VfL Wolfsburg im DFB-Pokal:Gestärkt durch belgische Waffen

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Kommt langsam in Fahrt: Kevin de Bruyne. (Foto: Ronny Hartmann/Getty)

Die Ausgangslage ist für den VfL Wolfsburg komfortabel. Vor dem Halbfinale im DFB-Pokal gegen Borussia Dortmund haben die Wolfsburger gute Chancen auf das internationale Geschäft. Auch, weil sich neben Kevin De Bruyne ein weiterer Zugang aus der Winterpause stark verbessert hat.

Von Boris Herrmann

Mal angenommen, der FC Bayern und Borussia Dortmund würden das Finale im DFB-Pokal erreichen, dann wäre das eine gute Nachricht für den VfL Wolfsburg. Das würde nämlich bedeuten, dass der siebte Tabellenplatz in der Bundesliga ausreichte, um sich für die kommende Europa League zu qualifizieren, weil Bayern und Dortmund an der Champions League teilnehmen werden.

Die Rückkehr nach Europa ist das erklärte Unternehmensziel der Wolfsburger, und Platz sieben sollte für sie in jedem Fall zu schaffen sein. Sie haben vier Ligaspiele vor Saisonschluss acht Punkte Vorsprung auf den Achten, den FC Augsburg. Andererseits: Für den VfL Wolfsburg wäre die gute Nachricht vom Pokalfinale zwischen Bayern und Dortmund sicherlich von dem Umstand getrübt, dass Dortmund im Halbfinale gegen den VfL Wolfsburg spielt.

Da sieht man mal wieder, dass hinter jeder Chance ein Problem lauern kann. Und umgekehrt. Denn das wäre für die Wolfsburger natürlich auch ein möglicher Weg nach Europa: Ein Sieg am Dienstagabend beim BVB, der sie selbst ins Pokalfinale gegen den FC Bayern brächte - natürlich immer vorausgesetzt, die Münchner können wenigstens noch gegen die Zweitligakicker aus Kaiserslautern gewinnen.

Alles in allem dominieren beim VfL des Jahres 2014 also die guten Perspektiven. Zumal da nach dem fast schon rauschhaften 4:1 im vergangenen Ligaspiel gegen den 1. FC Nürnberg sogar die Teilnahme an der Champions-League-Qualifikation in greifbare Nähe rückt. Für Manager Klaus Allofs, der immer wieder gerne daran erinnert, dass Wolfsburg in der zurückliegenden Saison noch gegen den Abstieg kämpfte, wäre das eine Art Übererfüllung der Planvorgaben.

Bis vor wenigen Wochen konnte Allofs schlüssig erklären, weshalb sein Team noch kein Champions-League-Format habe. Allmählich gehen ihm aber die Argumente aus. Wolfsburg hat drei seiner letzten vier Spiele gewonnen und auch bei der einen Niederlage - einem 1:2 in Dortmund - alles andere als einen schlechten Eindruck hinterlassen.

Im Spiel gegen Nürnberg war für jedermann ersichtlich, weshalb der VfL gerade einen Lauf hat. Unter anderem deshalb, weil Kevin De Bruyne allmählich andeutet, warum ihn die Wolfsburger zum Preis von etwa 666 Mittelklassewagen dem FC Chelsea abgekauft haben. Der junge Belgier, 22, mit den rot leuchtenden Pausbäckchen lieferte nicht nur zwei direkte Torvorlagen, er eroberte auch versteckte Räume, riss gewaltige Löcher und spielte extravagante Steilpässe. "Jede gefährliche Aktion lief ja über ihn", freute sich Allofs. Nürnbergs herrlich kauziger Trainer Gertjan Verbeek schwärmte unterdessen auf seine Weise: "Ja, der ist gekauft für 21 Millionen, der wird eine gewisse Qualität haben."

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Der katastrophal spielende Rafinha fährt auch noch die Krallen aus. Arango beweist endlich, dass er mehr Körperteile besitzt als nur einen linken Fuß. Und Henrikh Mkhitaryan therapiert sich selbst. Die Elf des 30. Bundesliga-Spieltags.

Aber ganz so klar ist dieser Zusammenhang eben doch nicht. Als De Bruyne im Winter aus London nach Wolfsburg kam, hatte er zuvor ein halbes Jahr lang kaum gespielt. Das merkte man ihm an. "Er hat einen großen Rucksack mitgebracht", so erklärt VfL-Trainer Dieter Hecking die Startschwierigkeiten: "Die hohe Ablösesumme, die Erwartungshaltung. Und dann eine Fitness, die in den ersten Spielen sicher nicht ausgereicht hat, um Topleistungen zu bringen." Vom Bankdrücker in der Premier League zum Superhelden in der Bundesliga, so einfach geht das nicht.

Manager Allofs hat in seiner diplomatischen Art stets betont, niemand habe von De Bruyne Wunderdinge erwartet, jedenfalls nicht in der ersten Saison. Nachdem nun beim 4:1 gegen den Club aber die ersten klitzekleinen Wunder geschehen sind, konnte der etwas weniger diplomatische Hecking mit der vollen Wahrheit rausrücken: "Ich will nicht sagen, dass wir ihn durchgeschleppt haben zu Beginn der Rückrunde, aber er hat nicht das gezeigt, was wir uns von ihm erwartet haben." Seit etwa vier Wochen beobachtet der Trainer, dass De Bruyne frischer wird, dass er auch im Training Vollgas gibt. "Jetzt ist er da, wo wir ihn haben wollen", sagte Hecking vor dem Pokalspiel beim BVB, der De Bruyne bekanntlich auch mal haben wollte.

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In all den Lobgesängen ging fast ein wenig unter, dass sich die Wolfsburger in der Winterpause noch mit einer weiteren belgische Waffe entscheidend verstärkt haben. Mit einem Mann, der noch einmal drei Jahre jünger und unerfahrener als De Bruyne ist, dafür aber auch rund 600 Mittelklassewagen preisgünstiger war. Dieser Bernard Malanda-Adje aus Brüssel, genannt Junior Malanda, ist jedenfalls eine Show für sich.

Er vereint die Idealfigur eines Runningbacks im American Football mit der Beweglichkeit einer Schlange. Vor allem aber scheint er eine torgefährliche Zweikampfmaschine zu sein (sieben Einsätze, zwei Treffer, eine Vorlage), was ihn auf der Doppelsechs zur idealen Ergänzung zum eher stoischen Zerstörer Luiz Gustavo macht. "Extraklasse, was der mit seinen 19 Jahren spielt", findet Hecking.

Irgendwie extraklasse war auch, wie dieser Junior Malanda es anstellte, dass er überhaupt schon in der Bundesliga kicken darf. Der VfL hatte ihn im vergangenen Sommer vom belgischen Erstligisten Zulte Waregem verpflichtet, ihn zum Zwecke der Talentreife aber direkt wieder dorthin ausgeliehen. In Malandas Vertrag gab es eine Klausel, die besagte, dass er zur Winterpause nach Wolfsburg übersiedeln dürfe - unter der Bedingung, dass Zulte Waregem bis dahin mehr als fünf Punkte hinter dem Tabellenführer liegen würde.

Gerade noch rechtzeitig, nach dem 0:1 beim RSC Anderlecht am letzten Spieltag der Hinrunde, wuchs der Rückstand auf sieben Zähler. Durch ein schönes Eigentor von Junior Malanda.

© SZ vom 15.04.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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