TSV 1860 München:Ist Ismaik in einem halben Jahr weg?

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Zumindest sportlich läuft es bei 1860 derzeit glatt: Am Freitag feierte der Verein die Rückkehr ins Grünwalder Stadion mit einem Sieg. (Foto: Tobias Hase/dpa)

Die Mitgliederversammlung endet mit der größtmöglichen Klatsche für Investor Hasan Ismaik. Doch der sagt: "Der Klub steht nicht zum Verkauf." Die wichtigsten Fragen und Antworten.

Von Lisa Sonnabend

Am Mittwoch um 19 Uhr werden die Fußballer des TSV 1860 auf den Platz traben, das Regionalligaspiel in Buchbach steht an. Sportlich ist also klar, wie es bei dem Münchner Verein weitergeht. Vieles andere jedoch ist nach einer denkwürdigen Mitgliederversammlung am Sonntag ungewiss. Die wichtigsten Fragen und Antworten zur Lage bei 1860.

Haben sich die Ismaik-Gegner und die Ismaik-Freunde versöhnt?

Investor Hasan Ismaik hat den Verein tief gespalten. Seit 1860 von der 2. Liga in die Regionalliga abgestürzt ist, wird der Kampf zwischen Ismaik-Gegnern und Ismaik-Sympathisanten immer verbitterter geführt. Bei der Mitgliederversammlung prallten die Lager nun aufeinander - und es wurde schnell klar, dass es eine überraschend deutliche Mehrheit gibt. Die Ismaik-Gegner feierten am Sonntag einen Erfolg nach dem anderen. Sie bestätigten Präsident Robert Reisinger mit einer deutlichen Mehrheit im Amt, sie verhinderten, dass Yahya Ismaik, Bruder des Investors, in den Verwaltungsrat einzieht - und sie setzten eine Reihe weiterer wegweisender Anträge durch. Viele hatten gehofft, dass beim TSV 1860 München nun Ruhe einkehren würde. Doch sie wurden enttäuscht. Der Riss zwischen den zwei Lagern ist so groß wie nie. Immerhin: Die Verhältnisse sind nun geklärt.

Warum war die Mitgliederversammlung so brisant?

Zum Ende der Veranstaltung, als mehr als die Hälfte der Mitglieder bereits auf dem Heimweg war, ereigneten sich die größten Aufreger. So stimmten die Fans dafür, dass das Präsidium künftig aktiv die 50+1-Regel anwenden soll. Eine Ohrfeige für Ismaik - aber nicht die letzte an diesem Abend. Denn anschließend gab es noch eine satte Mehrheit für den Antrag, den Kooperationsvertrag mit dem Investor binnen der kommenden sechs Monate aufzukündigen. Die Begründung: Die Ismaik-Firma HAM International habe im Lizenzierungsverfahren eine zugesagte Zahlung für die Lizenzbedingungen nicht geleistet - das sei eine Hauptpflichtverletzung.

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:1860 München wählt die Scheidung von Hasan Ismaik

Auf einer hitzigen Mitgliederversammlung stimmt der TSV 1860 für die Beendigung des Kooperationsvertrages. Der Verein hat nun sechs Monate Zeit, sich vom jordanischen Investor zu trennen.

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Ist Ismaik nun spätestens in einem halben Jahr weg?

Was passieren würde, wenn das Präsidium den Kooperationsvertrag aufkündigt, ist kompliziert. Ismaik würde dann trotzdem seine Anteile behalten. Allerdings würde der Investor sich die Aufkündigung wohl nicht gefallen lassen und es würde einen langen Rechtsstreit nach sich ziehen. Wie der ausgehen würde, ist jedoch ungewiss. Reisinger hatte vor der Versammlung zur Süddeutschen Zeitung gesagt, dass es die Anwälte erst prüfen müssten.

Wie geht es nun weiter?

Der Verein kann versuchen, einen oder mehrere Geldgeber zu finden, die Ismaik die Anteile abkaufen. Dann hätte sich der Beschluss, die Kooperation zu kündigen, erledigt. In seiner Bewerbungsrede am Sonntag deutete Präsident Reisinger an, dass er in den vergangenen Tagen "geeignete Partner für 1860" getroffen habe, die bereit stünden. Unter anderem den an einem Einstieg interessierten Milliardär Gerhard Mey aus Planegg. Dafür muss Ismaik aber bereit sein, seine Anteile zu verkaufen. Nach dem Abstieg in die Regionalliga haben sie sehr viel Wert verloren.

Für was steht Reisinger?

Der 1860-Präsident erhielt bei der Wahl 844 Jastimmen, 365 Mitglieder votierten gegen ihn, 150 enthielten sich. "Überraschend deutlich" fand Reisinger das Ergebnis und war zufrieden. Der 53-Jährige ist ein bodenständiger, pragmatischer Typ. Er denkt nicht an die Champions League, sondern Schritt für Schritt. Reisinger ist anders als sein Vorgänger Peter Casalette kein bedingungsloser Unterstützer von Ismaik, er möchte stattdessen die Position des Vereins stärken. Mit dem Investor hatte er bislang keinen Kontakt.

Welche Auswirkungen hat die Verwaltungsratswahl?

Vier Mitglieder für den Verwaltungsrat wurden am Sonntag gewählt. Neben dem MAN-Betriebsratschef Atanasios Stimoniadis ziehen drei Kandidaten in das Gremium ein, die dem Pro-1860-Lager zuzuordnen sind, also Investor-kritisch sind: Sascha Königsberg, Nicolai Walch und Sebastian Seeböck. Ismaiks Bruder Yahya scheiterte dagegen krachend mit seiner Kandidatur. Da der Verwaltungsrat ein wichtiges Kontrollorgan des Vereins ist und er den Präsidenten vorschlägt, ist auch dies eine richtungsweisende Entscheidung - und eine Schlappe für den Investor.

Wie hat Ismaik auf die Schmach reagiert?

Ismaik hat am Sonntag die größtmögliche Klatsche bekommen. In keinem einzigen Punkt konnten sich seine Unterstützer durchsetzen, sie waren zahlenmäßig den Gegnern deutlich unterlegen. Normalerweise pflegt der Jordanier, sich nach wichtigen Ereignissen auf Facebook an die Fans zu wenden. Nun hat er sich geäußert: "Meine Antwort auf alle Vorgänge auf der Mitgliederversammlung lautet: Der Klub steht nicht zum Verkauf", sagte der Investor der SZ. Dass ihn Teile der Mitglieder weghaben wollen, störe ihn nicht. "Das ist schon seit meinem Einstieg 2011 so. Für mich ist das in Ordnung, denn es ist nicht die Mehrheit."

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