US-Fußballerinnen:Der Streit geht weiter

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Kapitänin der US-Fußballfrauen und Vorkämpferin gegen Diskriminierung: Megan Rapinoe, 34. (Foto: Matthew Visinsky/imago)

Die Weltmeisterinnen scheitern mit einer Klage auf gleiche Bezahlung, das Gericht folgt der Argumentation des US-Verbandes. Doch die Spielerinnen wollen weiter kämpfen.

Von Anna Dreher, Los Angeles/München

Megan Rapinoe ist im Sommer 2019 mit den USA nicht nur Fußball-Weltmeisterin geworden. Sie gilt spätestens seit dieser Zeit als Sportlerin mit Haltung und einer gefragten Meinung - besonders, wenn es um den Kampf gegen Diskriminierung jeder Art geht. Weil sie seit dem Ausbruch des Coronavirus weniger mit dem Ball arbeiten kann, nutzt sie die Zeit zum gesellschaftspolitischen Austausch. Auf Instagram hat Rapinoe mit der Kongressabgeordneten Alexandria Ocasio-Cortez und Kaliforniens Gouverneur Gavin Newsom über Pläne und Strategien in Zeiten der Pandemie gesprochen. Am Donnerstag tauschte sie sich mit dem Präsidentschaftskandidaten der Demokraten, Joe Biden, und dessen Frau Jill aus.

Es waren gehaltvolle 45 Minuten, aber wahrscheinlich hat sich Rapinoe bald etwas über den Termin geärgert. Denn es hätte wenig später vor allem in einer Sache besonders viel zu besprechen für sie gegeben. Am Abend des 1. Mai fiel die Entscheidung in einer Angelegenheit, für die sich das gesamte US-Frauenteam so stark eingesetzt hatte, dass beim WM-Finale gefühlt das ganze Stadion ihre Botschaft skandierte: "Equal Pay!" Es geht um Gleichbehandlung und Gleichbezahlung.

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Dieser Streit zieht sich schon lange, im WM-Jahr rückte er wieder stärker in den öffentlichen Fokus. Am 8. März 2019, dem Weltfrauentag, hatten 28 US-Nationalspielerinnen eine Sammelklage gegen ihren Verband wegen finanzieller und infrastruktureller Benachteiligung im Vergleich zu den Männern eingereicht. Die Fußballerinnen forderten außerdem eine Rückvergütung von fast 67 Millionen Dollar, das entspricht angeblich der Summe, die ihnen angesichts ihrer Erfolge nach dem Tarifvertrag der Männer bezahlt worden wäre. Mit der Klage auf gleiche Bezahlung sind sie nun gescheitert. Der zuständige Richter Gary Klausner vom Bezirksgericht für Zentralkalifornien wies den Vorwurf der Lohndiskriminierung in einem 32 Seiten langen Urteil am Freitag zurück.

Klausner schrieb laut New York Times, der US-Fußballverband habe sein Argument untermauert, dass das Frauenteam in dem die Klage betreffenden Zeitraum "sowohl kumulativ als auch durchschnittlich pro Spiel" mehr verdient habe als das der Männer. Es habe auch Angebote abgelehnt, nach den gleichen Strukturen wie das Männerteam bezahlt zu werden. Dafür seien höhere Prämien und ein höheres Grundgehalt gefordert worden. Klausner entschied: Eine Beschwerde wegen Lohndiskriminierung rechtfertige somit keinen Prozess.

Dass die Weltmeisterinnen argumentierten, sie hätten allein deswegen mehr verdient, weil sie mehr Partien absolviert hatten und zudem wesentlich erfolgreicher seien als die Männer, zählte für den Richter nicht. Er berief sich vielmehr auf Berechnungen des US-Verbands, die nur deshalb zugunsten der Männer ausfallen, weil sich diese nicht für die WM 2018 qualifizierten und ihnen so Prämien entgingen - während die Frauen in Frankreich zum vierten Mal den WM-Titel holten.

"Wir sind schockiert und enttäuscht über die Entscheidung, aber wir werden unseren harten Kampf für gleiches Entgelt nicht aufgeben", äußerte Teamsprecherin Molly Levinson in einem Statement: "Wir haben gelernt, dass es enorme Hindernisse für Veränderung gibt; wir wissen, dass es Mut, Courage und Ausdauer braucht, um sich zu behaupten. Wir werden Berufung einlegen und weitermachen." Rapinoe twitterte: "Wir werden nie aufhören, für Gleichstellung zu kämpfen." Selbst Joe Biden positionierte sich mit klaren Worten. "Gebt diesen Kampf nicht auf. Das ist noch nicht vorbei", empfahl er den Frauen. Und an den US-Fußballverband gerichtet, der sich um die Ausrichtung der WM 2026 bewirbt, forderte er: "Gleiche Bezahlung, jetzt. Ansonsten könnt ihr für eine WM-Finanzierung woanders hingehen, wenn ich Präsident bin."

Der Verband äußerte sich bemüht harmonisch: "Wir freuen uns darauf, mit der Nationalmannschaft der Frauen zusammenzuarbeiten, um einen positiven Weg für das Wachstum des Spiels sowohl hier als auch auf der ganzen Welt zu finden." Offen bleibt die Entscheidung zum Anklagepunkt, neben der Bezahlung auch beim Thema Reisen, bei der medizinischer Versorgung und überhaupt bei der Infrastruktur ungerecht behandelt zu werden. Über diesen Vorwurf will das Gericht am 16. Juni gesondert verhandeln.

© SZ vom 04.05.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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