DFB-Arzt Hecht:"Robben hätte auf die WM verzichten sollen"

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Nach dem Muskelriss von Arjen Robben: Ludwig Hecht, DFB-Arzt, über die Behandlung der Verletzung, Ehrgeiz von Sportlern und eine mögliche Klage des FC Bayern.

Jürgen Schmieder

Bei Arjen Robben wurde ein Riss im linken Oberschenkel diagnostiziert, er fällt wohl acht Wochen lang aus. Bereits im Juni hatte sich der holländische Dribbler verletzt - und lief dennoch bei der WM für die Nationalelf der Niederlande auf. Ludwig Hecht, ehemals Mannschaftsarzt der deutschen U-21-Nationalelf, über die Verletzung Robbens und vergeudete Zeit bei der Behandlung.

Arjen Robben muss zwei Monate pausieren. (Foto: ddp)

sueddeutsche.de: Herr Hecht, Arjen Robben fällt mit einem Muskelriss acht Wochen lang aus. Der FC Bayern dachte aufgrund der Verletzung gar an eine Klage. Hätte der Verein damit Aussicht auf Erfolg?

Ludwig Hecht: Aus meiner Sicht nicht. Die medizinische Abteilung der holländischen Nationalelf wird sich darauf berufen, ein eigenes Therapiekonzept zu haben.

sueddeutsche.de: Eine Frage bleibt dennoch: Hätte sich die lange Pause von zwei Monaten, bis Robben wieder spielen kann, vermeiden lassen können?

Ludwig Hecht: Aus der Ferne ist das schwer zu beurteilen, nach meinem Kenntnisstand wurde der Muskel nach der Verletzung im Juni zu früh belastet.

sueddeutsche.de: Damals zog sich Robben im Testspiel gegen Ungarn einen Muskelfaserriss zu. Wie wird diese Verletzung normalerweise behandelt?

Hecht: Wichtig ist nach der ersten Behandlung eine fußballspezifische Pause. Der Spieler darf traben, er darf leichte Übungen machen. Er sollte jedoch keine Schnellkraftübungen machen oder gar aufs Tor schießen - und natürlich auch kein Spiel absolvieren. Dazu sollte der verletzte Spieler Krankengymnastik machen, ihm kann auch Actovegin oder Traumeel gespritzt werden.

sueddeutsche.de: Sind das Schmerzmittel?

Hecht: Nein, beide Mittel dienen der Heilungsbeschleunigung.

sueddeutsche.de: Robben soll Schmerzmittel bekommen haben. Ist das bei einem Muskelbündelriss förderlich?

Hecht: Nur in der Anfangsphase der Verletzung, um die Schmerzen zu lindern. Danach fehlt die natürliche Kontrolle des Körpers, wenn er keine Schmerzsignale bekommt. Wenn Robben Schmerzmittel bekommen hat, um spielen zu können, dann könnte ihn genau das in die Bredouille gebracht haben.

sueddeutsche.de: Wie lange dauert die Genesung bei einem Muskelbündelriss gewöhnlich?

Hecht: Etwa vier Wochen, manchmal auch eine Woche länger.

sueddeutsche.de: Robben stand aber zwei Wochen später wieder auf dem Platz, bei einem WM-Spiel.

Hecht: Mein Kollege Hans-Wilhem Müller-Wohlfahrt hat vollkommen recht, wenn er sagt, dass Robben auf die WM hätte verzichten sollen. Vor allem: Robben hätte sich in München behandeln lassen sollen.

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sueddeutsche.de: Warum?

Ludwig Hecht: "Arjen Robben hätte sich in München behandeln lassen sollen." (Foto: N/A)

Hecht: Müller-Wohlfahrt ist ein absoluter Experte auf dem Gebiet der Muskelverletzungen, vor wenigen Wochen erst hat er ein Buch veröffentlicht, das Muskelverletzungen im Sport heißt. Er ist einer der besten Mediziner weltweit, wenn es um Muskelverletzungen geht. Und das sage ich nicht, weil wir beide DFB-Ärzte sind.

sueddeutsche.de: Stattdessen ließ sich Robben von Dick van Toorn behandeln, dessen Methoden umstritten sind ...

Hecht: Dazu kann ich nichts sagen, weil ich über das Konzept des Physiotherapeuten zu wenig weiß.

sueddeutsche.de: Sie sprachen gerade über die Qualitäten von Müller-Wohlfahrt bei Muskelverletzungen. Ist das ein Grund dafür, dass der als verletzungsanfällig geltende Arjen Robben beim FC Bayern bislang nahezu beschwerdefrei war?

Hecht: Auf jeden Fall. Die medizinische Abteilung beim FC Bayern arbeitet tadellos, sie hat für Arjen Robben immer wieder spezielle Übungen entwickelt. Auch aus diesem Grund hatte er noch keine Verletzungen wie etwa bei Real Madrid. Robben hätte nach seinem Muskelbündelriss nach München reisen und seine Verletzung dort kurieren lassen sollen.

sueddeutsche.de: Aber dann womöglich auf die WM verzichten müssen ...

Hecht: Natürlich ist ein Spieler ehrgeizig, auf ihm lastet der Druck der Medien, des Umfelds, der Fans. Deshalb ist es nicht nur die Aufgabe eines Arztes, dafür zu sorgen, dass ein verletzter Akteur möglichst bald wieder spielen kann. Weil wir die Folgen von Verletzungen kennen, sind wir auch Beschützer der Spieler.

sueddeutsche.de: Nach dem WM-Finale ist Robben erst einmal in den Urlaub gefahren, anstatt sich in München untersuchen zu lassen. War das ein Fehler?

Hecht: Es ist vergeudete Zeit. In diesen drei Wochen hätte man die Verletzung bereits behandeln können.

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