Vettel scheidet in Monza aus:Motor aus und rechts ran!

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Weil die Lichtmaschine seines Wagens nur bis zur 48. von 53 Runden hält, scheidet Sebastian Vettel in Monza aus. Nach Fernando Alonsos Aufholjagd und Lewis Hamiltons Sieg sind die Aussichten des Deutschen auf den WM-Titel stark gesunken.

Michael Neudecker, Monza

Sebastian Vettel fuhr gerade über die Ziellinie, er begann die 48. von 53 Runden dieses Formel-1-Rennens in Monza, da rief ein Ingenieur in den Boxenfunk: "Mach den Motor aus!" Formel-1-Fahrer sind abhängig von den Entscheidungen ihrer Ingenieure, die vor Monitoren voller Daten sitzen, die Ingenieure haben immer alles im Blick, sie wissen, was vom Auto noch zu erwarten ist und was nicht. Vettel also gehorchte sofort, er wurde langsamer und langsamer, er lenkte nach rechts, und dann kam er auf dem Grasstreifen am Ende der Start- und Zielgeraden zum Stehen. Er war da gerade Sechster gewesen, womöglich wäre er noch um einen oder zwei Plätze nach vorne gekommen, aber jetzt: stieg Sebastian Vettel aus. Er war, kaum überraschend, wütend.

Erzwungener Ausstieg auf dem Seitenstreifen: Sebastian Vettel beendet das Rennen in der 48. Runde. (Foto: dapd)

Warum er das Rennen habe beenden müssen? "Die Lichtmaschine", sagte Vettel kurz, und: "Schade, es wären wichtige Punkte gewesen." Stattdessen punktete Vettels Konkurrenz, Lewis Hamilton gewann im McLaren (vor Sauber-Fahrer Sergio Peréz), Fernando Alonso wurde Dritter, Kimi Räikkönen im Lotus wurde Fünfter.

Der Sport ist eine schnelllebige Branche, Sebastian Vettel hat das nun wieder einmal selbst erfahren. Noch vor einer Woche, beim Rennen in Spa, feierte er seine Rückkehr ins Titelrennen, Alonso war wegen des Startunfalls ausgefallen, Vettel war Zweiter geworden, er verringerte den Rückstand auf Alonso auf 24 Punkte. Ein weiterer Ausfall nur und ein Sieg Vettels, und schon wäre er in Führung: Das war die Rechnung, die oft zu hören war in den Tagen vor Monza.

Ein Rennen später beträgt sein Rückstand auf Alonso wieder 39 Punkte, und er hat jetzt nicht mehr nur einen Konkurrenten vor sich, sondern drei. Im Gesamtklassement ist er nun Vierter, überholt von Hamilton, überholt von Räikkönen. Monza 2012 war für Sebastian Vettel ein Rennwochenende zum Vergessen.

Er hatte ja schon vor seinem persönlichen Renn-Ende keine Chance mehr auf den Sieg, zum einen, weil Hamilton einfach zu souverän vorneweg fuhr, zum anderen, weil er sich im Duell mit Fernando Alonso um Rang drei eine Strafe eingehandelt hatte. In Runde 26 versuchte Alonso, in einer Rechtskurve außen an Vettel vorbeizufahren, dabei geriet er von der Strecke ins Kiesbett, für einen kurzen Moment nur, Vettel behauptete damit vorläufig Rang drei. Die Rennkomissare allerdings sahen in dieser Szene einen Regelverstoß: Vettel habe Alonso von der Strecke gedrängt, entschieden sie, und belegten den Deutschen mit einer Durchfahrtsstrafe. Vettel fuhr also in Runde 32 einmal durch die Boxengasse, danach war er Neunter.

Er arbeitete sich noch mal vor, bis zum Funkspruch in Runde 48.

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Die Entscheidung aus Vettels Box war eine Entscheidung aus Vernunft: Die Ingenieure hatten gesehen, dass die Lichtmaschine defekt war, die den Strom für ein Rennauto produziert; bereits bei Vettels erstem Ausfall in dieser Saison in Valencia war sie das Problem gewesen. Der Motorenbauer Renault sprach damals von einer Überhitzung, und es scheint, als hätte die Firma noch keine Lösung für dieses Problem gefunden: Auch im dritten freien Training am Samstag musste Vettel vorzeitig abbrechen, aus dem gleichen Grund. Vor dem Rennen wurde deshalb eine neue Lichtmaschine eingebaut, und nach dem Rennen blieb Renault-Ingenieur Cyril Dumont nichts, als sich öffentlich bei Red Bull zu entschuldigen.

Vettels Ingenieure, das war aus mehreren Funksprüchen während des Rennens herauszuhören, wussten, dass auch die neue Lichtmaschine Probleme bereitete, sie rechneten jede Runde damit, dass Vettels Rennen vorbei sein könnte, irgendwann sahen sie keine andere Möglichkeit, als Vettel das Kommando zum sofortigen Stopp zu geben. Ohne Stromversorgung kann der ganze Motor kaputt gehen, in solchen Situationen "stellen wir das Auto lieber ab, um den Motor für die nächsten Rennen am Leben zu halten", sagte Vettel.

Zumal: In Monza erreichen die Autos an mehreren Stellen an die 340 Stundenkilometer, Monza ist die schnellste Strecke im Formel-1-Zirkus. Man mag nicht daran denken, was passieren kann, wenn bei über 300 km/h der Motor aufgibt.

Weil auch Vettels Teamkollege Mark Webber nicht ins Ziel kam - bei ihm wurde wenige Runden vor Ende ein Platten an mehreren Reifen festgestellt -, blieb das Weltmeisterteam der beiden vergangenen Jahre erstmals seit Korea 2010 ohne Punkte. "Echt schlimm" sei das, sagte Teamchef Christian Horner, und "frustrierend". Es war eine drastische Wortwahl, aber aus seiner Sicht die einzig richtige an diesem Sonntag, nicht nur aus seiner.

© SZ vom 10.09.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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