Biathlet Alexander Loginow:Wer einmal dopt, dem glaubt man nicht

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Umstritten in Antholz: Der russische Sprintsieger Alexander Loginow wird wegen seiner Dopingvergangenheit kritisiert. (Foto: Andreas Pranter/imago images)
  • Alexander Loginow gewinnt zwei Medaillen bei der Biathlon-WM, obwohl er schon eine Dopingsperre abgesessen hat.
  • Vielen Athleten passt das nicht. "Es ist traurig, wenn ein ehemaliger Doper Weltmeister wird", sagt Johannes Thingnes Bö.
  • Auch Martin Fourcade wirkt resigniert.

Von Volker Kreisl, Antholz

Die Hauptpointe der Pressekonferenz setzte Alexander Loginow. Der Sprintsieger wurde gegen Ende noch einmal gefragt, wie er denn je Vertrauen aufbauen wolle, wenn er sich nach dem Ablauf seiner Dopingsperre vor drei Jahren derart rar mache, wenn er auch bei dieser WM mit keinem Journalisten rede?

Loginow rieb sich das Kinn, wies auf bis zu 16 Tests allein in dieser Saison hin und schloss: "Meine Frau und ich haben nun eine größere Wohnung und würden uns freuen, alle einzuladen, meine Alltagsroutine zu beobachten und sich zu vergewissern, dass bei mir alles sauber abläuft." Aus der Ecke einiger russischer Journalisten platzte spontanes Gelächter - ansonsten war Stille im Raum. Auch die Franzosen Quentin Fillon Maillet und Martin Fourcade, Zweiter und Dritter im Sprint, verzogen keine Miene, als die Dolmetscherin fertig war.

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War das gerade Zynismus, oder nur ein unschuldiger Witz? Mindestens war es jene Ignoranz, mit der das russische Dopingsystem seit Jahren alle Verdachtsmomente abtut, die durch das staatlich gelenkte Betrugssystem im Raum stehen. Auch der 28 Jahre alte Loginow verweigert sich einer Annäherung, einem Versuch darzustellen, dass er aus seiner zweijährigen Sperre wegen Epo-Missbrauchs etwas gelernt habe. Auch nun war es so; gerade noch hatte Loginow die Elite seines Sports mit einem Null-Fehler-Schießen und einer rasend kurzen Laufzeit überholt. Und allen war sofort klar, dass der Rest dieses Nachmittags keine Alltagsroutine sein würde.

"Es ist traurig, wenn ein ehemaliger Doper Weltmeister wird"

Schon einmal war es zu einem Eklat gekommen, bei der WM 2017 in Hochfilzen. Da hatte Fourcade den frisch entsperrten Loginow schon vorab kritisiert. Auf der Siegerbühne nach der Mixed-Staffel verweigerten die Russen ihm den Handschlag, worauf Fourcade aus Protest die Bühne verließ. Nun echauffierten sich eher die Norweger. Tarjei Bö, der Vierte im Sprint, sagte, "Loginow zählen wir nicht mehr mit". Sein Bruder Johannes Thingnes Bö erklärte: "Es ist traurig, wenn ein ehemaliger Doper Weltmeister wird." Und der Schwede Sebastian Samuelsson sagte: "Es ist ein trauriger Tag fürs Biathlon."

Aber man kann sich ja nun bei den Loginows einmieten und Big Brother spielen.

Das war freilich mindestens versehentlich zynisch gemeint, weil alle Verweise auf Negativtests sowieso irrelevant sind in Zeiten, in denen den Russen die massenhafte Manipulation von Dopingproben und bis zuletzt von Labordaten nachgewiesen wurde. Deshalb hat sich eben auch eine gewisse Resignation unter dem nichtrussischen Rest der Biathlonszene breitgemacht. Arnd Peiffer, der Siebtplatzierte am Samstag, gab zu bedenken, Loginow sei nun wieder auf dem Niveau, das er zu Zeiten seines Epo-Missbrauchs hatte. Zwar müsse nun ja die Unschuldsvermutung gelten, "aber das fällt mir schwer".

Dass man einem rehabilitierten Dopingsünder heute nichts mehr glaubt, liegt weniger am Auftreten, als an der jüngeren Sportgeschichte. Das Misstrauen ist mit der Zeit gewachsen, insbesondere im Fall des russischen Biathlons. Das weist schon über viele Jahre Skandale auf, und einer davon führt jetzt dazu, dass Peiffer und die Deutschen wohl nachträglich Olympia-Gold bekommen. Nachdem der Weltverband IBU den früheren Biathleten Jewgeni Ustjugow spät noch des Dopings für schuldig befunden hatte, werden dessen Resultate zwischen 2013 und 2014 annulliert, so auch der Team-Sieg von Sotschi. Sollte der Spruch in drei Wochen rechtskräftig sein, rückt das deutsche Silber-Team entsprechend auf Gold vor. Ganz korrekt ist das, nur: Kann man sich darüber freuen?

"Wenn ich jetzt diese Goldmedaille per Post zugeschickt bekomme", sagt Peiffer, "dann ändert das für mein Leben gar nichts." Im Gegenteil, wie für viele andere nachträgliche Medaillisten entsteht auch für Arnd Peiffer eher ein Loch in der Vergangenheit als eine Versöhnung mit ihr: Die schönen Eindrücke sind weg, die neue Wahrheit ist ein Sieg, der einen auch daran erinnert, dass man betrogen wurde: "Die Erinnerung an Sotschi ist ein bisschen vergiftet", sagte Peiffer am Wochenende. Silber sei eine tolle Sache gewesen, "die Goldmedaille wäre jetzt unrund".

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Vergiftung ist ein gutes Stichwort. Es gilt auch für die aktuelle Loginow-Frage, nämlich dafür, wie jeder für sich damit umgehen soll. Am Sonntag wurde er Dritter, möglich ist, dass er noch viele weitere Erfolge einfährt. Die Forderungen nach rabiateren Ausschlüssen sind zwar verständlich, verstoßen aber wohl auch gegen das Recht auf freie Berufswahl. Peiffer sagt, er müsse sich nun gegen den eigenen Zweifel wehren: "Wenn man irgendwann das Gefühl hat, der spielt nicht fair, ist es ganz schwer, sich wirklich zu motivieren."

Auch Fourcade, der diesmal so ruhig blieb, klang resigniert. Er fühle sich geehrt, aber er wolle nicht immer der Lautsprecher gegen Doping sein. Alle wüssten, wie sehr ihn das Thema schmerze, aber jetzt wolle er sich auf Biathlon konzentrieren, und "den Mund schließen".

Den machte er aber sogleich wieder auf, weil er eines noch klarstellen wollte zu Loginows Lage: "Es hilft, wenn man spricht und nicht schweigt", sagte Fourcade. Wenn man sich den Journalisten stelle und nicht immer nur auf Russisch antworte, "obwohl man Englisch verstehe und auch etwas sprechen kann".

© SZ vom 17.02.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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