VfL Wolfsburg:Immer die Altersfrage!

Lesezeit: 3 min

Olaf Rebbe (Foto: imago/Hübner)

Der neue, junge Sportchef Olaf Rebbe steht beim VfL Wolfsburg auf einmal in der ersten Reihe. Und baut den Kader in beachtlichem Tempo um.

Von Carsten Scheele, Wolfsburg

Es gibt dieses Bild von Olaf Rebbe aus dem Trainingslager in La Manga, da sieht er tatsächlich jung aus. In kurzer Sporthose, Trainingsjacke und Fußballschuhen steht er auf dem Rasen, das Handy am Ohr - allerdings wirkt es, als könnte er das Telefon auch beiseite legen und gegen den nächstbesten Ball treten oder als Athletik-Trainer die nächste Übung ansagen. Rebbe, obwohl immerhin 38, sieht auf diesem Bild maximal aus wie 31.

Immer die Frage nach dem Alter! So jung und bereits Sportchef des VfL Wolfsburg - ein kleines bisschen nervt das schon. Nur einen weiteren Kollegen gibt es in der Bundesliga, der sich ähnliche Fragen anhören muss, Hoffenheims Alexander Rosen, der ist ein Jahr jünger, 37. "Dieses Thema wird ganz schön gehypt", findet Rebbe. Er könnte ja verstehen, dass jeder nach seinem Alter fragt, wenn es keine anderen Themen in Wolfsburg gäbe. Gibt es aber.

Hamburger SV
:Ist der HSV eine unfaire Mannschaft?

Fünfmal Rot oder Gelb-Rot: Dass der HSV erneut im Bundesligakeller feststeckt, liegt auch an den vielen Platzverweisen. Der eigene Minusrekord gerät in Gefahr.

Von Jörg Marwedel

Seit Klaus Allofs im Dezember in Ungnaden entlassen wurde, ist Rebbe hier der Chef und dabei, einige Dinge zu verändern. In der Organisation, in der Außendarstellung, nicht zuletzt der Mannschaft. In verwunderlichem Tempo hat er den Kader neu strukturiert, Spieler verpflichtet, und ein anderer, über den sich der Verein sehr geärgert hatte, durfte gehen: Nationalspieler Julian Draxler wechselte für 42 Millionen Euro zu Paris Saint-Germain.

Erster Fall: Julian Draxler

Die Personalie Draxler landete als erste auf Rebbes Tisch, und es hat den Bossen bei VW gefallen, wie er sie löste. Monatelang hatte Draxlers vehementer Wechselwunsch den Verein auf Trab gehalten, der Ärger war groß, Draxler wurde zum Bleiben verdonnert, spielte irgendwann so lustlos, dass die Fans zu pfeifen begannen. Eine Zerreißprobe für den ganzen Klub - es dauerte keine zwei Wochen, da hatte Rebbe das Problem entschärft.

An Weihnachten wurde der Wechsel bekannt gegeben, völlig geräuschlos hatte Rebbe den Deal mit PSG eingefädelt. Der Verkaufspreis war sogar höher als die 35 Millionen, für die Draxler einst von Schalke gekommen war. "Risikoreich" sei das gewesen, erzählt Rebbe: "Wir hätten Julian Draxler auch erst im neuen Jahr verkaufen können."

Doch das hätte Rebbes Zeitplan gesprengt. Er ist nicht nur Draxler losgeworden, sondern hat das Geld zum Teil in vier neue Spieler investiert, junge Kerle, darunter der Franzose Paul-Georges Ntep und der frühere Mainzer Yunus Malli. Den Vertrag mit Robin Knoche hat er verlängert, die U 17-Nationalspieler-Zwillinge Gian-Luca und Davide-Jerome Itter langfristig an den Klub gebunden. Bis zum Start des Trainingslagers Anfang Januar in Spanien hatte Rebbe den Kader neu aufgestellt.

Wieder drang zuvor kein Wort nach draußen, warum? "Der Malli-Wechsel lief perfekt, andere Themen liefen ebenso gut", erzählt Rebbe: "Wir haben unsere Chancen womöglich ganz gut genutzt. Aber wir sind beim VfL auch keine Transferpäpste." Trotzdem wurde Rebbe von Interimsmann zum neuen Sportchef bestimmt. Und Rebbe entschied, dem ebenfalls jungen Interimscoach Valérien Ismael, 41, einen festen Vertrag zu geben.

Zweimal hat sich der Verein somit aus Bordmitteln bedient, als die Branche eher die Verpflichtung großer Namen erwartete - das fällt auf. In den vergangenen beiden Jahren wurde in Wolfsburg stets versucht, das ganz große Rad zu drehen, jetzt scheint alles eine Nummer kleiner zu gedeihen. Ein Sportchef, der noch nirgendwo Chef war, und ein Trainer, der noch nichts gewonnen hat, dürfen nun das ehrgeizige Fußballprojekt anleiten. Kein Problem, findet Rebbe. Er ist ja kein Novize, sondern seit 13 Jahren im Bundesligageschäft, erst zehn Jahre bei Werder Bremen, seit 2013 in Wolfsburg.

Weg vom reinen Käuferverein

Unter Allofs erledigte er stets Aufgaben, die für einen klassischen Assistenten zu groß gewesen wären; so war er maßgeblich an der Verpflichtung von Mario Gomez beteiligt. Rebbe sagt, er habe in den vergangenen Wochen lediglich einen "Perspektivwechsel" vollzogen, von der Rückbank auf den Vordersitz. "Neu ist, dass ich unsere Entscheidungen in der ersten Reihe vertrete", sagt Rebbe, inklusive Presseterminen und TV-Interviews.

Drei Siege hat das Duo Ismael/Rebbe zum Einstieg geholt, zuletzt das 1:0 gegen den HSV, als der von Rebbe verpflichtete Ntep kurz vor Schluss mit einem Flankenlauf das Tor erzwang. Am Samstag gegen Augsburg soll der vierte Sieg folgen.

Erfindet sich der VfL Wolfsburg also gerade neu? Ein bisschen vielleicht. Auch im 20. Bundesliga-Jahr ist der VfL immer noch vom Geldgeber VW abhängig, der Konzern möchte seine Fußballsparte in der Tabelle deutlich besser platziert sehen als auf Rang zwölf. So bleibt ein Großteil der Fans im Fußballland kritisch, Rebbe findet, es wäre "nicht schlecht, wenn sich das Image vom reinen Käuferverein wandelt. Die Öffentlichkeit muss von dem Irrglauben wegkommen, dass sich beim VfL Wolfsburg alles nur über Geld definiert." Gelingt das Experiment mit Rebbe und Ismael, wäre es ein erster Schritt. Auch Rebbe kann sich vorstellen, "dass unsere Geschichte dem einen oder anderen da draußen gefällt".

© SZ vom 26.01.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Borussia Dortmund
:Tuchel über Isak: "Kannte den Spieler nicht"

Der BVB verpflichtet ein schwedisches Talent - doch der Trainer erfährt erst spät davon. Schalke 04 holt Daniel Caligiuri.

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: