TSV 1860 München:Arbeit von acht bis 22 Uhr

TSV 1860 München: Neuer Anleiter: Günther Gorenzel, hier mit Assistenzcoach Stefan Reisinger.

Neuer Anleiter: Günther Gorenzel, hier mit Assistenzcoach Stefan Reisinger.

(Foto: Ulrich Wagner/Imago)

Vor seinem ersten Spiel als 1860-Trainer hat Günther Gorenzel den Kader verkleinert. Bewährte Stammkräfte, die unter Vorgänger Köllner zuletzt nicht immer in der Startelf standen, könnten in Oldenburg dorthin zurückkehren.

Von Christoph Leischwitz

In der ersten Pressekonferenz nach der Winterpause hatte 1860-Sprecher Rainer Kmeth, sicherlich ohne jeglichen Hintergedanken, darauf hingewiesen, dass da "noch" Michael Köllner neben ihm auf dem Podium sitze, vermutlich im Sinne von: nach wie vor. Drei Wochen später war es ihm wichtig, erst einmal festzustellen, dass es sich bei Günther Gorenzel um einen "Interimstrainer" handele. Der 51-jährige Sport-Geschäftsführer ist auf unbestimmte Zeit in Doppelfunktion tätig und erklärt, dass er zurzeit von acht Uhr morgens bis 22 Uhr abends auf dem Vereinsgelände des Drittligisten arbeitet, als Trainer viele Gespräche führt - und als Geschäftsführer auch.

Ja, es liefen zurzeit Gespräche bezüglich der Köllner-Nachfolge, aber der Fokus liege auf dem nächsten Spiel, "auf dem nächsten Pass, auf dem nächsten Zweikampf". Auf mehrfache Nachfrage, wann man denn mit einer Entscheidung rechnen könne, nannte Gorenzel - offenkundig bewusst - unterschiedliche Zeitfenster. Am häufigsten nannte er dabei noch den Rahmen von etwa zwei Wochen. Also: erstmal zusehen, wie die beiden Auswärtsspiele laufen, am Sonntag beim VfB Oldenburg (13 Uhr) und am Samstag darauf beim SV Meppen. Und dann sehen, wie kreativ und kompromissbereit das die Gesellschafter dann macht, wenn es darum geht, zusätzliches Geld für einen weiteren Arbeitnehmer aufzutreiben. Dass er bis Saisonende als Trainer weitermacht, konnte Gorenzel am Freitag auch nicht komplett ausschließen.

Aber erst einmal: "No comment." Das antwortete der Österreicher mit einem Lächeln auf die Frage, ob er momentan Kontakt zu Rüdiger Rehm habe. Der war beim FC Ingolstadt fast zeitgleich mit Köllner am Montag beurlaubt worden. Rehm und Gorenzel kennen sich gut, sie hatten 2015 zusammen den Fußballlehrer-Lehrgang des DFB absolviert.

Köllner war für 1860-Verhältnisse sehr lange im Amt, deutlich über drei Jahre, insofern steht ein gewichtiger Umbruch an. Gorenzel hat aber aktuell keine Zeit, solch einen Umbruch zu moderieren, geschweige denn anzuleiten. Das Ziel Aufstieg, das hatte er im Laufe der Woche mehrmals erklärt, wurde für den Moment ausgesetzt. Er wolle die Spieler jetzt "an ihre Stärken erinnern", sie sollen wieder von sich überzeugt sein. Sehr viel konkreter wird Gorenzel bei seinen Ausführungen selten.

Dass Willsch und Moll ab 1. Februar wieder zum Kader gehören, sei abgesprochen gewesen

Aber man darf davon ausgehen, dass er gegenüber den Spielern deutlichere Worte findet. "Man muss Dinge intern ganz klar ansprechen", sonst könne man nichts verändern, "und man muss auch harte Entscheidungen treffen." So wird der Kader erst einmal verkleinert, einige jüngere Akteure reisen nicht mit in den hohen Norden. Zugleich könnten bewährte Stammkräfte, die unter Köllner zuletzt nicht immer in der Startelf standen, dorthin zurückkehren. Spieler wie Jesper Verlaat, Kapitän Stefan Lex oder auch Marcel Bär, dessen Torflaute beim Freitagsgespräch genauso Thema war wie die jüngsten Unsicherheiten von Torwart Marco Hiller. Er wolle keinen Spieler herausgreifen, wenn es um das Auftreten der vergangenen Wochen geht, sagte Gorenzel. Fehlen werden im Spiel eins nach Köllner wohl Daniel Wein und Marius Willsch (beide Trainingsrückstand). Es sei übrigens schon lange abgesprochen gewesen, so Gorenzel, dass Willsch und Quirin Moll ab dem 1. Februar wieder zum Kader gehören, wenn sie bis dahin keinen anderen Verein gefunden haben - das hätte auch unter Köllner gegolten.

Der vorletzte spektakuläre Rauswurf bei 1860 München liegt 14 Monate zurück. Damals wurde Stürmer Sascha Mölders suspendiert, nachdem die Mannschaft zuvor auch oft unerklärlich fahrig agiert hatte. Es ist mittlerweile ein offenes Geheimnis, dass sich in der Kabine zwischenmenschliche Gräben aufgetan hatten und sich die Verantwortlichen gezwungen sahen, Dinge intern klar anzusprechen und harte Entscheidungen zu treffen. Danach hatte die Mannschaft sofort befreit aufgespielt und die Herbstkrise schnell vergessen gemacht. Günther Gorenzel sagt nun, er trete zurzeit nicht unbedingt auf wie der berühmte "bad cop". Aber zwischen den Zeilen war klar herauszuhören, dass er die Spieler in die Pflicht genommen hat.

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