TSV 1860 München:Hinterhergerannt

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Held des Tages mit Legendenstatur: Bayreuths früherer Kurzzeit-Sechziger Jann George (in Gelb, gegen Jesper Verlaat). (Foto: Peter Kotzur/Sportfoto Zink/Imago)

Diesmal rächen sich die spielerischen Mängel: Die Löwen müssen beim bisherigen Tabellenletzten SpVgg Bayreuth ein 0:1 hinnehmen.

Von Christoph Leischwitz

93 Tage nach seiner schweren Verletzung stand Marcel Bär gerade wieder sechs Minuten auf dem Feld, direkt vor dem Tor des Gegners, als der Ball auf ihn zuflog. Der Torschützenkönig der vergangenen Saison zählte in Bayreuth erstmals wieder zum Kader des Fußball-Drittligisten TSV 1860 München. Schon beim Aufwärmen wurde er von den vielen mitgereisten Fans gefeiert, nun stand er als Joker auf dem Platz. Für den 30-Jährigen hätte es die perfekte Rückkehr bedeutet, in jener 86. Spielminute das Ausgleichstor zu köpfeln, doch der noch praxisferne Bär setzte den Ball meilenweit daneben. Und so wurde ein anderer der Held des Spiels, einer im gelben Trikot der SpVgg Bayreuth, ein paar Wochen jünger als Bär: Jann George. Der Torschütze zum 1:0-Sieg stand übrigens auch mal bei den Löwen unter Vertrag.

Angesichts seiner aktuellen Statur wäre George sechs Tage zuvor beim Legendenspiel zwischen 1860 und dem FC Bayern nicht aufgefallen. Dorthin hätte er aber schon allein deshalb nicht gepasst, weil er gerade einmal 90 Tage ein Löwe war, kürzer also, als Bär verletzt fehlte. Außerdem stand George im Mai 2017 für Jahn Regensburg auf dem Platz, als die Löwen in der Relegation aus der zweiten Liga abstiegen, er ist also alles andere als in guter Erinnerung. Und das wird so bleiben: Die Bayreuther haben nach 14 Drittliga-Partien noch kein einziges Mal mehr als einen Treffer pro Spiel erzielt, aber Georges Treffer aus der 41. Minute reichte am Samstag zum dritten Sieg des Aufsteigers. Für die Sechziger wiederum war es die dritte Niederlage der Saison.

Man darf behaupten, dass die SpVgg Bayreuth ohne ehemalige Sechziger kaum wettbewerbsfähig wäre. Und es ist gut möglich, dass einige frühere Löwen im Kader der Oldschdod, wie Felix Weber oder Moritz Heinrich, diesmal besonders motiviert waren, vor 12 000 Zuschauern im ausverkauften Hans-Walter-Wild-Stadion. Hinzu kam, dass die Mannschaft unter dem neuen Trainer Thomas Kleine gegen Teams mit einem großen Namen bislang noch am besten ausgesehen hat, unter anderem im DFB-Pokal gegen den Hamburger SV (1:3).

Köllner ärgert sich, dass sein Team "im Aufbauspiel viel zu fahrig" agiert hat

Die Löwen agierten diesmal zwar nicht so passiv wie in einer Serie mehrerer Partien vor einigen Wochen, vor allem nach dem Rückstand erspielte sich das Team von Trainer Michael Köllner genug Möglichkeiten, um zumindest einen Punkt zu holen - so wie es ja auch Spitzenreiter SV Elversberg mit einem 1:1 beim Abstiegskandidaten Aue gelang. Doch spielerische Überlegenheit, und sei es nur als zusätzliches Stilmittel im Kampf gegen eine drohende Niederlage, fehlte auch diesmal wieder. Köllner wollte in der 68. Minute die Tiefe seines Kaders nutzen, um für die verbleibende Zeit Schwung zu bringen: Er wechselte gleich vier Spieler auf einmal ein - auch das half nichts gegen aufopferungsvoll kämpfende Bayreuther.

"Dem 0:1 sind wir die ganze Zeit hinterhergerannt", ärgerte sich Sechzigs Abwehrchef Jesper Verlaat. Die beste Möglichkeit hatten die Löwen wenige Sekunden vor dem Gegentor gehabt, als der diesmal glücklose Meris Skenderovic an Bayreuths Keeper Sebastian Kolbe scheiterte (40.). Trainer Köllner ärgerte sich, weil seine Mannschaft dann beim Bayreuther Gegenstoß "vier oder fünf Mal auf Abseits" spielen wollte. Sie war also nicht nur nach dem Tor, sondern unmittelbar vor dem Tor dem Gegner hinterhergerannt. In der Szene zeigte sich auch die Routine des Schiedsrichtergespanns: Fifa-Referee Denis Aytekin ließ die Partie trotz eines Münchner Fouls im Mittelfeld gedankenschnell weiterlaufen, die Bayreuther dürften es ihm gedankt haben.

In Wahrheit bedeutet "einem Rückstand hinterherrennen" natürlich, selbst das Spiel machen zu müssen, um zum Erfolg zu kommen. Und damit haben die Löwen, Tabellenplatz zwei hin oder her, immer wieder große Probleme. Köllner ärgerte sich nach der Partie darüber, dass sein Team "im Aufbauspiel viel zu fahrig" agiert habe. In Skenderovic, Fynn Lakenmacher und Marcel Bär standen am Schluss drei Stürmer auf dem Feld, doch es half nichts. Die konterfreudigen Bayreuther waren ihrem ersten zweiten Tor der Saison sogar näher.

Bayreuths Trainer Kleine wünschte Köllner dann noch den Aufstieg. Dazu kann er etwas beitragen: Während den Sechzigern gegen Saarbrücken ein weiteres Heim-Spitzenspiel bevorsteht, können sich die Bayreuther am Dienstag in einer Woche bei ihrem nächsten Heimspiel gegen Spitzenreiter Elversberg erneut als Favoritenschreck hervortun.

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