VfL Wolfsburg:Mario Gomez will in Wolfsburg das Glück finden

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Viele sehen Wolfsburg als sportlichen Abstieg. Mario Gomez aber sagt, dass ihm der VfL alle Möglichkeiten biete, ein glücklicher Fußballer zu werden. (Foto: Bongarts/Getty Images)

Nach 1211 Tagen kehrt Mario Gomez in die Bundesliga zurück. Die anfängliche Skepsis ist überwunden, alle sind sich einig, dass der VfL ein super Geschäft gemacht hat.

Von Carsten Scheele

Wenn sich ein Spieler des VfL Wolfsburg über die Stadt äußert, in der er kickt und lebt, kann das leicht ins Unvorteilhafte gleiten - für die Stadt Wolfsburg. Der Litauer Valdas Ivanauskas hatte dem VfL einmal erst zu-, dann wieder abgesagt, weil seine Frau sich partout nicht vorstellen konnte, dort am Rande Niedersachsens zu wohnen. Auch Julian Draxler nehmen sie bis heute übel, dass er gesagt haben soll, das Beste an Wolfsburg sei "die kurze Bahnfahrt nach Berlin".

Insofern hat sich Mario Gomez einigermaßen geschickt aus der Affäre gezogen. Man könne es sich "überall schön machen, wenn man die richtigen Leute um sich herum hat", erklärte Gomez ausreichend universell. Er sei ja keiner, der ständig von Bar zu Bar ziehen müsse. Und klar hätte er auch schon die Sehenswürdigkeiten der Stadt betrachtet, Gomez lächelt, er fügte hinzu: "Das geht ja schnell."

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Diese kleine Spitze dürften die Wolfsburger ihrem neuen Vorzeigestürmer verzeihen, wenn er annähernd so einschlägt, wie sich das die Macher beim VfL erhoffen. Denn Gomez hat ja auch viele nette Sachen über seinen neuen Arbeitgeber gesagt, zum Beispiel, dass Wolfsburg ihm alle Möglichkeiten biete, um ein glücklicher Fußballer zu werden. Der Transfer hat in den vergangenen Wochen in der öffentlichen Wahrnehmung eine erstaunliche Metamorphose vollzogen.

Gomez steht gegen Köln in der Startelf

Anfangs als mutig eingeschätzt, da Gomez seit Jahren nicht mehr in der Bundesliga gespielt hat und mit Trainingsrückstand aus der minder geschätzten türkischen Süper Lig zum VfL kam, wird Wolfsburg aktuell geradezu beglückwünscht für diesen Coup. Das hat nicht zuletzt mit der Nationalelf zu tun, in der Gomez auch wieder spielt, und mit Thomas Müller, der das Fehlen des Neu-Wolfsburgers zuletzt so kommentierte, dass es im Fußball nützlich sein könne, im Sturm auf die "bulligere Variante" zu setzen. Und da gäbe es in Deutschland "nur Mario Gomez".

Wenn der VfL am Samstagnachmittag auf den 1. FC Köln trifft, wird das deutsche Unikat erstmals in der Startelf stehen, beim Saisonauftakt in Augsburg (2:0) hatte Gomez wegen der Nachwirkungen seines Muskelfaserrisses aus dem EM-Viertelfinale noch gefehlt. Umgeben von Feinfüßen wie Draxler oder Daniel Didavi soll Gomez künftig für den nötigen Wumms vor dem Tor sorgen; manche sagen, er muss einschlagen, da Wolfsburg im Sturm ansonsten arg dünn aufgestellt ist.

Da sind nur noch der Brasilianer Bruno Henrique und der junge Spanier Borja Mayoral, der eine holt gerade seinen Trainingsrückstand auf, der andere, Mayoral, hat noch Anlaufschwierigkeiten beim Klub. Die Partie gegen Köln wird Gomez' erstes Punktspiel für einen deutschen Klub nach 1211 Tagen Abstinenz, seit er im Mai 2013 im finalen Saisonspiel des FC Bayern bei Borussia Mönchengladbach für eine Viertelstunde eingewechselt wurde.

Vom FC Bayern ging er anschließend zum AC Florenz, später zu Beşiktaş Istanbul, wo er in der vergangenen Spielzeit nicht nur Meister, sondern auch Torschützenkönig wurde. Nun eben nach Wolfsburg. Ein sportlicher Abstieg, denken viele, zumal Wolfsburg in dieser Spielzeit nicht einmal international vertreten ist. Nicht so wichtig, findet Gomez. Klar, viel lieber wäre er zu einem Klub gewechselt, der in der Champions League spielt, aber eben nicht, um dort im Kader nur Stürmer Nummer zwei oder drei zu sein.

"Eine Riesenverstärkung für uns", sagt Hecking

Gomez ist 31, er will sich nicht mehr durchbeißen müssen, er will spielen. So sei es ihm "ziemlich egal, was andere sagen. Ich bin megahappy hier", erklärt der Stürmer. Als Saisonziel hat Gomez ausgegeben, er wolle mit dem VfL "ganz vorne rein". In der Regel sind dies die Plätze eins bis drei.

Auch Wolfsburg ist von den neuen Möglichkeiten, die Gomez bietet, sehr angetan. Es hatte ja Handlungsbedarf bestanden in der Offensive, nach den Verkäufen von Max Kruse (Werder Bremen), André Schürrle (Dortmund) und Bas Dost, der bislang die Planstelle als langer Lulatsch (1,96 Meter, Schuhgröße 48) eingenommen hatte, nun aber zu Sporting Lissabon weiterveräußert wurde. So ist für den Lulatsch nun der Bulle da (1,89 Meter, Schuhgröße 44), für rund sieben Millionen Euro geradezu ein Schnäppchen, das den VfL zurück in den Europacup schießen soll. "Wenn Mario nur annähernd die Torquote erreicht, die er bei anderen Klubs erreicht hat, ist er eine Riesenverstärkung für uns", sagt Trainer Dieter Hecking. Zuletzt bei Beşiktaş waren das allein in der Liga 26 Saisontreffer.

© SZ vom 09.09.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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