Verletzung von Kingsley Coman:"Als ich ihn da liegen sah, hatte ich fast Tränen in den Augen"

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Fehlt dem FC Bayern in den nächsten Monaten: der Tempodribbler Kingsley Coman. (Foto: Sven Hoppe/dpa)
  • Der agile Kingsley Coman verletzt sich beim Saisonauftakt gegen Hoffenheim schwer und fällt lange aus.
  • Dass der Franzose Arjen Robben aus der Startelf verdrängt hat, gerät da fast zur Nebensache.
  • Hier geht es zum Spielplan in der Bundesliga.

Aus dem Stadion von Jonas Beckenkamp, München

Die spannenden Geschichten waren nur so aus diesem packenden Fußballspiel herausgeschwappt, als auch noch Joshua Kimmich am späten Freitagabend um ein Statement gebeten wurde. Kimmich ist einer, der mittlerweile gerne Auskunft gibt beim FC Bayern. Er spricht deutlich, schaut sein Gegenüber an und meistens hat er auch wirklich etwas zu sagen. So auch diesmal. Es war ihm verdammt ernst, als er über seinen verletzt ausgeschiedenen Kollegen Kingsley Coman, 22, erzählte: "Das ist natürlich ganz bitter für ihn. Er hat überragend gespielt und dann das. Ich war selbst schockiert, als ich ihn da liegen sah und hatte fast Tränen in den Augen." Die Dimension des Schocks war also gewaltig.

Der FC Bayern hat gegen Hoffenheim einen erfolgreichen Start in diese Saison hingelegt, er hat - nach allem was man weiß - 3:1 gewonnen, aber er hat Coman verloren. Wenn es blöd läuft, sogar für lange Zeit. Für jene Zeit, wenn im März und April gegen Europas Prominenz genau solche Fußballer wie Coman gefragt sind. Und das schmerzte nicht nur Kimmich. Auch Sportdirektor Hasan Salihamidzic musste sich im Gespräch erst einmal räuspern und seine Gefühle ordnen, ehe er über Hoffenheims Nico Schulz, den Verursacher des Fouls an Coman, sagte: "Ich glaube nicht, dass es Absicht war. Aber für uns ist es natürlich extrem unglücklich." Wie immer man die Szene auch betrachtete oder bewertete - sie beschäftigte alle Beteiligten zutiefst an diesem Abend der kleinen und großen Dramen.

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Riss des Syndesmosebandes oberhalb des linken Sprunggelenks, so lautete noch in der Nacht die Diagnose der Bayern-Ärzte, nachdem der Franzose auf Krücken die Praxis von Klubarzt Hans-Wilhelm Müller-Wohlfahrt verlassen hatte, um eine Operation kommt er nicht herum. Dieses verflixte Körperteil also, das Schien- und Wadenbein zusammenhält. Jenes Band, das Coman bereits im vergangenen Februar den Rest der abgelaufenen Saison kostete. Diese besondere Tragik hatte noch auf dem Feld zu emotionalen Szenen geführt. Franck Ribéry redete wie ein Unfallseelsorger auf Coman ein, er packte den Kollegen am Kopf, während Nico Schulz seine eigenen Mitspieler von Protesten gegen seine nachträgliche gelbe Karte abhielt.

Auch ihm war klar: Da könnte eine ganze Saison zerrissen worden sein. "Er macht genau in dem Moment den Haken, als ich grätsche", sagte der Hoffenheimer, der sich mehrfach entschuldigte. Bis zu dieser Szene kurz vor der Pause hatte wirklich jeder im Stadion gemerkt, dass Coman das Gesicht des FC Bayern unter Niko Kovac werden könnte. Derjenige, der die Emanzipation von Rib&Rob bei den Münchnern verkörpert, der Tempo und Draufgängertum bringt, dessen Dribblings Lücken in alle Himmelsrichtungen reißen. Kovac hatte ja wie selbstverständlich den Franzosen als Rechtsaußen aufgeboten - und nicht Robben, der darüber "natürlich sauer" war und von einer "Riesen-Enttäuschung" sprach.

Holt der FC Bayern jetzt noch einen Flügelspieler?

Das Aus von Coman war ein Resultat der Hoffenheimer Härte, mit der die Bayern phasenweise gar nicht klarkamen. Wie eine Horde Rummelboxer brachten die Gäste Wucht in die Zweikämpfe - nicht unbedingt unfair, eher am Rande des guten Geschmacks. Nagelsmann-Fußball eben. Und es waren Robben sowie der geborene Widerspenstling Müller, die sich mit der größten Wonne in den Infight stürzten. "Sie haben uns sehr beeindruckt", räumte Müller ein, während Leon Goretzka ein "ganz schönes Wanken" beim FC Bayern feststellte. Letztlich dokumentierte sich am Wechsel Robben (der das 3:1 erzielte) für Coman aber auch, wie die Münchner solche Schieflagen überstehen können: mit der Kraft, der Kernigkeit der Altvorderen.

Noch sind die Robbens, Ribérys (der spielentscheidend abhob) und Lewandowskis (der spielentscheidend traf) ja in der Lage, Spiele rumzureißen - zumindest gegen so ein paar Hoffenheims der Bundesliga. Die Frage ist aber, ob das auch für mehr reicht. Einen zweiten Flügel-Beschleuniger wie Coman hat selbst der FC Bayern aktuell nicht in seinem schicken Kader. Serge Gnabry, der diesmal angeschlagen fehlte, sehen die Verantwortlichen wohl eher als Wusler im Zentrum, der 17-jährige Alphonso Davies kommt erst im Winter. Und so könnte doch noch Arbeit auf Sportchef Salihamidzic zukommen, denn bis kommenden Freitag wäre ja noch ein Spalt offen im sogenannten Transferfenster. "Wir wollen jetzt nicht den Teufel an die Wand malen", teilte er über den möglichen Zukauf eines weiteren Außenspielers mit. Die Namen Anthony Martial (Manchester United) oder Leon Bailey (Leverkusen) gehören jetzt trotzdem wieder zum Grundrauschen in München.

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