WM-Affäre des DFB:Beckenbauer: "Wir sind permanent an Grenzen gegangen"

Lesezeit: 3 min

Franz Beckenbauer. (Foto: dpa)
  • Franz Beckenbauer, der frühere Chef des WM-Organisationskomitees, verteidigt das Vorgehen rund um die WM-Vergabe 2006.
  • Und will nicht ausschließen, dass weitere Papiere ans Licht kommen, die er zwar unterschrieben habe, von denen er aber nichts wisse.
  • "Wenn man das SZ-Interview liest, dann gibt es nichts mehr hinzuzufügen." Hier geht's zum Interview bei SZ Plus.

Der im Zuge der Affäre um die WM-Bewerbung 2006 unter Beschuss geratene Franz Beckenbauer hat erneut sein damaliges Handeln verteidigt. "Wir haben nichts Schlechtes getan", sagte der einstige OK-Chef im Interview mit dem Fernsehsender Sky.

Auf die Frage, ob man im Kampf um die WM-Ausrichtung Grenzen überschritten habe, sagte der 70-Jährige vieldeutig: "Was sind Grenzen? Es gab damals noch keine Ethikkommission, damals hat man die Mitglieder des Exekutivkomitees direkt kontaktiert. Wir sind permanent an die Grenzen gegangen. Es war eine andere Zeit, es war ja kein Geld da." Die WM-Ausrichtung sei "ein Geschenk des Himmels" gewesen: "Diese Chance hast du nur einmal im Leben."

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Wohin die ominösen 6,7 Millionen Euro geflossen sind, die den Deutschen Fußball-Bund (DFB) in eine tiefe Krise gestürzt hatten, will Beckenbauer weiterhin nicht wissen. "Ich weiß das nicht, weil ich die Überweisung nicht getätigt habe. Ich denke, dass es an die Finanzkommission der Fifa geflossen ist", sagte Beckenbauer: "Die 6,7 Millionen waren einzig und allein dafür da, diese 250 Millionen an Zuschuss zu bekommen." Von seinem engen Berater Fedor Radmann solle man ebenfalls keine Aufklärung erwarten: "Der Fedor weiß das auch nicht."

Beckenbauer nahm auch zum von ihm unterschriebenen brisanten Vertragsentwurf Stellung, der einen Bestechungsversuch an den früheren Fifa-Vize Jack Warner nahelegt. "Es gibt kein Papier Warner-Beckenbauer, es gibt eine Vereinbarung zwischen DFB und der Concacaf", sagte Beckenbauer, der den Zweck des Papiers verteidigte: "Ein Fehler war es nicht. Wohlhabende Verbände unterstützen ärmere, das hat schon seine Berechtigung. Warner hat ja klar gesagt, dass wir seine Stimme nicht bekommen."

Beckenbauer ergänzte: "Das Einzige, was mich stört, ist das Datum 2. Juli 2000. Da könnte man schon denken, dass das was mit Bestechung zu tun hat." Am 6. Juli 2000 fiel die Entscheidung über die WM-Ausrichtung. Schwarze Kassen habe es aber auf keinen Fall gegeben: "Wenn da schwarze Kassen oder Bestechungsversuche gewesen wären, hätte ich das mitbekommen", sagte er und ergänzte: "Ich habe ein reines Gewissen."

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Im Juli 2000 soll Beckenbauer in seiner Funktion als Chef des Bewerbungskomitees dem mittlerweile lebenslang gesperrten Warner Ticket-Kontingente für WM-Spiele und Entwicklungshilfe für dessen Verband von Trinidad und Tobago zugesagt haben. Kurz darauf hatte Deutschland vom Welt-Fußballverband mit 12:11 Stimmen den Zuschlag für die WM 2006 erhalten.

An Details könne er sich nicht mehr erinnern, sagte Beckenbauer und verteidigte sich gegen die Vorwürfe: "Ich weiß nicht, ob das mit Naivität zu tun hat. Ich habe Hunderte Papiere, Verträge unterschrieben, ohne dass ich eine Zeile gelesen habe." Beckenbauer betonte: "Wenn ich jemandem vertraue, dann kriegt der alles von mir."

In der Bewerbungsphase habe er alles Mögliche unterschrieben. Ob weitere fragwürdige Verträge darunter waren, wollte er selbst nicht ausschließen. "Es kann sein, dass noch irgendein Zauberer was herauszaubert aus einem Papierkorb oder aus einem Safe oder aus einem Aktenschrank, ich weiß es nicht. Aber ich glaube, langsam reicht's."

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Weitergehende Ausführungen seien von Beckenbauer, der sich bereits in einem langen Interview in der Süddeutschen Zeitung am Samstag geäußert hatte, indes nicht mehr zu erwarten: "Wenn man das SZ-Interview liest, dann gibt es nichts mehr hinzuzufügen."

Mit dem früheren DFB-Präsidenten Theo Zwanziger, dessen Aussagen seinen mittlerweile zurückgetretenen Nachfolger Wolfgang Niersbach in große Bedrängnis gebracht hatten, befinde sich Beckenbauer indes nicht im Streit. "Ich weiß, dass im Laufe der Zeit eine tiefe Feindschaft entstanden ist zwischen Zwanziger und Niersbach. Ich hatte nie ein Problem mit Theo, ich habe ihn wegen seiner Rhetorik stets bewundert", sagte Beckenbauer.

Erstmals seit der Veröffentlichung des von ihm unterzeichneten brisanten WM-Vertrages wird Beckenbauer am Dienstag wieder als Experte bei Sky im Fernsehen auftreten. Wie der Sender bestätigte, soll er bei der Partie des FC Bayern München gegen Olympiakos Piräus zum Einsatz kommen.

Vorher wird Beckenbauer zum zweiten Mal von der Anwaltskanzlei Freshfields zur Affäre um die Fußball-WM 2006 befragt. Der Deutsche Fußball-Bund hat die Kanzlei beauftragt, in der WM-Affäre zu ermitteln.

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