Wasserball:Nach 53 Jahren

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Überzeugte bei der Premiere als Topscorer mit fünf Toren: Münchens langjähriger Kapitän Marko Ristic. (Foto: Claus Schunk)

Münchens Wasserballer spielen zum ersten Mal in der ersten Liga - und schlagen prompt den SSV Esslingen 14:12. Vieles in der Olympiaschwimmhalle wirkt noch improvisiert, der Etat ist knapp. Aber der Stolz auf den Aufstieg und die Lust aufs Abenteuer sind deutlich zu spüren.

Von Sebastian Winter

Am vergangenen Samstag hat sich in der Münchner Olympiaschwimmhalle Sporthistorisches ereignet. Und auch wenn die Welt nicht unbedingt Notiz davon genommen hat, weil sich das geschichtsträchtige Spiel im Nischensport Wasserball ereignete, durften die Beteiligten doch ein wenig stolz sein. Denn zum ersten Mal in der seit 53 Jahren bestehenden Wasserball-Bundesliga absolvierte die SG Stadtwerke München ein Spiel im Oberhaus - und schlug prompt den SSV Esslingen 14:12.

Rund 300 Zuschauer waren in die historische Stätte gekommen, um sich die Partie anzuschauen, für Wasserball-Verhältnisse ein herausragender Wert. "Die Halle hat gekocht", sagte Münchens Trainer Ivan Mikic, der bis letztes Jahr selbst noch im Wasser für die SG war. Und die Fans sahen, dass München schon jetzt in der höchsten deutschen Spielklasse angekommen ist. Esslingen ist ja nicht irgendeine Mannschaft; sie spielte vergangene Saison noch in der A-Gruppe, aus der sie dann in die B-Gruppe abstieg. Dazu muss man wissen, dass die besten acht Bundesligaklubs in der A-Gruppe spielen, die schlechteren acht Klubs in der B-Gruppe.

Im Oktober haben 18 Wasserballer in einem Haus in Zadar gewohnt: Trainingslager in Kroatien

Auch wenn die A-Gruppe mit Profiklubs wie Spandau Berlin und Waspo Hannover für die Münchner noch sehr weit entfernt ist, ist der Sieg gegen Esslingen ein Meilenstein: "Ich hätte nie gedacht, dass wir so gut mithalten würden, taktisch und schwimmerisch", sagte Mikic. Neben Münchens Kapitän Marko Ristic, dem fünf Tore gelangen, überzeugten viele andere, auch Nachwuchsspieler wie Thomas Perschthaler und Torwart Philip Siebenhaar, beide Jahrgang 2004, sowie Wladimir Wiesner, Jahrgang 2005.

Man spüre die Euphorie überall, "der Stolz auf den Aufstieg und die Lust an der ersten Liga ziehen sich durch den ganzen Verein", sagt Mikic. Die Saisonvorbereitung begann am 1. August, so früh wie nie, und zum ersten Mal haben sie auch ein größeres Trainingslager im Ausland absolviert, in Zadar in Kroatien. Sie haben sich dafür Anfang Oktober einfach ein Haus am Meer gemietet, das wie der Flug preislich im Rahmen war, manche Spieler haben halt auf der Coach geschlafen, weil kein Platz mehr in den Schlafzimmern war für alle aus der 18-köpfigen Gruppe. Die Trainingsstätte war zehn Minuten zu Fuß entfernt, bis zu vier Übungseinheiten gab es am Tag, inklusive Trainingsspiele gegen Zadar. Daneben: ausgiebiges Teambuilding, auch am Abend - und Baden im Meer.

Der Anfang ist gemacht: Am Samstag bot die hübsche Kulisse in der Münchner Olympia-Schwimmhalle erstmals Erstliga-Wasserball. (Foto: Claus Schunk)

München und Wasserball, das war in den vergangenen Jahren eine schwierige Beziehung. Lange Zeit hielt sich die SG mit ihrem Spielertrainer Mikic in der zweiten Liga, wurde immer erfolgreicher, doch Erstligapläne gab es nicht wirklich. Auch weil sie die hohen Kosten und den logistischen Aufwand scheuten. Uerdingen, Düsseldorf, Duisburg, Plauen: Da kommen schon ein paar Kilometer zusammen. Außerdem spielten sie, weil die Olympiaschwimmhalle umgebaut wurde, einige Saisons lang in einem viel zu kleinen Bad in einem Untergeschoss in Giesing, das alles war, nur nicht erstligareif.

Doch im vergangenen Frühsommer packte die SG ihre Chance am Schopf, richtete ein Aufstiegsturnier aus und qualifizierte sich einigermaßen dramatisch im letzten Spiel fürs Oberhaus. Dort versucht sie nun den Spagat: Die Spieler sehen den Sport als ihr Hobby, Geld bekommen sie laut Mikic nicht, der Etat ist auch nicht gewachsen. So hakten am Samstag auch Ton und Bild im Livestream, die Zeitanlage ist Mikic zufolge "nicht erstligawürdig", die Seitenlinien im Wasser müssten farblich anders abgestimmt sein. Es wirkt also alles noch ein wenig improvisiert, aber die SG-Wasserballer sind froh, schon mal das Meldegeld von 7500 Euro und den Schiedsrichterkostenvorschuss von 7000 Euro zahlen zu können - alleine das sind sehr hohe Ausgaben für sie. "Die Bundesliga ist da eine ganz andere Hausnummer", sagt Mikic.

Ihr Ziel ist es nun, erstmal die Liga zu halten, "wir werden jetzt nicht ausflippen, weil wir Esslingen geschlagen haben", sagt Mikic. Ihre erste Auswärtsfahrt am kommenden Samstag verspricht jedenfalls, reizvoll zu werden. Es steht das erste bayerische Erstliga-Derby mit Würzburg 05 an. Die Unterfranken sind schon unter Druck, sie haben mit ihrem neuen rumänischen Trainer George Mihalache ihre Auftaktpartie in Plauen verloren. "Schauen wir mal, ob es dann auch eine neue bayerische Rangliste gibt", sagte Mikic. Ein Erstliga-Sieg im bayerischen Derby - das wäre natürlich Sporthistorisches für Münchens Wasserballer.

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