WM 2010: Deutschland - England:Mit Schweinsteiger, Boateng und ein bisschen Voodoo

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Das Zittern hat ein Ende: Sowohl Schweinsteiger als auch Boateng können von Beginn an auflaufen. Und zudem hat Löw noch einen weiteren Trumpf in der Hinterhand.

Thomas Hummel, Bloemfontein

Als Andreas Köpke auf dem Podium erschien, muss es manchen englischen Medienvertreter leicht geschaudert haben. Andreas Köpke, ausgerechnet! Einer der Torwartteutonen, die ihrem Land in der Vergangenheit so große Schmerzen zugefügt haben. Vielleicht den größten Schmerz überhaupt, denn Köpke hielt bekanntlich 1996 im Wembley-Stadion einen Elfmeter von Gareth Southgate und warf die Engländer damit im Halbfinale ihrer Europameisterschaft aus dem Wettbewerb.

WM 2010: Pressestimmen
:"Her mit den Deutschen"

Während die deutsche Presse kollektiv aufatmet und Mesut Özil feiert, stellen die englischen Zeitungen fest, dass die DFB-Elf keineswegs unschlagbar ist. Die Pressestimmen aus Deutschland und England.

Eigentlich schreibt der Fußball-Weltverband vor, dass 24 Stunden vor Spielbeginn der Cheftrainer und ein Spieler der Öffentlichkeit Auskunft geben müssen. Warum nun also Torwarttrainer Köpke? Eine perfide Kriegslist, um den Gegner aus der Fassung zu bringen? Oder protestierten die Deutschen gegen die Fifa, die ihnen das Training im Free-State-Stadion von Bloemfontein verweigerte, um den Rasen zu schonen und stattdessen auf den naheligenden Übungsplatz in der Central University verwies? Nein, nein, winkte der Tross des Deutschen Fußball-Bundes ab, die Übungseinheit habe einfach so lange gedauert. Und weil Köpke als Erster aus der Dusche gekommen ist, sei er schnell herübergefahren.

Das war zwar eine ganz kreative Begründung, aber vermutlich war es so, dass Bundestrainer Joachim Löw aus einem ganz anderen Grund als einem langsamen Duschtempo den offiziellen Termin nicht wahrnahm. Denn er hätte wohl etliche Male Antworten auf offene Personalfragen geben müssen. Auf Personalfragen, die sich erst am Sonntagmittag klärten.

Sorgen um die Bedeutung des Duells

Während Stürmer Cacau mit einer Bauchmuskelzerrung ausfällt, können die lange angeschlagenen Jerome Boateng und Bastian Schweinsteiger nun doch mitwirken. Am Vortag hatten sie noch "ein reduziertes Programm" betrieben, wie Köpke berichtet hatte. Dann standen sie im Abschlusstraining auf dem Platz und bekamen im Trainingsspiel die orangefarbenen Leibchen, die Löw immer der ersten Elf überreicht. Auch beim Anschwitzen am Sonntagmorgen waren sie dabei, kurz vor 13.30 Uhr vermeldete die Bild: "Aufstellung da! Boateng spielt! Auch Schweinsteiger dabei!"

Zuvor hatte es intensive Diskussionen gegeben, wer Boateng und Schweinsteiger im Notfall ersetzen könnte, Marcell Jansen als Linksverteidiger und Toni Kroos im defensiven Mittelfeld waren die erklärten Favoriten. Doch festlegen wollte sich Köpke auf diese beiden nicht, das DFB-Trainerteam habe auch andere Alternativen in der Hinterhand.

In Bloemfontein läuft eine der jüngsten Mannschaften auf, die je für den DFB ein WM-Spiel bestritten hat. Und so machen sich einige Vertreter von der Insel schon Sorgen, ob diese junge Truppe die Bedeutung dieses Duells begreift. Doch in dieser Frage konnte Köpke die Engländer beruhigen: "Jeder Spieler weiß über die Vergangenheit Bescheid und kriegt auch mit, was gerade zu Hause los ist."

In anderen Fragen hingegen sorgte der frisch geduschte englische Albtraum auf dem Podium für Verunsicherung, denn bald schon konzentrierte sich das Gespräch auf ein Thema: Elfmeterschießen. Deutschland hat England schon 1990 bei der WM mittels Strafstößen besiegt, auch sonst sind die Engländer als fulminante Versager vom Punkt bekannt. "Wenn es dazu kommt, sind wir natürlich vorbereitet", sagte Köpke, "unser Torwart wird die Informationen bekommen, die dazu führen werden, dass wir eine Runde weiterkommen." Manchem englischen Medienvertreter stand nach diesem Satz der Mund offen.

Deutscher Nachhilfeunterricht

Please, Mister Kopke, welche Informationen geben Sie Manuel Neuer? - "Wir werden das intern besprechen, aber ich kann natürlich nicht alles preisgeben hier. Wir müssen ja noch Überraschungen parat haben." In englischen Ohren muss das nach deutschem Voodoo geklungen haben. Deutschem Elfmeter-Voodoo. Es folgte deutscher Elfmeter-Nachhilfeunterricht.

Please, Mister Kopke, das englische Team übt seit drei Wochen jeden Tag Elfmeter, wie bereiten Sie ihre Mannschaft vor? - "Ich glaube nicht, dass man das im Training simulieren kann: wenn das Stadion voll ist, die Spieler nach 120 Minuten müde sind, der Druck enorm ist. Im Training wird sicher jeder Profi den Elfmeter reinschießen." Andreas Köpke hätte nur anfügen müssen: sogar ein englischer Profi. Dann wäre die Show perfekt gewesen.

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