WM 2010: Wayne Rooney:Pitbull spielt Primadonna

Lesezeit: 2 min

Wayne Rooney will gegen Deutschland seine WM-Bilanz von null Toren in sieben Spielen verbessern. Ganz bei der Sache scheint Englands Spieler des Jahres jedoch nicht zu sein.

Raphael Honigstein

Bier (natürlich nur am Abend vor der Partie) und die Deutschen als nächste Gegner, nur eines fehlte den Engländern am Indischen Ozean noch zu ihrem Glück: das lang ersehnte WM-Debüt von Wayne Rooney. Der bullige Held von Manchester United hat zwar, wie die Fifa-Datenbank beweist, nominell in allen drei Gruppenpartien mitgewirkt, aber doch nicht wirklich mitgespielt. "Nur seinen Geist" habe man bisher gesehen, schrieb die Daily Mail mit großem Bedauern, "Rooney wirkt verloren: Er scheint an seine eigene Publicity zu glauben und zugleich von ihr erdrückt zu werden."

"Rooney wirkt verloren", schrieb die "Daily Mail" über Englands Stürmer. (Foto: rtr)

Im Trainerstab wird ebenfalls noch nach jenem Stürmer gefahndet, der das Team von Fabio Capello eigentlich zum Turniersieg schießen sollte. Der vom persönlichen Misserfolg entnervte 24-Jährige würde sich im Royal Bafokeng Sports Campus wie eine "Pitbull-Primadonna" aufführen und alles und jeden für seine Probleme verantwortlich machen, erzählte vor ein paar Tagen ein Vertrauter von Capello den englischen Reportern.

Schon nach dem Auftaktspiel gegen die USA (1:1) war der italienischen Führungsriege aufgefallen, dass sich der vom Boulevard als "Roo" verehrte Kicker einen eigentümlichen Witz erlaubt hatte. Zu einem Gruppenfoto im Golf-Outfit hatte er mit einem Schuh posiert, auf dem "FCUK U FLOYD" gekritzelt war. Die kryptische Botschaft breitete der englische Presse tagelang Kopfzerbrechen - ist dieser "Floyd" nun ein Kumpel oder gar sein Spitzname? -, ließ aber letztlich nur eine Interpretation zu: Wer so etwas schreibt, hat entweder zu viel Freizeit oder ist nicht ganz bei der Sache. Die Greenkeeper in Sun City waren auch nicht gerade begeistert, als sich Rooney nach der Golfrunde mitten auf dem Platz neben ein paar Steinen erleichterte. Wenn doch nur auf dem Fußballfeld alles so schön laufen würde.

"Freibier aus Südafrika"

Das vom Trainer am Abend vor dem Sieg gegen Slowenien großzügig ausgegebene "Freibier aus Südafrika" (Capello) konnte die Leistungs-Blockade jedenfalls nicht völlig wegspülen. Rooney wirkte zwar deutlich konzentrierter als bei den Spielen zuvor, in denen er auf der fehlgesteuerten Jagd nach dem Ball unendliche Weiten des Platzes ergründet hatte, aber immer noch elend weit weg von seiner Vereinsform.

Leider scheint es beim "Spieler des Jahres" in der Premier League nicht nur im Kopf zu zwicken, wo Capello wiederholt die Probleme dieses Sommers ansiedelte. Das im Champions-League-Viertelfinale gegen den FC Bayern im März lädierte rechte Sprunggelenk plagt ihn jetzt auch wieder. Rooney humpelte merklich, als ihn Capello am Mittwoch 18 Minuten vor Spielende vom Platz nahm. Hatte Rooney um den Wechsel gebeten, wurde der Trainer gefragt. Capello schaute ungläubig und feuerte dann ein steinhartes "Nein!" ins Mikrofon: "Ich habe ihn ausgewechselt." Die Betonung lag auf dem ersten Wort im Satz.

Am Donnerstag musste Capello nicht autoritär eingreifen; das Gelenk hielt dem Morgentraining stand. Englands Straßenkämpfer-Primadonna wird gegen Deutschland spielen. Für den "weißen Pele" ( Sun) geht es am Sonntag auch darum, an seiner privaten WM-Bilanz zu arbeiten: nach sieben Spielen stehen dort mehr rote Karten (1) als Tore (0) zu Buche.

© SZ vom 25.06.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

WM-Comic
:Der Scharfschütze

Sofort nach dem Sieg Deutschlands gegen Ghana beginnt Fabio Capello mit dem Elfmetertraining und führt dabei ganz neue Methoden ein. Rooney schreitet im WM-Comic zum Punkt.

Guido Schröder

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: