Verletzung von Marco Reus:"Das war ein Scheiß-Gefühl"

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Nur Gelb: Schiedsrichter Wolfgang Stark belässt es nach dem Foul des Paderborners Marvin Bakalorz gegen Dortmunds Marco Reus bei einer Verwarnung. (Foto: dpa)

Nationalspieler Marco Reus fällt nach einem harten Foul des Paderborners Marvin Bakalorz für die restliche Hinrunde aus. Der Übeltäter ist untröstlich. BVB-Trainer Jürgen Klopp beschwichtigt das aber nicht.

Von Freddie Röckenhaus, Dortmund

Von wegen Ende der Krise: Borussia Dortmund trudelt weiter. Beim Aufsteiger SC Paderborn reichten dem BVB nicht einmal eine souveräne erste Halbzeit und eine 2:0-Führung. Am Ende war der Jammer bei den Borussen wieder groß. Nicht nur über das 2:2 und eine missratene zweite Hälfte, sondern auch darüber, dass der frühere Borusse Marvin Bakalorz den BVB-Nationalspieler Marco Reus krankenhausreif foulte. Reus sollte eine ähnlich schwere Verletzung davongetragen haben, wie die, die ihn im Sommer die WM-Teilnahme kostete.

Bakalorz traf Reus bei einer Grätsche mit gestrecktem Bein so heftig am rechten Sprunggelenk, dass der Dortmunder Nationalspieler, eben erst fit geworden nach einer Bänderdehnung am linken Sprunggelenk, mit schmerzverzerrtem Gesicht liegen blieb. Bakalorz war nachher selbst untröstlich: "Ich habe mit Marco im Trainingslager das Zimmer geteilt. Es war keine Absicht. Als ich Marco da liegen sah, das war ein Scheiß-Gefühl. Jürgen Klopp hat mich angeschrien, und er hatte Recht."

Sein Trainer André Breitenreiter wollte ihn nachher in Schutz nehmen: "Er ist ein wirklich guter Junge. Als er sein Foul im Fernsehen gesehen hat, ist er selbst kreidebleich geworden. Es tut ihm leid." Dortmunds Jürgen Klopp sah die Sache anders: "Ich habe mit Marvin ein paar Jahre in Dortmund gearbeitet. Leider passiert ihm das immer wieder mal, dieses unkontrollierte Grätschen. Ich habe ihm schon früher gesagt, dass er das nicht machen soll." In einer weiteren Szene holte Bakalorz ähnlich brutal Sebastian Kehl von den Beinen, der aber unverletzt blieb.

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Der Fuß wurde "sehr, sehr dick"

Dortmunds Zorn richtete sich auch gegen Schiedsrichter Wolfgang Stark, der es bei einer gelben Karte für Bakalorz beließ, obwohl auch Rot für das Einsteigen gegen Reus gerechtfertigt erschien. Reus dürfte, im günstigsten Fall, einen Außenbandriss davongetragen haben, eventuell ist erneut das Syndesmoseband betroffen. "Es ist diesmal das andere Bein", klagte Jürgen Klopp sichtlich schockiert, "aber ich weiß nicht, ob das nun besser ist oder noch schlimmer." Der Fuß sei "sehr schnell sehr dick" geworden. Am Sonntag dann die Diagnose: Außenbandriss. Reus fällt für die restliche Hinrunde aus.

Schiedsrichter Stark musste sich nach dem Spiel nicht nur wegen der Reus-Szene von den Dortmundern heftige Vorwürfe machen lassen. In der 81. Minute, kurz vor dem Paderborner Ausgleich durch den ehemaligen Dortmunder Mahir Saglik, der erst 20 Sekunden zuvor eingewechselt worden war, hatte Kevin Großkreutz das vermeintliche 3:1 für Dortmund erzielt. Stark jedoch gab den Treffer nicht. Später stellte sich heraus, dass ihm sein Linienrichter eine Abseitsstellung des Dortmunder Milos Jojic angezeigt hatte, der aber nicht ins Spiel eingriff.

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Dortmund legte einst Protest gegen Schiedsrichter Stark ein

Schiedsrichter Stark hatte in den letzten zwei Jahren den BVB nicht mehr gepfiffen, nachdem ihm in einem Spiel der Dortmunder gegen Wolfsburg ein spektakulärer Fehler unterlaufen war: Damals stellte Stark zu Unrecht, wie die Fernsehbilder später bewiesen, BVB-Verteidiger Marcel Schmelzer wegen absichtlichen Handspiels auf der eigenen Torlinie vom Platz und gab zugleich Strafstoß für Wolfsburg, das Spiel endete 1:1. Dortmund legte danach Protest gegen Stark ein, der auch vorher schon durch häufige Fehlentscheidungen zum Buhmann des BVB geworden war.

"Es fällt mir schwer, an diesem Abend über Fußball zu sprechen", meinte Klopp nach dem Spiel. Das lag sicher an der Verletzung von Reus und seinem Ärger über den Schiedsrichter. Allerdings musste sich Dortmunds Trainer auch fragen, wie der plötzliche Leistungseinbruch seiner Mannschaft in der zweiten Halbzeit zu erklären ist. Bis dahin hatte Dortmund mit einem überragenden Pierre-Emerick Aubameyang in der Spitze die Paderborner kontrolliert. Aubameyang erzielte das 1:0 selbst und leitete das 2:0 durch Reus mit einem raffinierten Traumpass vor. Das Spiel sah wie entschieden aus. Breitenreiter gelang es aber offenbar in der Pause, seinen Spielern den übertriebenen Respekt vor Klopps Truppe zu nehmen: "Wir haben gesagt, dass wir jetzt nichts mehr zu verlieren haben und mit einem Anschlusstreffer wieder ins Geschäft kommen würden."

"Unerklärlicher Abfall in Hälfte zwei"

Der gelang nach einer jener Fehlerketten, die sich Dortmund in der laufenden Saison immer wieder leistet. Paderborns Lukas Rupp blieb dann allein vor Nationaltorwart Roman Weidenfeller eiskalt. Spätestens mit dem 2:1 nach genau einer Stunde kroch erkennbar die Angst der Dortmunder vor dem nächsten Ausrutscher herauf. Klopp fand zwar: "Wenn unser Tor zum 3:1 zählt, gewinnen wir das Spiel hier auch." Dennoch musste er eingestehen: "Wir haben die Paderborner leben gelassen, wir haben viele lange Bälle zugelassen, so dass sie immer wieder vor unser Tor kamen." Der Ausgleich allerdings resultierte aus einer Ecke, als der nicht gerade hochgewachsene Saglik sich per Kopf gegen Dortmunds Abwehr-Hünen Ginter und Subotic durchsetzte.

Von einer Aufholjagd wollte nachher in Dortmund keiner mehr reden. Selbst Aubameyang, der inzwischen beeindruckend die Nachfolge von Robert Lewandowski angetreten hat, will nur noch "von Spiel zu Spiel eben Punkte sammeln. Von den Champions League-Plätzen müssen wir im Moment nicht reden, wir brauchen Punkte und müssen dann in der Rückrunde angreifen". Dortmunds Sportchef Michael Zorc hatte "eine gefühlte Niederlage" gesehen und "einen unerklärlichen Abfall in der zweiten Halbzeit". Paderborns Trainer Breitenreiter schwärmte dagegen von einem "überragenden Ergebnis"; man habe schließlich gegen eine "Weltklasse-Mannschaft" gespielt. Sein Kollege Klopp kann solche Lobpreisungen seiner Spieler schon längst nicht mehr hören. Meist werden sie zum Trost gesagt, nach tatsächlichen und gefühlten Niederlagen des BVB.

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