Volleyballer aus Unterhaching:Grüner wird's nicht

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Freude in der Geothermie-Arena: Der TSV Haching München hat das wichtige Spiel gegen Freiburg gewonnen. (Foto: Wolfgang Fehrmann/HMB-Media/Imago)

Die Volleyballer des TSV Haching München präsentieren sich als das nachhaltigste Team der Bundesliga. Der Erstligist hofft auf eine Win-win-Situation: weniger Plastik, mehr Sponsoren.

Von Helene Altgelt

Die Volleyballer vom TSV Haching München wollen überall grün sein: grüne Energie, grüne Anreise, grüne Arena. Nur auf dem Feld sind sie es nicht: Beim Bundesliga-Heimspiel am vergangenen Sonntag gegen den FT 1844 Freiburg laufen die Gegner in waldgrünen Trikots auf, die Shirts von Haching sind schwarz-weiß gehalten.

An der Farbe mangelt es trotzdem nicht: Ein grünes Strahlemännchen grinst von den Bildschirmen, der Hallensprecher fordert die Fans auf, lautstark für die "Green Heroes" zu klatschen. "Green Heroes", das ist seit Kurzem der neue Spitzname der Volleyballer. Er steht für eine "neue Ära beim TSV Haching München", wie sie auf ihrer Website stolz verkünden. Auf neongrünem Hintergrund der Schriftzug: "Der nachhaltigste Verein der Volleyball-Bundesliga."

Doch was verbirgt sich hinter dem knalligen Image?

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Zunächst einmal verbirgt sich dahinter ein Kopf: Johanna Riedmann hat den Anstoß für den Wandel hin zu mehr Nachhaltigkeit im Verein gegeben. Riedmann ist Übungsleiterin beim TSV und gleichzeitig seit 1995 in der lokalen Agenda-21-Gruppe, die sich für mehr Nachhaltigkeit in Unterhaching einsetzt, engagiert. Sport und Nachhaltigkeit sind ihre Herzensthemen, Riedmanns blaue Augen funkeln, wenn sie davon spricht.

Riedmann erklärt, dass das Nachhaltigkeitsengagement des TSV nicht aus dem Nichts kommt. "Der Gedanke der Nachhaltigkeit ist schon sehr lange in Unterhaching gefestigt", sagt sie. Die Gemeinde sei Vorreiter bei dem Thema. Dem Engagement vieler Hachinger folgte auch die Politik: Im Herbst 2021 beschloss der Gemeinderat, dass Unterhaching bis 2030 klimaneutral sein soll - rückblickend ein "sehr starkes auslösendes Moment", sagt Riedmann. Der Verein sei gefordert gewesen, ein Konzept zur Energieneutralität auszuarbeiten. Der TSV nutzt die Fernwärme des örtlichen Unternehmens Geothermie Unterhaching, auch die Arena ist inzwischen nach dem Sponsor benannt.

Grün überall: Kommune, Klub, Bundesliga

Aber der Wandel ging tiefer. Riedmann erklärt, nicht nur die Volleyball-Abteilung arbeite nachhaltig, sondern der ganze Verein. Fahrgemeinschaften, der Verzicht auf Einwegflaschen, die Wiederverwendung von Bällen, Shirts aus Recyclingmaterialien - all das betrifft alle Abteilungen.

Am meisten stehen dennoch die Volleyballer im Vordergrund. Vor allem im Bereich Verkehr habe sich dort etwas geändert, erklärt Spieler Juro Petrusic: "Die weiten Spiele, wie Berlin oder Lüneburg, machen wir jetzt mit dem Zug statt dem Bus." Auch für die alltäglichen Wege zum Training werden die Spieler ermutigt, Fahrgemeinschaften zu bilden oder eine nähere Wohnung zu suchen. Beim Spieltag gibt es jetzt Tassen statt Pappbecher, digitale Programme statt Flyer.

"Ich freue mich, dass die Volleyballer als Flaggschiff vom Verein vorangehen", sagt Riedmann. Als Flaggschiff in puncto Nachhaltigkeit präsentiert sich der Verein nun auch nach außen - und hofft, damit für Sponsoren attraktiver zu werden. Riedmann erklärt, dass das Thema für Unternehmen immer wichtiger wird, da große Firmen inzwischen Nachhaltigkeitsberichte erstellen müssen. "Unternehmen können ihr Engagement bei einem nachhaltigen Verein wie dem TSV Unterhaching dort hervorheben", so Riedmann.

Der TSV Haching ist nicht der einzige Klub, der durch seine nachhaltige Ausrichtung auffallen will. In England machte der erste vegane Verein der Welt, die Forest Green Rovers, Schlagzeilen. Sämtliche Fußball-Bundesligisten präsentieren sich als nachhaltig. Wie viel davon Realität ist und wie viel "Greenwashing", das ist nicht immer leicht zu erkennen.

Alles Greenwashing? "Es ist nicht nur Show", betont Geschäftsführer Mihai Paduretu

Eines ist aber klar: Gerade im Volleyball ist der Wiedererkennungswert für die Klubs Gold wert. TSV-Geschäftsführer Mihai Paduretu, ein zupackender Typ, macht keinen Hehl daraus, dass die Suche nach Sponsoren nicht einfach ist. Der TSV hat sich daher von einer Agentur beraten lassen, um ein klares Image zu entwerfen. Daher kam die Idee, sich von nun an "Green Heroes" zu nennen. Klingt besser als der vorherige Name, "Local Heroes". Sustainability sells.

"Wir haben zusammen mit unseren langjährigen, loyalen Sponsoren beschlossen, diesen Weg zu gehen", sagt Paduretu. Viele davon seien auch schon lange im Bereich Nachhaltigkeit engagiert. Der Klub stehe voll und ganz hinter dem Konzept - aber am Ende war es wohl auch eine Geschäftsentscheidung, bei der die Zustimmung der Sponsoren maßgeblich war.

Ohne Nachhaltigkeit geht es sowieso nicht mehr, erklärt der Geschäftsführer der Volleyball-Bundesliga, Daniel Sattler: "Die Zuschauer, aber auch Sponsoren sind daran interessiert, wie sich ihre Partner im Bereich Nachhaltigkeit aufstellen. Für die Klubs ergibt sich daraus eine Relevanz: Unabhängig davon, ob man einen eigenen Antrieb hat, muss man sich darauf einstellen, wie auch auf andere Veränderungen." Warum dann nicht gleich die eigenen Projekte offensiv präsentieren?

Mit dem neuen Auftritt hofft Haching, langfristig oben mitspielen zu können. Aktuell ist der TSV im Ligavergleich im untersten Bereich, was die Finanzen angeht. Der Plan hat bereits Früchte getragen, einen neuen Sponsor konnte der TSV auch dank der neuen Nachhaltigkeit gewinnen. Trotzdem soll der Wandel beim TSV kein Marketing-Gag sein. "Es ist nicht nur Show", betont Paduretu.

Gegen Freiburg gelingt ihnen am Sonntag ein wichtiger Befreiungsschlag. Durch das glatte 3:0 springt Haching auf den zehnten Platz und wahrt damit seine Chancen auf die Playoffs. Also alles im grünen Bereich.

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