Vor den Wimbledon-Halbfinals:Roger tänzelt wie einst

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Roger Federer freut sich auf das Match gegen seinen Rivalen Andy Murray beim heutigen Halbfinale. (Foto: dpa)
  • Kann Roger Federer mit 33 Jahren zum achten Mal Wimbledon gewinnen? Wer ihn bislang sah, der stellt fest: Er kann.
  • Federer gab bislang nur einen Satz ab, im Halbfinale trifft er auf den Schotten Andy Murray.
  • Hier geht's zu den Ergebnissen in Wimbledon

Von Lisa Sonnabend, Wimbledon

Es ist unmöglich für Roger Federer und Andy Murray, sich aus dem Weg zu gehen. Ihre Umkleiden liegen nebeneinander, fast jeden Tag prallen sie auf der Anlage in Wimbledon aufeinander. Am Mittwochvormittag hatten sie sogar den gleichen Weg, sie schlenderten gemeinsam zu den Trainingsplätzen. "Hey, wie geht's dir?", habe Federer ihn gefragt, berichtete Murray später. Die beiden verstehen sich gut. Doch dann sagte der Schotte: "Am Freitag ist es anders."

Am Freitag steht das Halbfinale in Wimbledon an. Die Nummer zwei und die Nummer drei der Welt treffen aufeinander. Murray trägt die Hoffnungen der Nation, die Briten wünschen sich, dass er nach 2013 noch einmal das berühmteste Tennisturnier der Welt gewinnt. Federer fehlt ein einziger Wimbledon-Triumph, um mit acht gewonnenen Titeln alleiniger Rekordsieger zu werden. In wenigen Wochen wird er 34 Jahre alt. Wie viele Versuche hat er noch?

Eile hat Federer keine. Nach seinem ungefährdeten Viertelfinal-Erfolg gegen Gilles Simon lehnte er sich im Pressesaal auf dem Stuhl zurück, verschränkte die Arme. Er beantwortete erst geduldig alle Fragen auf Englisch, dann auf Schwyzerdütsch und schließlich Französisch. Er erzählte davon, dass er bereit sei, dass er sich nach den fünf Partien in diesem Turnier trotz seiner 33 Jahre immer noch frisch fühle. "Ich habe genug Energie im Tank für ein hoffentlich großartiges Match gegen Andy", sagte er und schob entspannt hinterher: "Ich freue mich darauf."

Nur Sam Groth gewann einen Satz gegen Federer

Wenn Federer in diesen Tagen in Wimbledon auf dem Platz steht, kämpft er nicht. Er tänzelt wie einst. Er variiert den Aufschlag, orchestriert die Ballwechsel überlegt, kalkuliert die Winkel, trifft präzise, agiert nahezu fehlerfrei. In Bedrängnis geriet der Schweizer bislang nie, erst einen Satz hat er abgegeben: gegen den Aufschlagriesen Sam Groth im Tie-Break. Es ist noch nicht der Epilog seiner Karriere.

Zeigte Federer früher eine perfekte Leistung, war er unbezwingbar. Inzwischen könnte er an einem Tag, an dem alles gelingt, trotzdem gegen Novak Djokovic verlieren. Vielleicht auch gegen Andy Murray. Muss er in den fünften Satz, zweifeln Beobachter an seinen Kräften. Doch trotz seines Alters baut Federer bislang kaum ab. Der Schweizer ist in der Weltrangliste sogar höher platziert als vor vier Jahren. Der vier Jahre jüngere Rafael Nadal dagegen, der ewige Rivale, scheiterte in Wimbledon in der zweiten Runde an dem Qualifikanten Dustin Brown. Schon bald könnte er aus den Top Ten rutschen.

1998 gewann Federer das Junioren-Turnier

Fashion in Wimbledon
:Schwarzer BH? No!

So streng wie in Wimbledon sind die Kleider-Vorschriften nirgends sonst: Alles muss weiß sein, auch die Unterwäsche. Wer trotzdem auffallen will, fragt am besten Venus Williams oder Genie Bouchard.

Federer hat auch in diesem Jahr sein Haus in der Nähe der Anlage bezogen, er ist verheiratet und hat vier Kinder, die ihn auf der Tour begleiten. Eine ganze Tennis-Ära ist vergangen, seitdem er 1998 als 16-Jähriger erstmals den Junioren-Titel gewonnen hatte. Ein paar Wochen zuvor hatte er die Schule geschmissen. Zwischen 2003 und 2007 triumphierte Federer fünfmal in Serie. 2008 verlor er ein dramatisches Finale gegen Nadal, eines der besten Spiele der Tennisgeschichte. 2009 durfte Federer erneut den Pokal in den Himmel von London halten - und 2012 schließlich zum bislang letzten Mal. Er rang damals Murray in vier Sätzen nieder.

Ein Grand-Slam-Turnier konnte Federer in den vergangenen drei Jahren nicht mehr gewinnen. Das Spiel auf Sand raubt ihm zu viel Kraft, die Hitze in Australien und die harten Plätze in New York setzen ihm zu. Aber der Triumph auf dem geschmeidigen Rasen von Wimbledon, der erscheint noch möglich. Im vergangenen Jahr scheiterte er in fünf Sätzen an Djokovic, es fehlte nur ein bisschen Kraft.

Es wäre der 18. Grand-Slam-Titel in seiner Karriere, der achte in Wimbledon. Keinem Spieler ist dies bislang gelungen. Federer bedeutet diese Zahl viel. "Ich fühle mich wohl", sagte er in diesen Tagen oft. "Ich bin hier zu Hause." Alles scheint möglich.

Für Federer ist es das zehnte Wimbledon-Halbfinale in seiner Karriere. Kein einziges hat er verloren.

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