Regionalliga Bayern:Türkgücü hat einen neuen Investor aus Kroatien

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Immer noch kein Stadion: Türkgücü trainiert weiter auf der Bezirkssportanlage - zu Drittligazeiten war manchmal das Olympiastadion das Ausweichquartier. (Foto: Markus Fischer/Passion2Press/Imago)

Der ehemalige Nationalspieler Milan Rapaic steigt beim Regionalligisten ein. Will der Klub direkt nach der Insolvenz wieder angreifen? Erstmal gibt er sich bescheiden.

Von Christoph Leischwitz

Bei Türkgücü München ist es immer so eine Sache mit den Erwartungen. Ein gutes Jahr lang spielte die Mannschaft aus dem Münchner Osten in der dritten Fußball-Liga, gehörte also auch formal zu den Profiteams des Landes. Dann aber zerbrach das Konstrukt des Investors und damaligen Präsidenten Hasan Kivran, weil eine Sache noch größer war als der Batzen Geld, den er investiert hatte: Kivrans Erwartungen eben. Das Insolvenzverfahren der mittlerweile liquidierten GmbH läuft immer noch.

Die vergangene Regionalliga-Saison war ein Konsolidierungsjahr, in dem das Team gegen Ende noch einmal ganz kurz in den Abstiegsstrudel der Regionalliga Bayern geriet, doch nun dürften die Erwartungen wieder steigen: Türkgücü hat neben dem umtriebigen Geschäftsmann und Präsidenten Taskin Akkay einen weiteren Geldgeber gefunden, den ehemaligen kroatischen Nationalspieler Milan Rapaic, 49. Der frühere Mittelfeldspieler kickte nicht nur zwei Jahre lang für Fenerbahce Istanbul, weshalb er sich laut Türkgücü in der Türkei großer Beliebtheit erfreut; auf Vorlage von Niko Kovac erzielte er bei der WM 2002 in einem Vorrundenspiel den 2:1-Siegtreffer gegen Italien (76.). Auch ein Dutzend Champions-League-Partien mit Hajduk Split Mitte der Neunziger Jahre stehen zu Buche.

Rapaics Sohn Boris werde künftig Mitglied des Türkgücü-Vorstands. Der einstige Profi lebt allerdings selbst in Kroatien, Türkgücü-Präsident Taskin Akkay erklärt auf Nachfrage, dass man sich "über gemeinsame Bekannte" kennengelernt habe - einen tieferen Grund für die Motivation eines ausländischen Investors, bei einem Viertligisten einzusteigen, nennt er nicht. "Wir haben über Monate gute Gespräche geführt, ich bin überzeugt, dass wir das Potenzial von Türkgücü München langfristig gut ausschöpfen werden", wird Rapaic in einer Pressemitteilung zitiert.

Immerhin: langfristig. Es muss also zumindest auf dem Papier erst einmal gar nicht so schnell gehen. Wobei der Einstieg des Investors schnell neue Möglichkeiten eröffnet hat. In Torwart Sebastian Kolbe und dem Angreifer Stefan Maderer kommen zumindest zwei Spieler mit Drittliga-Erfahrung, die in der kommenden Saison (Start am 20. Juli) gegen ihren ehemaligen Klub, die SpVgg Bayreuth, antreten werden.

Zwei prominente Weggänge wurden vom Verein bislang noch gar nicht publik gemacht

Trainer Alper Kayabunar will die Erwartungen aber möglichst niedrig halten. "Letzte Saison wussten wir ein, zwei Wochen vor dem Start noch gar nicht, ob wir antreten dürfen", erinnert sich der 37-Jährige, und zum Saisonende sei "wahnsinnig viel schief gelaufen". Also: lieber "demütig bleiben". Zumal zwei prominente Weggänge vom Verein bislang auch noch gar nicht publik gemacht wurden: So gehört Marco Holz, 33, nicht mehr dem Türkgücü-Kader an - aktuell kuriert Holz eine Verletzung aus. Und auch der Abwehrspieler Michael Zant wird nicht mehr für Türkgücü auflaufen.

Aus sportlichen Gründen sind diese Entscheidungen nicht gefallen, möglicherweise hat zumindest jene von Zant auch noch einen anderen, internen Grund. Nach SZ-Informationen war vor dem Einstieg von Milan Rapaic geplant, die Kooperation mit dem Vorstandsmitglied Nico Held auszubauen. Akkay erklärt, dass es bezüglich Held "einseitige Vorstellungen" gegeben habe, die "nicht zu erfüllen" gewesen seien. Womöglich hatte Held als Geldgeber mehr Einfluss eingefordert. Aus dem Umfeld Türkgücüs ist zu hören, dass der Deal kurzfristig abgesagt wurde, als Rapaic ins Spiel kam; Akkay bestreitet dies jedoch.

Vom Mittelfeldspieler zum Investor: Milan Rapaic, hier 2007 für Standard Lüttich in Belgien im Einsatz. (Foto: Eric Lalmand/Belga/Imago)

Der Präsident erklärt, Held werde bald aus dem Vorstand ausscheiden, als Sponsor für die kommende Saison bleibe er aber noch an Bord. Sowohl Holz als auch Zant sind beruflich für Held tätig, der eine Beraterfirma mit Sitz in der Nähe von Reutlingen betreibt. Aus dem Umfeld Türkgücüs ist jedenfalls zu hören, dass zumindest Zant ziemlich sicher noch für den Verein spielen würde, wenn Held stärker eingestiegen wäre.

"Marco ist für uns wahrscheinlich nicht ersetzbar", sagt Trainer Kayabunar über Routinier Holz mit allein 206 Partien in der dritten Liga. Aber: "Bis auf ihn konnten wir alle Führungsspieler halten." Er findet, dass der Kader insgesamt sogar ein wenig stärker sei als in der vergangenen Saison. Der langjährige Mitarbeiter, Funktionär und Trainer Kayabunar war auch derjenige, der im Nachhall der Insolvenz und des Abstiegs am meisten Aufbauarbeit schulterte, um die Mannschaft am Leben zu halten, was ihm auch gelang.

Dass in diesem Zusammenhang auch Präsident Akkay von einer "langfristigen Zusammenarbeit" mit dem neuen Investor spricht, dürfte beruhigen. Auch für ihn gehe es erst einmal nur um den Ligaverbleib, denn die Infrastruktur habe sich für den Verein immer noch nicht gebessert - die Mannschaft trainiert immer noch auf der Bezirkssportanlage an der Heinrich-Wieland-Straße, eine feste Stadionheimat gibt es nach wie vor nicht. So darf Türkgücü auch in der kommenden Saison, die für das Team am Samstag in einer Woche mit einem Heimspiel gegen den FC Augsburg beginnt, höchstens zwölf Partien im Grünwalder Stadion austragen, mindestens fünf auf der Anlage des SV Heimstetten.

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