WM 2011: Inka Grings im Gespräch:"Es sind für mich keine einfachen Tage"

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SZ: Sie sind mit dem Anspruch in die Weltmeisterschaft gegangen, die Jüngeren im Team zu führen. Verändert sich so ein Anspruch, wenn man nicht in der Startelf steht?

Grings: Auf gar keinen Fall. Dafür bin ich nicht der Typ, und dafür habe ich auch zu viel Routine, Erfahrung und auch Präsenz. Natürlich spricht man mit den Mitspielerinnen in so schwierigen Situationen, gerade mit den jungen. Ich versuche, ihnen zu vermitteln, dass man an sich glauben muss. Das brauchen wir momentan ganz stark in der Mannschaft.

SZ: Sie haben offenbar das Selbstbewusstsein, das der Mannschaft gerade fehlt.

Grings: Es sind auch für mich keine einfachen Tage, aber ich war immer eine Kämpferin, jetzt gerade bin ich eine ganz große Kämpferin. Dieses Selbstbewusstsein versuche ich zu vermitteln, das macht mich auch so stark. Und ich versuche, der Mannschaft so viel mitzugeben, dass wir die Spiele positiv bestreiten. Das Wichtigste ist schließlich der Mannschaftserfolg.

SZ: Sind die öffentlichen Erwartungen, der Druck, das ganze Drumherum bei dieser WM eine Ursache dafür, dass es jetzt spielerisch rumpelt?

Grings: Den Eindruck konnte man in den ersten beiden Spielen gewinnen. Natürlich ist der Druck bei dieser WM größer als sonst, und niemand möchte Fehler machen. Aber wir haben das Fußballspielen ja nicht verlernt. Wir haben oft genug bewiesen, dass wir phantastische Spielerinnen haben. Aber wir spielen jetzt nicht gegen die Niederlande oder Italien wie in der Vorbereitung, wir spielen gegen ganz andere Kaliber. Deswegen muss man anders ins Spiel gehen. Der Druck von außen, die Kulisse, das spielt mit Sicherheit eine Rolle. Wir wissen, dass wir nach vorne noch nicht die nötige Kreativität gezeigt haben, dass da zu selten mal eine Akzente gesetzt hat, einfach mal versucht hat, eine Entscheidung zu treffen.

SZ: Woran liegt das?

Grings: Das kann nur mit dem Kopf zusammenhängen, andere Erklärungen habe ich nicht. Wir sind körperlich unheimlich stark, und jetzt müssen wir versuchen, einen Weg zu finden, dass wir einfach wieder Bock haben, Fußball zu spielen.

SZ: Viele in der Mannschaft wirken stark mit sich selbst beschäftigt.

Grings: Wir haben uns gegen Nigeria den Schneid zu oft abkaufen lassen, und wenn du gegen so einen harten Gegner einmal zurückziehst, hast du im Zweikampf schon verloren. Aber man zeigt auch Charakter, wenn man so ein Spiel gewinnt, und dahin müssen wir kommen: dass wir das positiv sehen und abhaken. Ich glaube, dass manche zu viel nachdenken.

SZ: Wie kann man das ändern?

Grings: Die Bundestrainerin hat gleich am Freitag sehr positiv mit uns gesprochen und uns sehr motiviert, sie hat uns für unsere Willensstärke gelobt, dafür, dass wir so ein Spiel trotzdem noch gewonnen haben. Sie hat aber auch erkannt, dass man jetzt vielleicht einen anderen Weg fahren muss, um die Lockerheit wieder herzubekommen. Sie hat gesagt, wir sollen im Training wieder Spaß kriegen. Es liegt auch an jeder Einzelnen, dafür offen zu sein, und wir sind alle gespannt, was die Trainerin sich da einfallen lässt.

SZ: Die Stammplatz-Debatte um Spielführerin Birgit Prinz überlagert grundsätzlichere Fragen: Vollzieht sich der Generationswechsel in der Offensive nicht nach, sondern schon während der WM? Und was fehlt an der Abstimmung untereinander?

Grings: Birgit und ich hatten nach dem Italien-Testspiel mal ein kurzes Gespräch geführt, über unsere Positionen, über unsere Leistungen. Aber wir machen da keine Stürmerinnen-Besprechung zu viert. Jede versucht, sich im Training zu beweisen. Und dann ist es eben wichtig, dass auf dem Platz, in der Konstellation, die von der Bundestrainerin ausgewählt wird, das Zusammenspiel klappt. Wir haben so viele tolle Fußballerinnen, die auch im Verbund so viel zeigen können - da muss doch mehr gehen.

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