Wasserball:Der Kapitän und seine Kinder

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Ewiger Kapitän der SG München: Marko Ristic. (Foto: Sebastian Gabriel)

Marko Ristic ist seit bald zehn Jahren Spielführer der Münchner Wasserballer - und mit ihnen in die erste Liga aufgestiegen. Über einen, der sich wie kaum ein Zweiter mit seinem Verein identifiziert.

Von Sebastian Winter

Marko Ristic sagt, er sehe bei Kindern und Jugendlichen, die zum ersten Mal spielen, sofort, ob sie Talent haben für Wasserball. Dieser Sport vereint ja so vieles: schwimmen; Kampf um den Ball mit hartem Körpereinsatz; dann die Arm-Bein-Koordination, ohne Möglichkeit, auf festem Grund zu stehen. Ständiges Wassertreten muss daher sein, ein Arm hält den Ball, der andere unterstützt den Rumpf dabei, nicht abzusinken. "Wasserball ist eine der härtesten Sportarten der Welt", sagt Ristic: "Und eine der anspruchsvollsten."

Am Samstag stand das bayerische Derby an, SG Stadtwerke München gegen den SV Würzburg 05. Dieses Duell hat es in der ersten Liga erst einmal gegeben, Anfang November gewann Würzburg sein Hinrunden-Heimspiel mit 11:6. Die Revanche ist der SG nun vor 400 Zuschauern in der Olympiaschwimmhalle gelungen. Mit 9:8 bezwang sie Würzburg und sprang auf Platz vier im Achterfeld. So könne es weitergehen, sagt Ristic, der wie Trainer Ivan Mikic vom Klassenverbleib als Saisonziel spricht. "Langfristig wollen wir uns in der ersten Liga etablieren", sagt Ristic. Das wäre schon was für einen Klub, der gerade zum ersten Mal überhaupt in der seit mehr als 50 Jahren bestehenden Wasserball-Bundesliga spielt.

Ristic ist wie Mikic in München geboren, ihre Wurzeln liegen aber auf dem Balkan, in Serbien und Kroatien. Dort sei Wasserball hinter dem Fußball eine der bekanntesten Sportarten, mit viel Fankultur, erzählt Ristic. Und kein kaum beachteter Randsport mit unbezahlten Amateuren wie in Deutschland. Aber in München wächst etwas heran, und das ist auch das Verdienst des Trainers und des Kapitäns.

Angekommen in der ersten Liga: Trainer Ivan Mikic und die SG Stadtwerke München. (Foto: Claus Schunk)

Ristic, 29, ist seit knapp zehn Jahren Kapitän, er kümmert sich auch um die Jugendarbeit. Und das alles neben seinem Job als IT-Sicherheitsexperte. Als Kind hat er passabel Fußball gespielt, Basketball war auch eine Option wegen seiner Größe. Doch als er neun Jahre alt war, brachte sein Vater ihn zur SG. Sandor Szeleczkei war damals einer der Jugendtrainer, auch so einer, ohne den so ein Klub verloren wäre. "Von da an war es keine Frage mehr, was ich mache", sagt Ristic. Früh zogen ihn die Trainer in die zweite Liga hoch, mit Anfang 20 wurde er ihr Kapitän. Topscorer war er sowieso ständig, mit dieser Wucht, die ihm sein 1,91 Meter großer und knapp 100 Kilogramm schwerer Körper schenkt.

Eigentlich war Ristic längst über die zweite Liga hinausgewachsen, in der er mit München viele Jahre spielte. Aber die Rahmenbedingungen passten eben nicht für den Aufstieg. Das kleine, enge Anton-Fingerle-Bad in Giesing, wo sie immer spielten, entsprach den Erstligavorgaben nicht, Spieler wie Ristic konnten dort fast auf dem Beckenboden stehen. Und die Olympiaschwimmhalle wurde jahrelang saniert. Dann kam Corona. 2023 gab der Verein endlich grünes Licht für die erste Liga. Und München gewann prompt das selbst ausgerichtete Aufstiegsturnier.

Um in die A-Gruppe aufzusteigen, ist es noch ein weiter Weg

Bei der Erstliga-Premiere Ende Oktober bezwang die SG zu Hause Esslingen mit 14:12, zwei weitere Siege folgten, aber auch sechs Niederlagen. Es wurde also mal wieder Zeit am Samstag für den nächsten Erfolg. Ristic gelang zwar nur ein Tor, aber inzwischen wissen eben auch die Gegner im Oberhaus, dass er Münchens gefährlichster Schütze ist. Die Würzburger, die vor Saisonbeginn in George Mihalache einen neuen Cheftrainer verpflichtet haben, deckten Ristic zu - dafür genoss SG-Spieler Hugo Curty mehr Freiheiten und traf gleich fünf Mal.

Ein paar Spieltage sind es noch, dann beginnen die Playoffs. Der Sieger könnte theoretisch in die A-Gruppe aufsteigen, dorthin also, wo die Spitzenklubs wie Spandau Berlin spielen. München und Würzburg sind zwar auch Erstligisten, aber eben in der schlechteren B-Gruppe. Der Sprung weiter nach oben ist noch sehr weit weg.

Ohnehin fühlen sich die Münchner in der B-Gruppe inzwischen ziemlich heimisch. Auch Ristic, der noch ein, zwei Jahre im Wasser sein und dann an den Beckenrand wechseln möchte. Er sagt: "Ich bleibe mein ganzes Leben lang in diesem Verein." Seine Nachfolger stehen schon bereit, sie sind längst Teil des Erstligakaders. Und damit schließt sich der Kreis: Denn damals erkannte ihr Jugendtrainer Marko Ristic, dass Luc Hirte, Abel Katona, Thomas Perschthaler oder Torwart Philip Siebenhaar so viel Talent haben, dass sie bestehen können in einer der härtesten Sportarten der Welt.

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Münchens Wasserballer spielen zum ersten Mal in der ersten Liga - und schlagen prompt den SSV Esslingen 14:12. Vieles in der Olympiaschwimmhalle wirkt noch improvisiert, der Etat ist knapp. Aber der Stolz auf den Aufstieg und die Lust aufs Abenteuer sind deutlich zu spüren.

Von Sebastian Winter

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