Ulmer Basketball-Erfolg in den Playoffs:Auf der Überholspur ins Rampenlicht

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Sie sind das Überraschungsteam der BBL: Die Basketballer von Ratiopharm Ulm bestreiten zum zweiten Mal in der Vereinsgeschichte das Finale um die deutsche Meisterschaft. Maßgeblichen Anteil daran hat Trainer Thorsten Leibenath - in das erste Endspiel gegen Bamberg gehen die Ulmer an diesem Wochenende als Außenseiter, doch nach dieser Saison ist ihnen alles zuzutrauen.

Joachim Mölter, Ulm

Thorsten Leibenath weiß, welcher Ruf ihm anhaftet: "Dass ich zum Lachen in den Keller gehe." Er lächelt, als er das sagt, und er versichert: "Ich freue mich sehr." Er sei nur gerade etwas erschöpft, deswegen sehe man ihm das vielleicht nicht an. Und dann bekräftigt er noch einmal mit seiner ruhigen Stimme: "Ich gönne es mir, das alles für einen Augenblick zu genießen." Der 37-Jährige ist also ein eher stiller Genießer.

Erste Trainerlizenz mit 16: Ulms Coach Thorsten Leibenath. (Foto: dpa)

Am vorigen Wochenende hat der Basketball-Trainer Thorsten Leibenath die Mannschaft von Ratiopharm Ulm in die Endspielserie um die deutsche Meisterschaft geführt. Für den Klub ist es die zweite Finalteilnahme nach 1998, damals unterlag er Alba Berlin 0:3, für den Coach ist es die erste überhaupt. "Ein unglaublicher Erfolg", findet Leibenath, der tatsächlich gleich im ersten Jahr in Ulm einen erstaunlichen Wandel vollbracht hat. 2011 kämpfte das Team gegen den Abstieg, nun fordert es Titelverteidiger Bamberg, "die Übermannschaft der letzten Jahre" (Leibenath).

Viele Waffen

Die erste Partie der Best-of-five-Serie findet am Sonntag in Bamberg statt (15.30 Uhr/Sport 1). Im Vergleich zwischen Tabellenerstem und Tabellenzweitem der Hauptrunde, zwischen Übermannschaft und Überraschungsmannschaft sind die Ulmer Außenseiter. "Aber sie haben auch gegen Bamberg eine Chance", sagt John Patrick, der einstige Coach des mit 0:3 Siegen unterlegenen Halbfinalgegners Würzburg: "Ulm hat viele Waffen."

Was Patrick mit dem martialischen Ausdruck meint, ist, dass Ulms Team sehr ausgeglichen besetzt und daher schwer auszurechnen ist - auch wenn es im 2,11-Meter-Center John Bryant, 24, den MVP der Liga in seinen Reihen hat, den wertvollsten Spieler der Saison. Aber das ist Bryant vor allem wegen seiner Stärke unter dem eigenen Korb, er fängt so viele Rebounds wie sonst keiner in der Liga - im Schnitt 9,4 pro Spiel.

"Unser taktisches Konzept sieht nicht vor, dass ein bestimmter Spieler besonders viele Punkte macht", erklärt Leibenath, "unser Angriff ist so angelegt, dass jeder die Möglichkeit hat zu punkten." Zwar wird auch in Ulm mit System gespielt, sind Lauf- und Passwege einstudiert, über die der Ball zu einem bestimmten Spieler gelangen soll, der dann frei zum Wurf kommt. "Aber wenn einer vorher schon eine gute Chance sieht, darf er aus dem System aussteigen", sagt Leibenath. Die Folge: "Jeder muss jeden Spieler von uns ernst nehmen."

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Über diese Philosophie, allen Profis gleichermaßen Verantwortung zu übertragen, habe sich zudem ein enormer Teamgeist entwickelt, berichtet der Trainer: "Ich spüre ihn in jeder Faser dieser Mannschaft." Sogar im Betreuerstab und bei den Fans, welche die neue Arena mit Leben füllen: "Alle sorgen dafür, dass wir über Grenzen gehen konnten." Er selbst, findet Leibenath, habe nicht viel beitragen müssen: "Die Mannschaft ist einfach zu coachen, sie ist sehr fokussiert, hat eine hohe Basketball-Intelligenz. Ich musste gar nicht so viel eingreifen wie früher."

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Trotz seines jungen Alters für einen Cheftrainer ist Leibenath ja schon ziemlich lange im Geschäft. Der gebürtige Leverkusener wollte schon Basketball-Coach werden, als es dieses Berufsbild hierzulande noch nicht gab und Deutsche eher zufällig auf Trainerposten gerieten. Die erste Trainerlizenz erwarb er mit 16, mit 24 stieg er in die Bundesliga auf, als Assistenzcoach beim TV Lich. In Gießen und bei den Artland Dragons bekam er dann seine ersten Chefposten.

Trainer des Jahres

Nun ist er erstmals dafür verantwortlich, eine Mannschaft ins Finale gebracht zu haben. Seinen ersten Titel hat Leibenath freilich schon gewonnen: Jüngst wurde er als Trainer des Jahres ausgezeichnet, als Nachfolger seines Bamberger Kollegen Chris Fleming, mit dem er sich von Sonntag an misst. "Wenn wir Bamberg schlagen wollen, müssen wir über uns hinauswachsen", sagt Thorsten Leibenath und verspricht: "Wir werden uns sehr gut vorbereiten."

Wahrscheinlich konnte er sich nach dem gewonnenen Halbfinale nur deshalb nicht so freuen, weil er in Gedanken schon bei der Serie gegen Bamberg war. Leibenath haftet ja noch ein anderer Ruf an: einer der fleißigsten Videogucker der Liga zu sein.

© SZ vom 01.06.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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