraktion am eigenen Sechzehner, die das Prädikat "Monstergrätsche" verdiente, eindrucksvoll gezeigt, was den Club derzeit ausmacht: Er agiert defensiv so konzentriert und exakt, dass dem Gegner ein Torerfolg beinahe unmöglich gemacht wird. Und wenn dann doch mal ein Gegner aussichtsreich zum Abschluss kommt, packt entweder Keeper Mathenia zu, oder es steht die Torumrandung im Weg wie beim Kopfball von Heidenheims Kleindienst an den Pfosten (63.). Dass der Club einen richtigen Lauf hat, bewies dann drei Minuten später Geis, der einen Freistoß aus 20 Metern über die Mauer ins Tor zirkelte - die Entscheidung. Den Schlusspunkt setzten die Heidenheimer selbst mit einem Eigentor von Maurice Malone (89.).

Kein Wunder, dass die Stimmung hernach nahe dem Siedepunkt war: "Alles in allem hat es sich sehr gut angefühlt", sagte Valentini, der aber auch ein bisschen bremste: "Wir ordnen das richtig ein. Wir wissen ganz genau, dass nicht alles perfekt war." Die nächste Gelegenheit, es noch besser zu machen, ist bereits am Dienstag im DFB-Pokal gegen den Hamburger SV. "Der HSV ist schon stark, aber die wissen auch, dass sie zu uns kommen und gegen ein Brett spielen müssen", so Valentini. Könnte sein, dass pünktliches Erscheinen dann ratsam ist, das Spiel beginnt um 20.45 Uhr.

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