WM-Aus für Paolo Guerrero:"Es ist ein riesiges Komplott"

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  • Der Peruaner Paolo Guerrero verpasst die Fußball-WM, weil seine Dopingsperre vor dem Sportgerichtshof auf 14 Monate erhöht wird.
  • Seine Familie wittert eine Verschwörung - und gibt Claudio Pizarro öffentlich die Schuld.
  • Guerreros Mutter klagt: "Das ist alles von langer Hand vorbereitet."

Von Javier Cáceres

Die Nachricht tauchte kurz vor der Mittagszeit auf, als sich die Spieler der peruanischen Nationalmannschaft in Lima, die schon für die Vorbereitung der Fußball-Weltmeisterschaft in Russland zur Verfügung stehen, auf dem Rasen zum Training zusammengefunden hatte. Der frühere Internationale Juan Carlos Oblitas, mittlerweile Manager des Nationalteams, lief zum Trainer Ricardo Gareca und überbrachte ihm die Kunde, die aus dem schweizerischen Lausanne übermittelt worden war: Paolo Guerrero, Kapitän und Mittelstürmer des peruanischen Teams, wird bei der WM nicht dabei sein dürfen. Der Sportgerichtshof (Cas) in Lausanne gab einem Antrag der Weltantidopingagentur (Wada) statt, die gerade abgelaufene, halbjährige Dopingsperre für Guerrero zu erhöhen, auf 14 Monate. Wie schwer das zu verdauen war, ließ sich auf dem Rasen bestens beobachten: Gareca brach das Training ab.

"¡Vamos Perú!", titelte trotzig die Zeitung La República am Dienstag und geißelte die Sperre für den treffsichersten Peruaner als "Ungerechtigkeit". Nur: Der Befund bei Guerrero war eindeutig. Nach dem WM-Qualifikationsspiel in Argentinien (0:0) im Oktober 2017 war in seinem Körper Benzoylecgonin nachgewiesen worden - ein Abbauprodukt von Koka und Derivaten wie Kokain.

So hanebüchen das auch klang: Pizarro brachte sich sofort ins Spiel

Guerrero, 34, habe zwar darlegen können, dass der Befund durch die Einnahme eines Tees verursacht wurde. Er habe "nicht versucht, seine Leistung durch die Einnahme der verbotenen Substanz zu steigern", schreibt der Cas. Aber: Sie war in seinem Körper, er habe fahrlässig gehandelt, daher die Strafe. Der frühere Bayern- und HSV-Profi beteuerte in einem Video, nie Drogen genommen zu haben. Ihm sei eine "schamlose Ungerechtigkeit" widerfahren, "mein Traum von der WM und vielleicht meine Karriere sind mir geklaut worden".

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Peru hatte sich durch Guerreros Tore erstmals seit Spanien 1982 für eine WM qualifizieren können, Peru trifft in der Gruppe C auf Dänemark, Frankreich und Australien. Am Wochenende hatte sich Guerrero nach dem Ablauf der sechsmonatigen Sperre (die nun auf die 14 Monate angerechnet wird) mit einem Tor für seinen Klub Flamengo Rio de Janeiro zurückgemeldet. Die Hoffnungen, die Peru verspürte, schlugen in Schock und Verzweiflung um. Bildungsminister Daniel Alfaro bedauerte namens der Regierung "die Abwesenheit unseres großartigen Stürmers"; auf der Plaza de Armas in Lima kam es zu einer spontanen, kleinen Demo für Guerrero. Doch kein Zorn war so heftig wie jener von "Doña Peta", wie Guerreros Mutter Petronila Gonzales genannt wird. Sie verarbeitete die Affäre sofort zur Seifenoper weiter.

"Mein Sohn ist am Boden zerstört. Man hat ihm die Beine abgehackt, weil da andere Interessen im Spiel sind", klagte sie im TV-Sender RPP. Die Schuld habe "Claudio Pizarro, ich bin doch nicht blöd", fügte sie hinzu. Der zuletzt für den 1. FC Köln aktive Stürmer habe Guerrero seit gemeinsamen Zeiten beim FC Bayern gemobbt: "Das ist alles von langer Hand vorbereitet. Es ist ein riesiges Komplott", schluchzte Doña Peta.

So hanebüchen das auch klang: Pizarro brachte sich sofort ins Spiel. "Egal, was passiert, egal, wie weit das Ziel, das du angepeilt hast, entfernt zu sein scheint, verliere niemals den Glauben, dass du es schaffen wirst", schrieb Pizarro. Medienberichten zufolge wurde Pizarro aber von Gareca nicht im vorläufigen Kader berücksichtigt, aus dem am 4. Juni der endgültige Kader hervorgehen soll. Dabei spielten sportliche Gründe eine Rolle; zudem ist Pizarro in Peru umstritten und offenbar im Team eher mäßig gelitten.

Für Gareca ist die Absenz Guerreros mehr als ein Problem: eine Katastrophe. Peru hat keinen vergleichbaren Stürmer. Gareca ist so verzweifelt, dass er einen Verteidiger umschult: Anderson Santamaría, 26, vom FC Puebla (Mexico). Zuletzt hatte er 2015 bei CD León de Huánuco als Angreifer gespielt - und nach eigenen Angaben auch mehrere Tore geschossen.

© SZ vom 16.05.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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