Finale in Kairo, Endspiel am Nil. Solche Sätze haben zurzeit Brisanz, an Fußball denkt dabei erst mal niemand. Politische Unruhen halten das Land in Atem, in Ägyptens aufgewühlte Hauptstadt reist eigentlich nur, wer es nicht umgehen kann. Auch der Fußball, der sich in politischen Fragen gern einen Sonderstatus anmaßt, hielt es zuletzt so. Landesmeister Al Ahly trug seine Spiele der afrikanischen Champions League sicherheitshalber fernab in El Gouna aus, am Roten Meer.
Nun fallen Entscheidungen, Ägyptens Funktionäre zwingen die Kicker in die Kapitale - und damit auch die gegnerischen Teams, obwohl sich diese zu Tode fürchten. Wie die Kicker aus Ghana, die vor der fast sicheren WM-Qualifikation nun noch das Playoff-Rückspiel in Kairo vor sich haben.
"Die Spieler haben Todesangst", lässt Ghanas Verbandschef Kwesi Nyantakyi mitteilen. Er hat alles versucht beim Weltverband Fifa, um die Partie auf neutrales oder weniger heißes Terrain zu verlegen. Auch El Gouna wäre recht gewesen. Doch Ägyptens Herrscher wollen die Westafrikaner ins brodelnde Kairo holen, und die Fifa ließ sich durch kein Bittgesuch erweichen. Nun sitzen Ghanas Kicker im Trainingslager im marokkanischen Casablanca und zittern ihrem Auftritt an diesem Dienstag entgegen. Nyantakyi schäumt.
Das Verbandsquartier soll in Schutt und Asche liegen
Auch den Afrika-Verband Caf hatte er eingeschaltet, doch die internationalen Föderationen ziehen den bequemen Weg vor: Ägyptens Verband EFA habe zugesichert, dass für die Sicherheit der Gäste garantiert werde. Wobei sich Nyantakyi fragt, wer das eigentlich sein könnte, der ägyptische Verband. Im Zuge der Unruhen ist auch der aufgelöst worden, Fußball ist am Nil seit jeher ein hochpolitisches Thema; die wichtigsten Klubs sind Polizei- und Militär zuzuordnen. Und was die Sicherheitsgarantie angeht, haben es die - wo auch immer verbliebenen - Funktionäre nicht einmal geschafft, ihr eigenes Verbandsquartier zu schützen: Vor Wochen sei das EFA-Gebäude in Schutt und Asche gelegt worden, erfuhren die Ghanaer zu ihrem Entsetzen.
Trotzdem müssen sie hin. Am Dienstag steht das Rückspiel an, nachdem das Team von Sportdirektor Abedi Pele die erste Partie in Accra mit 6:1 gewonnen hatte. Selbst ein 0:4 würde also noch das WM-Ticket sichern. Nyantakyi schätzt das Risiko als besonders hoch ein, weil das demütigende Hinspiel-Resultat die Stimmung anheizen könnte. Regimegegner in Kairo hatten das 1:6 bereits mit Ägyptens Miltitärniederlage gegen Israel im Sechstage-Krieg 1967 verglichen.
Nun feiert am Spieltag auch noch Abdel Fattah Al-Sisi Geburtstag; der General ist der starke Mann am Nil, viele drängen ihn zur Präsidentschafts-Kandidatur, sein Konterfei prangt überall. Ghanas Verdacht erscheint nicht ganz abwegig, dass Ägytens Fußball am Dienstag eine Art Sportwunder von Kairo plant.