Zweischanzentournee der Skispringerinnen:Wenige Zuschauer, mäßige Quoten

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Erstmals im Fokus und doch im Schatten: Skispringerin Katharina Schmid beim Finale der Zweischanzentournee der Frauen in Oberstdorf. (Foto: Hafner/Nordphoto/Imago)

Die kleine Frauen-Tournee über Garmisch-Partenkirchen und Oberstdorf entfacht nur bedingt Begeisterung und zeigt, dass Skispringerinnen ein besseres Format verdient haben. Doch dafür fehlt noch immer ein klarer Plan, kritisieren Expertinnen.

Von Volker Kreisl

Es war auch ein gemeinsames Vorhaben. Und so hatte diese erste Halbtournee der besten Skispringerinnen der Welt auch ihre Momente, die klarmachten, dass das Projekt Vierschanzentournee der Frauen doch noch irgendwann zur Vollendung reifen könnte. Zum Beispiel als Katharina Schmid in Oberstdorf sich öffentlich für dieses Konzept einsetzte, oder als Skispringerinnen in Garmisch-Partenkirchen Eintrittskarten verschenkten.

Eigentlich sollten die Athletinnen bei so einer wichtigen Veranstaltung wie einer Premiere den Körper dehnen, die Sprungkraft festigen, den Absprung verinnerlichen und vieles mehr. Aber dieser Auftakt der Two-Nights-Tour (TNT) in Deutschland mit zwei Stationen ergab vielleicht schon mal einen kleinen Knall, der eine neue Zeit im Frauen-Skispringen andeutet, ein Zeichen für die letzte Baustelle im Skispringen. Nämlich das Ende der reinen Männertournee. Also fühlten sich auch viele Springerinnen in der Pflicht, nebenbei noch etwas Werbung zu machen.

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Der Führende in der Tourneewertung landet in der Qualifikation in Innsbruck weit hinter seinem ärgsten Konkurrenten Ryoyu Kobayashi.

Das lag wohl auch daran, dass eine neue Serie noch keine Sportgeschichten schreiben kann. Was Sport spannend macht - bedrängte Favoriten, gewinnende Außenseiter, aufkommende Youngster oder ein Kampf mit dem Wetter -, all das war nicht zu sehen. Die Halbversion der Tournee war relativ absehbar, wobei die Siegerin Nika Prevc eine interessante Geschichte geschrieben hat, als jüngste im Geschwisterclan mit den bekannten Brüdern Peter, Domen und Cene. Auf den Plätzen zwei und drei der Gesamtwertung landeten Eva Pinkelnig aus Österreich, die das Finale der Miniserie in Oberstdorf gewann, und die Kanadierin Abigail Strate.

Die deutschen Springerinnen kamen nicht über Platz zehn hinaus

Die Deutschen? Hatten sich mehr ausgerechnet, als immer nur Beste der Besten ab Platz zehn zu werden. In Oberstdorf kam Agnes Reisch aus Isny auf Rang elf, vor ihrer Teamkollegin Selina Freitag. Schmid, die sonst beste Springerin der Deutschen, wurde nur Sechzehnte. "Es hat sich nicht so geil angefühlt", sagte sie, es fehle ihr die "Selbstverständlichkeit", ehe sie am Dienstag verkündete, lieber zu trainieren, als beim kommenden Weltcup in Villach zu starten. Auch Bundestrainer Thomas Juffinger war enttäuscht: "Alle zwar zwischen zehn und 20", sagte er, "aber noch kein Ergebnis, wo wir vorne richtig mitmischen."

Horst Hüttel, Sportdirektor im ausrichtenden Deutschen Skiverband, stellte den Veranstaltern ein gutes Zeugnis aus. "Organisatorisch ist die Premiere gelungen", sagte er, denn in der ARD sei das erste Springen in Garmisch-Partenkirchen im Zuschauer-Ranking des Senders auf Platz vier gewesen. 2,28 Millionen schalteten ein, 2,7 waren es beim zweiten Springen, allerdings schauten mehr als sechs Millionen bei den Männern zu. Euphorie, wie man sie bei der Geburt von etwas Verheißungsvollem erwartet, blieb aus.

TNT, so das Kürzel der Tournee, war eben kein Sprengstoff, sondern nur eine kleine Startzündung, für die die Akteurinnen allerdings nichts konnten. Eine halbe Tournee hat nur halbe Aufmerksamkeit und einen kleineren Spannungsbogen. Da fehlt auch die Zeit, in der die Medien dem Publikum interessante Charaktere oder spannende Talente vorstellen könnten, die neugierig auf weitere Entwicklungen machen - und die den Skisprungfan einnehmen für die Welt dieser sonderbaren Athleten und Athletinnen, mit ihren bisweilen rätselhaften und psychologisch anspruchsvollen Herausforderungen.

Es fehle eine Vision für eine Vierschanzentournee der Frauen, sagt Rekordspringerin Daniela Iraschko-Stolz

Deshalb sollte bald Klarheit herrschen über die Zukunft einer echten Frauen-Tournee. Jedoch gibt es keine Ansage bislang, keinen Starttermin, weder von deutscher noch von österreichischer Seite. Immer noch ist dieser Wettbewerb eines der allerletzten Männerformate im Sport. Gelegentlich werden Gedanken gewälzt und Ideen in die Debatte geworfen, jedoch ist nichts dabei, was Talente wirklich verbindlich locken könnte. Oder, wie Daniela Iraschko-Stolz sagt: "Nicht Fisch und nicht Fleisch."

Iraschko-Stolz war, ehe sie im vergangenen Herbst die Karriere beendete, 23 Jahre lang Skispringerin bei den Erwachsenen. Nun kümmert sie sich unter anderem darum, den kleineren Kindern die Grundzüge des Skispringens beizubringen. Ihr dringendstes Thema zurzeit ist aber die Zukunft der Vierschanzentournee der Frauen. Es ist ein bisschen so, als würde in diesen Tagen große Werbung gemacht, jedoch haben viele Springerinnen die Sorge, dass die wirkliche Tournee vielleicht erst in fünf Jahren kommt. "Es fehlt die Vision", sagt Iraschko-Stolz, und hat die Sorge, dass die Frauen dann nur als "Adabeis" mitmachen, also als bessere Statistinnen.

Dringend sollten die Veranstalter nun einen verbindlichen Plan entwerfen, der die Sportlerinnen motiviert: "Wir brauchen ein Konzept" sagt Iraschko-Stolz. "Es müsste ein gemeinsames Produkt sein, ein umsetzbares", und zwar schnell, denn mit jedem Jahr Verzögerung verlöre das Frauenskispringen an Glaubwürdigkeit. "Und wenn wir für eine Tournee erst mal nur die Qualifikation dazunehmen oder einen Weltcup in Villach", sagt Iraschko-Stolz, wäre das schon ein Fortschritt.

Für all dieses wäre allerdings der Willen und das Bewusstsein für die Lage der Skispringerinnen bei den Entscheidern dieses Sports nötig. So richtig ernst genommen werden sie offenbar nicht. Die Zeit drängt jedenfalls, zumindest für eine konkrete Vision. Doch Rekord-Skispringerin Iraschko-Stolz zweifelt am Willen der Lenker des Skisports: "Man weiß es nicht: Ist das Glas halb voll - oder halb leer?"

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