Toto-Pokal:Glückliche Sänger

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Erfolgreich die Löwen geärgert: Aaron Berzel (rechts) besiegt mit Türkgücü den TSV 1860 München. (Foto: Wagner/Fotostand/Imago)

Türkgücü München setzt sich im Toto-Pokal gegen den Stadt- und Ligarivalen TSV 1860 durch. Danach ist die Freude groß bei Spielern und Verantwortlichen, denn ihr Erfolg war aus strategischer Sicht gleich doppelt wichtig.

Von Christoph Leischwitz

Wie viel den Spielern dieser Sieg wert war, das war wenige Minuten nach dem 1:0-Erfolg sehr gut zu hören. "Derbysieger, Derbysieger", schallte es ungewöhnlich laut aus der Kabine von Türkgücü München. Es hallte so sehr durchs Grünwalder Stadion, dass es wirkte, als stünden gerade singende Fans irgendwo draußen auf der Straße. Gut, vielleicht waren die Gesänge auch ganz gewöhnlich laut und die Türkgücü-Spieler hatten einfach nur vergessen, die Türen zuzumachen. Dann aber war es ihnen zumindest egal, dass die Sechzig-Spieler die Gesänge ebenfalls sehr gut hören konnten.

Es ist kein Geheimnis, dass für den aufstrebenden Klub aus dem Münchner Osten der Status der Nummer zwei in der Stadt ein ganz besonders wichtiges Ziel ist. In der Drittliga-Tabelle befand man sich lange auf Augenhöhe mit 1860 München, nun ist Türkgücü abgerutscht. Da war es also doppelt wichtig, die Löwen am Dienstagabend im Toto-Pokal zu schlagen. Denn der DFB-Pokal-Startplatz ist für Türkgücü nur noch über den bayerischen Wettbewerb zu erreichen. Die bundesweite Bühne - das Spiel gegen die Löwen lief live auf Sport1 - ist dem Verein fast genauso wichtig wie die daraus resultierenden Einnahmen. Der von Migranten gegründete Klub sieht sein Potenzial, langfristig mehr Fans zu gewinnen, ganz und gar nicht auf München begrenzt.

Steinharts Fehlen war laut Trainer Köllner "reine Vorsichtsmaßnahme"

Um über die Liga den lukrativen Wettbewerb zu erreichen, ist Platz vier in der Abschlusstabelle nötig. Und um dieses Ziel nicht unnötig zu gefährden, hatten die Sechziger wiederum nicht in ihrer Bestbesetzung gespielt. Daniel Wein wurde ebenso geschont wie Phillipp Steinhart, gerade bei Letzterem sprach Trainer Michael Köllner von einer "reinen Vorsichtsmaßnahme", sodass der Linksverteidiger am kommenden Samstag auch ganz, ganz sicher wieder in der Liga zum Einsatz kommen könne. So kam es auf dem Feld zu ungleichen Duellen: Türkgücüs Spielmacher Sercan Sararer machte die linke Abwehrseite der Löwen als Schwachstelle aus. Dort spielte der 17-jährige Maxim Gresler. Der war auch am frühen Gegentor aus der 15. Minute durch Philipp Erhardt nicht ganz unschuldig, dem die Löwen den Rest der Spielzeit hinterherliefen.

Insgesamt boten die Gastgeber drei A-Junioren auf, und Köllner fand, dass diese ihre Sache gut gemacht hätten: "Wir haben eine Mannschaft in Bestbesetzung enorm beschäftigt", sagte der 51-Jährige. Womöglich wäre es ja auch noch zum Elfmeterschießen gekommen, hätte der eingewechselte, ebenfalls erst 17-jährige Angreifer Lorenz Knöferl in der Nachspielzeit noch einen Strafstoß zugesprochen bekommen, als es nach eigenem Bekunden "ziemlich gekracht" hatte, wie der Trainer anschließend berichtete.

In gewisser Weise ist jene Mannschaft weitergekommen, die es mehr wollte

Köllner musste allerdings auch einräumen, dass die Jungen "unter harten Wettbewerbsbedingungen Erfahrung" sammeln konnten. Was bedeutet, dass sie phasenweise nicht ganz mit dem Niveau zurechtkamen. In gewisser Weise ist auch jene Mannschaft weitergekommen, die es ein bisschen mehr wollte: Für Türkgücü ist der DFB-Pokal das wichtigste verbleibende Saisonziel, Sechzig kann mit einer erfolgreichen Aufholjagd sogar noch in den Kampf um die Aufstiegsplätze eingreifen. "Zwei Derbys, zwei Siege", freute sich auch Serdar Dayat, nachdem Türkgücü eine Woche zuvor schon die SpVgg Unterhaching besiegt hatte. In der Liga hat der Trainer seit seiner Verpflichtung vor fünf Wochen erst einen einzigen Punkt geholt.

Die nächsten Gegner heißen nun Meppen, Saarbrücken, und dann wieder 1860 München. Türkgücü muss ein wenig darauf achten, nicht noch in ungemütliche Tabellenregionen abzurutschen. Sechzig reist am Wochenende nach Lotte, um dort gegen den KFC Uerdingen zu spielen. Michael Köllner sagte am Dienstag: "Jetzt geht die Konzentration wieder voll auf die Meisterschaft." Und klang dabei gar nicht unglücklich.

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