WM-Qualifikation:Mit Team zwei nach Israel

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Jahrelang der Kapitän: Robin Benzing, heute bei Atlético Peñarol, kommt auf mehr Länderspiele als Dirk Nowitzki. (Foto: Eigner/Imago)

Basketball-Bundestrainer Gordon Herbert muss an diesem Freitag in Tel Aviv und am Montag in Heidelberg erneut auf seine besten Spieler verzichten. Um weiter aussichtsreich im Rennen zu bleiben, sollte mindestens ein Sieg gelingen.

Von Ralf Tögel, Tel Aviv/München

Gordon Herbert hat Spaß an seinem neuen Job. Das jedenfalls gibt der Basketball-Bundestrainer, der das Amt im vergangenen September von Henrik Rödl übernommen hat, immer wieder zu Protokoll - obwohl er sicher ein paar Gründe für eine gewisse Unzufriedenheit finden könnte. Der Trainerberuf ist bekanntlich wie kaum ein zweiter von Erfolgen abhängig, so gesehen ging der Start des 63-jährigen Kanadiers daneben. Das erste Spiel in seiner Verantwortung wurde nämlich gegen die Esten verloren, in eigener Halle darüber hinaus. Estland, da tritt man der kleinen Republik am finnischen Meerbusen nicht zu nahe, zählt nicht zu den Basketball-Großmächten in Europa. Aber Herbert gelang in dieser Qualifikation zur Weltmeisterschaft 2023 in Indonesien, Japan und den Philippinen nur drei Tage später mit dem Erfolg in Polen die Rehabilitation - dieses Mal bei einem Gegner, der deutlich höher eingeschätzt wurde. Fachleute hatten die Ergebnisse genau umgekehrt erwartet, dank des 72:69 von Lublin ist der Schaden jedenfalls überschaubar. Zudem kann Herbert mildernde Umstände für sich proklamieren, denn er muss "die Qualifikation praktisch mit drei Mannschaften spielen", wie Armin Andres erklärt.

Andres ist Vizepräsident des Deutschen Basketball Bunds (DBB) und zuständig für den Leistungssport, also der direkte Vorgesetzte von Herbert. Und er meint mit seiner Aussage eine Besonderheit, die es in dieser Ausprägung nur im Basketball gibt. Herbert muss das Ticket für die WM nämlich ohne seine besten Spieler lösen, denn die sind bei Vereinen angestellt, die in der nordamerikanischen NBA oder der Euroleague engagiert sind. Weil die beiden Eliteligen aber während ihres Spielbetriebs keinerlei Rücksicht auf irgendwelche Qualifikationen nehmen, sind die besten deutschen Profis in der Regel unabkömmlich. Auch an diesem Freitag, wenn Deutschland zum dritten WM-Qualifikationsspiel in Israel (13.30 Uhr) antritt, wird kein deutscher Euroleague- oder NBA-Spieler mit von der Partie sein. Und Israel ist der schwerste Gegner in dieser Vierer-Gruppe D, was Siege gegen Polen und in Estland bewiesen haben.

Der Bundestrainer wird also eine nur unwesentlich veränderte Formation in Tel Aviv zur Verfügung haben, was immerhin den Vorteil "einer guten Kontinuität" berge, wie er sagt. Fehlen werden die verletzten Karim Jallow (Ulm), Bennet Hundt (Oldenburg) und Len Schoormann (Frankfurt), weshalb Herbert Max DiLeo und Robin Christen von den Hamburg Towers nach Israel mitgenommen hat. Die werden zusammen mit Teamkollege Justus Hollatz die größte Abordnung eines Bundesligisten bilden, angeführt wird die junge Auswahl einmal mehr von den beiden Routiniers Robin Benzing (Fortitudo Bologna, 163 Länderspiele) und Bastian Doreth (Bayreuth, 92).

Im Rückspiel am Montag werden in den Berlinern Maodo Lo und Johannes Thiemann sowie Münchens Andreas Obst drei Euroleague-Spieler mitwirken

Für das Rückspiel am Montag in Heidelberg darf Herbert indes Verstärkung von den beiden deutschen Euroleague-Vertretern Alba Berlin und Bayern München erwarten: Die Berliner Maodo Lo und Johannes Thiemann sowie der Münchner Andreas Obst haben ihr Mitwirken zugesagt. Spielmacher Lo befindet sich derzeit in prächtiger Form, Thiemann bringt viel Wucht unter den Korb und Obst ist ein präziser Distanzschütze. Das wäre dann die zweite Mannschaft von jenen drei, die DBB-Vize Andres angesprochen hat, denn die drei Akteure gilt es in ein bestehendes Kollektiv einzufügen, das sich seit Sonntag in Frankfurt auf die Israel-Spiele vorbereitet hat.

Die dritte Mannschaft ist in der nächsten Qualifikationsrunde Ende Juni zu erwarten, wenn NBA und Euroleague ihren Spielbetrieb beendet haben. Die NBA-Hochkaräter wie Dennis Schröder, die Wagner-Brüder Franz und Moritz, Daniel Theiß oder Maxi Kleber werden dann das Gesicht der Mannschaft prägen, auch die Euroleague-Akteure Johannes Voigtmann (Moskau) und Danilo Barthel (Istanbul) dürften wieder eine Rolle spielen. Bis dahin aber müssen die Bundesliga-Profis den Grundstein für eine WM-Teilnahme legen. Zwar kommen drei der vier Teams in jeder Gruppe weiter, aber die Punkte werden mitgenommen, und die zweite Phase hält deutlich stärkere Gegner bereit: Mit drei Teams der Gruppe C, in der Europameister Slowenien, Kroatien, Finnland und Schweden spielen, wird wieder ein Sechser-Tableau gebildet, nur die besten Drei dürfen zur WM fliegen.

Um dann noch aussichtsreich im Rennen zu liegen, sollte "mindestens ein Sieg" gegen Israel gelingen, mahnt DBB-Vize Andres an. Zumal der Gegner mit denselben Problemen zu kämpfen hat: Die Euroleague spielt Donnerstag und Freitag, somit sind Spieler von international engagierten Teams im ersten Vergleich ebenfalls unabkömmlich. So muss auch der israelische Trainer Guy Goodes auf wenig bekannte Akteure setzen, den bisherigen Topscorer Gal Mekel, der bereits in der NBA für Dallas gespielt hat, mal ausgenommen. Für das Spiel am Montag kann aber auch Goodes mit Verstärkung rechnen: Neben den Spielern von Meister Tel Aviv wird auch der Berliner Tamir Blatt nach Heidelberg reisen.

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