Union Berlin lehnt DFL-Konzept ab:Nein zur symbolischen Sicherheit

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Spruchbände im Stadion "An der Alten Försterei": Berliner Fans protestieren (Foto: dpa)

Als einer von zwei Klubs lehnt Union Berlin das Sicherheitskonzept der DFL ab. Der Verein hält die Beschlüsse der Liga für symbolische Politik, für die sich die Verantwortlichen zu schade seien. Auch andere Klubs bemängeln die Regeln - und stimmen dennoch dafür.

Von Boris Herrmann

Frank Steffel hat sich jetzt auch zu Wort gemeldet. Es wurde langsam Zeit. Der CDU-Politiker sitzt im Sportausschuss des Bundestages und ist Präsident eines Handballklubs. Da wäre es doch gelacht, wenn ausgerechnet er keine fundierte Meinung zum Thema "Fußballfans" hätte. Wer in den zurückliegenden Tagen die Nachrichtenticker verfolgte, der weiß: Nahezu jeder deutsche Politiker hat dazu etwas zu sagen. Oder zumindest gemeint, dazu etwas sagen zu müssen. Nun also Steffel: "Der 12.12.2012 ist ein guter Tag für den Fußball und ein starkes Zeichen für alle Fans: Gewalt und Sport haben miteinander nichts zu tun." Am Mittwoch, 12. Dezember, haben die 36 Profiklubs der ersten und zweiten Bundesliga in Frankfurt am Main bekanntlich mit großer Mehrheit einen 16-Punkte-Plan verabschiedet. Und Steffel ist jetzt der Ansicht, wenn die Fans diese Botschaft verstehen, dann "fühlen sich auch Familien und normale Fans im Stadion wieder sicher".

So sicher, dass sich in den Kurven bald ebenso ungestört auf dem iPad daddeln lässt wie etwa im Bundestags-Sportausschuss, sind die Stadien damit freilich noch nicht. Tatsächlich drängt sich kritischen Beobachtern der Eindruck auf, als sei das Leben im Fußballstadion am Mittwoch weder gefährlicher noch ungefährlicher geworden. Und die Tatsache, dass bereits fünf Minuten nach der Pressekonferenz des Ligaverbandes der DFL die ersten Statements der Landesinnenminister veröffentlicht wurden, nährt den Verdacht, wonach es ohnehin weniger um die Fans ging als um Politiker an der Schwelle zum Wahlkampf. Die entscheidende Frage ist doch: Was haben die Klubs auf mehr oder weniger sanften Druck des Staates da eigentlich Wegweisendes beschlossen? Die Antwort lautet: wenig bis gar nichts.

Wer die 16 Anträge aufmerksam liest, findet keine Anhaltspunkte, die zwingend auf neue Repressionen gegen Zuschauer hinauslaufen. Man sucht allerdings auch vergeblich nach frischen Ideen zur Förderung eines dauerhaften, konstruktiven Dialoges zwischen Verband, Vereinen und organisierten Fans. Alle strittigen Fragen sind offen geblieben. Vor allem das ideologisch aufgeladene Dauerbrennerthema Pyrotechnik wurde weitgehend ausgeklammert. Die Vereine haben am Mittwoch einige Details zur Vorgehensweise an Spieltagen präzisiert. Im Grunde aber haben sie weitgehend einstimmig entschieden: Wir machen alles so wie bisher.

Reaktionen auf DFL-Sicherheitskonzept
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Das DFL-Papier für ein "sicheres Stadionerlebnis" ist verabschiedet, die Vereine der Bundesliga stimmen den geplanten Maßnahmen größtenteils zu. Während Ligaverantwortliche und Politiker von erfolgreichen Vereinbarungen sprechen, fallen die Reaktionen bei Vereins -und Fanvertretern unterschiedlich aus.

Die Stimmen im Überblick

Laut DFB-Präsident Wolfsgang Niersbach war es ein wichtiges Zeichen, dass die Lizenzvereine Geschlossenheit demonstrierten. Das stimmt, wenn man davon absieht, dass die Zweitligisten Union Berlin und St. Pauli 16 Mal mit Nein votierten und der 1. FC Köln sich 15 Mal enthielt und einmal dagegen stimmte. Interessant an Niersbachs Statement ist aber vor allem das Wort "Zeichen". Es deutet recht unverschleiert darauf hin, dass es dem organisierten Fußball tatsächlich darum ging, der deutschen Innenpolitik ein symbolisches Weihnachtsgeschenk darzubringen. Um im Bild zu bleiben, lässt sich sagen: Union Berlin, St. Pauli sowie der 1. FC Köln hatten bei der Bescherung eher den eigenen Anhang im Blick.

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Vor allem die Unioner, die ihre Blockade-Haltung öffentlich begründeten, stehen jetzt wieder als der Verein da, der alles ein bisschen anders macht - ein Image, das in Köpenick mit großem Eifer gepflegt wird. Die Berliner verweigerten ihre Zustimmung allerdings nicht deshalb, weil sie mit dem Inhalt der Beschlüsse nicht einverstanden wären. Im Gegenteil. Sie lehnten ab, weil es sich aus ihrer Sicht "größtenteils um Selbstverständlichkeiten" ging, die bei Union-Spielen seit Jahren gelebte Praxis seien. Die Ansicht teilen offenbar auch andere Klubs.

Heribert Bruchhagen, der Vorstandschef von Eintracht Frankfurt, sagte, in dem Papier stehe nichts, was es in der Vergangenheit nicht auch gegeben habe. Bayern-Boss Karl-Heinz Rummenigge fasste die Frankfurter Beschlüsse so zusammen: "Rausgekommen ist das, was ich erwartet hatte. Die Bundesliga hat sich gegen Gewalt, Rassismus und Pyrotechnik ausgesprochen." Die Bundesliga ist allerdings auch noch nie mit der Behauptung des Gegenteils aufgefallen. Die Mehrheit der Profiklubs nahm die allgemein diagnostizierte Seichtheit der Beschlussvorlagen zum Anlass, den Anträgen zuzustimmen. Union votierte genau deshalb dagegen. Der Klub teilte mit: "Für symbolische Politik stehen wir nicht zur Verfügung."

Nach Lage der Dinge ist der 12.12.2012 weder ein guter noch ein schlechter Tag für den Fußball gewesen. Ein konkretes Ergebnis lautet wohl: Am kommenden Spieltag werden die Fans wieder zwölf Minuten lang schweigen. So symbolisch wie vergangene Woche.

© SZ vom 14.12.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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